Pastor Charles Taze Russell

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BEGRÄBNISANSPRACHEN


Die Leichenfeier.

Die irdische Hülle von Pastor Russell, dessen Todesanzeige in der letzten Ausgabe des Wachtturms veröffentlicht worden ist, kam am Freitag, den 3. November [im deutschen Wachtturm versehentlich 10. November], am Morgen, aus dem Westen in New York an. Sie wurde begleitet von Menta Sturgeon, dem Reisesekretär des Verstorbenen.

Als die Leiche in Chicago ankam, hatte sich eine große Zahl von Freunden auf dem Bahnhof versammelt. Da es nötig war, den Sarg von einem Bahnhof zum anderen zu bringen, folgte ein großer Zug von Automobilen mit den trauenden Freunden der Leiche durch die Stadt. Der Sarg wurde während des dortigen Aufenthaltes geöffnet, und viele sahen ihn zum letzten Male an, den sie so gut kannten und so sehr liebten. Von Chicago aus wurde die Leiche von einer Abordnung der Freunde begleitet, und Abordnungen anderer Städte schlossen sich ihnen auf dem Wege nach New York an.

Die irdische Hülle erreichte das Bethel-Heim am Sonnabend, wo sie gesehen wurde von der Familie und von Gliedern der Versammlung. Am Sonntag Morgen wurde die Leiche in den Tempel gebracht und lag dort feierlich aufgebahrt bis abends um 10 Uhr. Tausende sahen da Pastor Russell zum letzten Mal.

Den ganzen Sonnabend und Sonntag hindurch kamen fast mit jedem Zuge Vertreter von Versammlungen aus vielen Städten, östlich des Mississippi und aus Kanada hier an. Der Tempel konnte sie nicht alle fassen. Das untere Vortragszimmer wurde noch für sie geöffnet. Jeder Zoll Platz war besetzt, vom Kellergeschoß bis einschließlich die zweite Galerie.

Zwei feierliche Dienste im Tempel waren angesagt worden, der eine sollte am Nachmittag für die Freunde abgehalten werden, der andere am Abend stattfindende sollte öffentlich sein. Aber in Anbetracht der rasch wachsenden Schar von  Zuhörern, richtete das Komitee, welches die Anordnungen zu treffen hatte, noch eine anschließende, am Sonntagmorgen ein. Der Redner war Bruder Macmillan, seine Ausführungen sind an anderer Stelle zu finden.

Der Nachmittagsdienst, der ganz besonders für die Freunde bestimmt war, wurde mit einem Solo eröffnet: "Sei getreu bis an den Tod." Diese Worte waren besonders eindrucksvoll, weil ein besonders schöner Blumenschmuck unter denjenigen, die den Sarg umgaben, ein breites weißes Band trug, auf welchem die Worte dieses schönen Liedes standen. Die anderen Lieder waren "Gesegnet Band das bind't," das so häufig in den Klassen und Versammlungen gesungen worden ist, wenn sie Bruder Russell in ihrer Mitte begrüßten, und "Sonne meiner Seele, lieb' Vater mein," eines der Lieblingslieder Bruder Russells.
Nachdem jeder Redner seine Ansprache an der Seite des Sarges im großen Zuhörerraum beendet hatte, ging er nach dem unteren Vortragsraum und wiederholte die gleiche Ansprache vor den Freunden, die diesen Saal völlig ausfüllten. Alle Ansprachen, siebzehn im ganzen, erscheinen in dieser Ausgabe des Wachtturms.

Der Blumenschmuck.

Der Blumenschmuck war der schönste, den wir je bei einer solchen Gelegenheit gesehen haben. Der Anblick war unbeschreiblich. Die Rednerbühne des Tempels war so gänzlich mit Pflanzen, Farnkräutern, Blumen und einem herrlichen geeigneten Blumenschmuck ausgefüllt, daß kaum Platz genug für den Redner und die irdische Hülle unseres geliebten Pastors übrig blieb. Außerdem war die Vorderseite jeder Galerie aufs kunstvollste mit einer großen Mannigfaltigkeit von Farnkräutern und Blumen geschmückt.

Am Fußende des Sarges stand eine gebrochene Säule aus Blumen, ein passendes Sinnbild für den teuren Leib, welcher gleich dem Leib des Herrn im Dienste für die Brüder gebrochen war, während zu Häupten ein herrliches Kreuz und eine Krone aus Blumen lag. Das Kreuz versinnbildete seinen Anteil an dem Tode Christi, und die Krone die Krone der Herrlichkeit, welche er nun, wie wir glauben, mit unserem Herrn im Himmel trägt.

Die Rednerbühne war nicht groß genug, um allen Blumenschmuck fassen zu können, auch im Innern des Tempels war nicht genug verfügbarer Raum, um allen von so vielen gesandten Blumenschmuck auslegen zu können. Aber so schön und so reichlich dieser auch war, so zeigte er doch nur sehr unvollkommen die Liebe und Achtung, in welcher unser heimgegangener Pastor bei allen denen stand, die ihn gut gekannt haben.

Das die Anordnungen treffende Komitee suchte natürlich, dem vom Bruder Russell in seinem letzten Willen geäußerten Wunsche Folge zu leisten. Deshalb wurden verschiedene Brüder gebeten, bei den Feierlichkeiten zu sprechen. Unter ihnen waren A. H. Mac Millan, Menta Sturgeon, W. E. Van Amburgh, P. S. L. Johnson, E. W. V. Kuehn, Toledo, O.; C. A. Wise, Indianapolis; J. T. D. Pyles, Washington, D. C.; I. I. Margeson, Boston, Mass.; F. W. Manton, Toronto, Canada; C. B. Shull, Columbus, Ohio; G. C. Driscoll, Dayton, Ohio; Dr. L. W. Jones, Chicago, Ill. usw.

Das ganze Programm zur Ausführung zu bringen, würde aber zu viel Zeit erfordert haben, und da der Tempel so besetzt war, daß viele genötigt waren, stundenlang zu stehen, so wurde es für weise erachtet, die Rednerzahl zu vermindern. Die Ansprache derselben in den verschiedenen Feiern folgen hier der Reihe nach.

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916


1.

Ansprache bei der Feier am Morgen.
Von A. H. Mac Millan, New York.

Ich glaube, daß ich den Gefühlen aller hier Anwesenden Ausdruck verleihe, wenn ich sage, daß, wenn unsere Sprache überhaupt Worte enthält, die imstande sind, unsere Empfindungen zu beschreiben, wir dieselben bis jetzt noch nicht gelernt haben. Wir sind glücklich und doch traurig, verwirrt und bestürzt; aber unser Weg ist hell und wir sind froh: der Tod bringt unwandelbar Traurigkeit, wo immer seine kalte Hand erscheint, und doch, wie der Apostel Paulus sagt: "Wir trauern nicht wie die übrigen, die keine Hoffnung haben." Unsere herrliche Hoffnung richtet uns auch in dieser Stunde der Prüfung auf, und wir sind glücklich, weil wir wissen, daß unser geliebter Pastor jetzt beim Herrn ist. Viele Fragen drängen sich in unserem Geiste.

Wir fragen uns, ob das Werk wohl in Zukunft ebenso weiter gehen wird, wie bisher, ob die Wasser des Jordans noch geschlagen werden sollen, wer den siebenten Band schreiben wird, an wen wir uns jetzt wenden sollen mit all unseren verwirrenden Prüfungen und Schwierigkeiten, sowohl den persönlichen, als auch den die Herauswahl angehen? Es ist mein Bestreben, einige Fragen zu beantworten, indem ich Euch dir Einrichtungen angebe, die unser Pastor vor seinem Tode getroffen hat.

Nach der Hauptversammlung von Newport im Juli hatte Bruder Russell einen ernstlichen Anfall von Krankheit. Während dieser Krankheit berief er mich in sein Arbeitszimmer und brachte drei und eine halbe Stunde damit zu, mir in Umrissen das Werk anzugeben, das seinem Ermessen nach noch geschehen muß. Er versuchte, Pläne zu seiner Ausführung zu machen. Er fragte mich dann, ob ich gerne nach Brooklyn zurückkommen würde, um in dem Werke, sowohl im Heim als auch im Tabernakel tätig zu sein. Ich gab ihm meine Antwort später, indem ich meine Dienste anbot, um alles zu tun, was ich tun könne, um ihm und den anderen dortigen Freunden zu helfen. Er sagte mir damals, er fühle seine Kräfte rasch abnehmen und er würde wohl nicht sehr viel länger bei uns sein.

Von dieser Zeit an schien es der Vorsatz von Bruder Russell zu sein, den verschiedenen Vorstehern der Abteilungen im Tabernakel und Bethel-Werk eine größere Verantwortlichkeit zu geben. Gerade ehe er seine letzte Reise antrat, tat er etwas, was er, soviel wir wissen, niemals vorher getan hat. Er ließ nämlich an die verschiedenen Freunde, die in den unterschiedlichen Abteilungen des Werkes arbeiteten, Briefe schreiben, in welchen er ihnen ihre Pflichten angab. Bei seinem Wegegang bat er mich, mit ihm nach dem Bahnhof zu fahren. Bei dieser Fahrt legte er liebevoll seine Hand auf mein Knie und sagte: "Was denkst du von den Briefen, die ich geschrieben habe?" Ich erwiderte, daß ich annehmen müsse, übermenschliche Weisheit habe ihm beim Schreiben derselben geleitet, und daß nach meinem Verständnis die Organisation des Werkes hier vollkommen sei. Er sagte: "Bruder, ich freue mich darüber, denn niemand kann ohne Organisation arbeiten. Jetzt, da Ihr meine Pläne habt, geht weiter und tut Euer Bestes." Später schrieb er einen Brief nach Hause, in welchem er die Tische im Speisezimmer aufzählte und bestimmte, wer oben an jedem Tische dienen sollte. Ihr seht, daß er alles getan hat, von dem er glaubte, daß er dazu beitragen würde, damit alles glatt weitergehen könne.

Was nun den Fortgang des Wachtturms anbetrifft, so wurde ein Komitee von fünf Brüdern ernannt, um ihn herauszugeben. Es ist genügend Stoff für eine unbegrenzte Zeitdauer vorhanden, so daß wir auch fernerhin die Botschaft Gottes lesen können, wie sie vom Pastor im Wachtturm veröffentlicht wird, obgleich er nicht im Fleisch bei uns anwesend ist. Es erscheint uns jetzt klar, daß der Herr unseren geliebten Pastor bei uns gelassen hat, damit er, so wie es auch bei dem Apostel Paulus zu seiner Zeit war, Geburtswehen habe mit der Kirche, bis Christus in uns gestaltet worden sein würde, und wir dann fähig sein würden, ohne einen irdischen Führer zu stehen. Jetzt hat Gott den Treuen, den er über uns gesetzt hatte, hinweggenommen.

Das vor uns liegende Werk ist groß, aber Gott wird uns die nötige Gnade und Kraft verleihen, um es hinauszuführen. Der Prophet Sacharja zeigte ganz klar diesen Verlauf, als er sagte, daß Gott den Mann schlagen würde, der sein Genosse wäre, wie er auch den Hirten geschlagen habe. Jesus führte einen Teil dieses Schriftwortes an und wendete auf ihn seine eigenen Erfahrungen an. Wir glauben, daß nun auch der übrige Teil des Wortes sich erfüllt hat. Als Jesus, der Hirte, geschlagen worden war, wurden die Schafe zerstreut. Sie waren führerlos, zerrissen und sehr bestürzt, bis sie zu Pfingsten wieder gesammelt und mit Kraft begabt wurden, das Werk weiter zu führen. Wir bemerken aber im Zusammenhang dieses Schriftwortes, daß dem Schlagen des "Genossen" des Herrn kein Zerstreuen der Schafe folgen wird, sondern das Gegenteil wird stattfinden, die "Hand" oder die Macht des großen Jehova wird sich den Kleinen zuwenden, die übrig geblieben sind. (Sacharja 13, 7.)

Und nun, liebe Freunde, was sollen wir über diese Sache denken? Der Herr hat unseren irdischen Führer hinweggenommen und einige mattherzige Arbeiter können denken, daß jetzt die Zeit gekommen ist, unsre Erntewerkzeuge hinzulegen und zu warten, bis der Herr uns heimruft. Jetzt ist nicht die Zeit, auf solche zu hören, die matt sind. Jetzt ist eine Zeit zum Handeln, zu einem entschiedeneren Handeln denn je zuvor. Laßt uns durch die Gnade Gottes den Entschluß fassen, das Werk da aufzunehmen, wo unser geliebter Pastor es gelassen hat, und mit Entschiedenheit laßt uns das Banner der Wahrheit hochhalten, bis die Wasser des Jordans geschlagen sind und sich geteilt haben, bis das letzte Glied der Eliaklasse zur himmlischen Herrlichkeit eingegangen ist. Möge der Herr und allen helfen, die wir uns bemühen, ihm zu dienen!

 

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

2.

Ansprachen bei der Feier am Nachmittag.
Pastor Russells letzte Tage.
Von Menta Sturgeon, New York.

Am Montag, dem 16. Oktober um 5 Uhr nachmittags, verließ Bruder Russell zum letzten Male das Bethel-Heim. In der Mittagsstunde sagte er zu der Familie, die ihm auf der Erde die liebste war, daß er voraussichtlich für kurze Zeit von ihnen abwesend sein würde, und drückte die Hoffnung für sie aus, daß sie während seiner Abwesenheit glücklich sein und unter des Herrn Segen Gedeihen haben möchte. Er sagte auch, daß er erwarte, er und sein Begleiter würden viel Freude haben im Dienste des Herrn. Dann sprach er, während er und die Familie an ihren Plätzen standen, ein feierliches Gebet, das mit den Worten begann: "O Herr, Deine verheißene Gnade teile uns mit und fülle mit ihr jedes geweihte Herz." Darauf zog er sich ruhig in sein Studienzimmer zurück. Dort diktierte er neun Briefe, in denen er verschiedenen Mitarbeitern Belehrungen hinsichtlich ihrer Pflichten gab. Zur festgesetzten Stunde reiste er ab, um nie mehr zurückzukehren. Er sagte den Freunden in der Eingangshalle noch "Lebewohl", als er hinausging, um sich nach dem Bahnhof zu begeben.

Als um 6 Uhr  nachmittags der Lehigh Balley Zug aus Jersey City abfuhr, führte er unsern geliebten Bruder auf seine letzte Pilgrimreise, die im Himmel enden sollte. Da er am vorhergehenden Tage eine öffentliche Versammlung in Providence und Fall River abgehalten hatte, war er müde, und er diktierte infolgedessen an diesem Abend keine Briefe mehr im Zuge, wie es sonst seine Gewohnheit war. Er zog sich sogar früher als gewöhnlich zur Ruhe zurück, indem er "Gute Nacht" wünschte. Am Morgen gab er auf die Frage, wie er geruht habe, seine, während der früheren Reisen schon gewohnte Antwort: "Auf beiden Seiten". Er meinte damit natürlich, daß er während der Nacht oft die Lage gewechselt habe.   
In der letzten Zeit sagte er uns häufig, daß er überhaupt kaum schlafe, jede Stunde in der Nacht aufwache und ziemlich viel am Tage und in der Nacht denke. Die Sorge für alle Versammlungen lag ihm am Herzen, und seine körperlichen Beschwerden erlaubten ihm nicht, viel zu ruhen. Er aß immer sehr wenig und beobachtete sorgfältig die Wirkung von allem, was er aß und trank. Häufig teilte er, um zu sparen, seine Portion mit seinem Begleiter. Es war seine unveränderliche Gewohnheit, vor jeder Mahlzeit Dank zu sagen, einerlei ob er im Hotel, im Zuge oder sonst wo war. Er hatte eine schöne Art, es demjenigen, der mit ihm reiste, behaglich zu machen, daß er sich selbst nicht nur als ein Diener fühle, indem er ihm beim Beginn der Reise genügend Geld gab, damit er während derselben alle vorkommenden Ausgaben bestreiten konnte. Er richtete es so ein, daß wir die Kosten abwechselnd, einer für den anderen bezahlten. Er bezahlte an dem einen Tage für beide, und sein Gefährte bezahlte am folgenden Tage für beide alle Ausgaben, und so geschah es während der ganzen Reise.

Am Dienstag morgen überschritten wir die Grenze von Kanada, und er sagte scherzhaft: "Fühltest Du nicht, wie die Brücke sich in der Mitte erhob, als wir darüber fuhren?" Was Kanada anbetrifft, sagte er: "Sie werden uns nicht belästigen, solange wir gerade durchreisen. Was einen Besuch von Kanada betrifft, so habe ich nicht den Wunsch, einen dort zu machen, wenn es nicht von mir gewünscht wird." Bei zwei früheren Gelegenheiten hatte er ernste Prüfungen in Hamilton, Ontario, gehabt, aber jetzt erkannte er Hamilton nicht wieder, als wir die Stadt berührten. Wir wechselten den Zug und stellten unsere Uhren, und bald am Dienstag Nachmittag nahmen wir in Detroit unsern ersten Aufenthalt. Hier begannen Bruder Russells Prüfungen, und sie wurden stetig tiefer und ernster bis zum Ende des Weges. Er war körperlich schwach und ermüdet, aber er hörte geduldig die Bekümmernisse eines Bruders an, die ihm dieser aufzählte, dann tat er alles was er tun konnte, um zwei Brüder mit einander zu versöhnen. Der Chauffeur fuhr uns nach einer falschen Stelle, und das kostete viel kostbare Zeit. Wir erreichten kaum den Straßenbahnanschluß. Eine Sache von größter Wichtigkeit in Verbindung mit dem Erntewerk kam nicht zustande. Er war sehr enttäuscht und bestürzt.

Schwierigkeiten auf dem Wege.

Im Zuge auf dem Wege nach Lansing, Mich., bemerkte er: "Wir haben auch nicht erwartet, daß wir miteinander nach Lansing fahren würden, als wir einander zum ersten Male begegneten", und der Zuhörer war erstaunt, daß er sich so gut unserer ersten Begegnung in Allegheny, die vor Jahren stattgefunden hatte, erinnerte. Auf diese Weise zeigte er sein Interesse und seine Liebe für denjenigen, den er von Bethel mitgenommen hatte, daß er ihn auf dieser Reise begleitete. Die öffentliche Versammlung in Lansing war gut besucht, aber aus irgend einem Grunde schwand das Interesse, und viele gingen. Es waren so viele, daß Bruder Russell später davon sprach und etwas verwirrt erschien. Auf dem Bahnhofe sprach er noch bis Mitternacht mit einem lieben Bruder über geschäftliche Angelegenheiten. Dann bemerkte er, er müsse sich zurückziehen. Wir hatten erwartet, am nächsten Morgen, Mittwoch, um sieben Uhr in Chicago zu sein, aber anstattdessen befanden wir uns auf einer Nebenstrecke in Kalamazoo, ohne irgend eine Auskunft erlangen zu können, was werden sollte. Ein während der Nacht stattgehabter Unfall eines Güterzuges hatte den Aufenthalt verursacht, wie man uns sagte, und ein Umweg von fünfzig Meilen war für uns notwendig, um unseren Bestimmungsort zu erreichen. Es gab keinen Speisewagen im Zuge, und ebensowenig konnten wir uns wegen der völligen Ungewißheit irgend etwas zu essen verschaffen. Jetzt kam uns eine Dose Nußbutter und zwei zusammengelegte Brotschnitten, die uns ein vorsorglicher Freund aus Brooklyn mitgegeben hatte, sehr zu statten. Sie waren sowohl unser erstes als auch unser zweites Frühstück. Als wir Chicago mit einer Verspätung von ungefähr 6 1/2 Stunden erreichten, fanden wir, daß wir den Anschluß nach Springfield nicht mehr erreichten, und daß es demnach unmöglich sein würde, die Abmachungen für dort innezuhalten, obgleich wir jeden nur möglichen Weg in Betracht zogen. In Chicago gelangte das Maß des körperlichen Aushaltens von Bruder Russell bis zu seiner Grenze. Die Umstände nötigten uns, mehrere Meilen zu gehen, bis der Schreiber anfing, müde zu werden, und er war sicher, daß auch Bruder Russell erschöpft sein würde, obgleich keine derartigen Bemerkungen zwischen uns gewechselt wurden. Alles das geschah nach nur einigen Ruhestunden in der vorhergehenden Nacht und nur wenigem Essen.

Es war auf dem Union-Bahnhof in Chicago, während wir unsere Vorbereitungen trafen, um mit dem Mittwochabendzug nach Kansas City über Springfield abzureisen, daß eine Dame aus dem Süden, die eine Zeitlang mit ihrer Tochter und ihrem Sohne in Chicago zu Besuch war, zu Bruder Russell kam. Sie stellte sich vor als Tochter einer gewissen Dame, die früher in Allgeheny gelebt und an die Wahrheit geglaubt hatte, und deren Begräbnisfeier Bruder Russell geleitet hatte. Sie erklärte, daß sie, obgleich sie nicht im vollsten Sinne eine der "Unseren" sei, sie doch gläubig sei, und sich besonders für das Photodrama der Schöpfung interessiere, sogar so sehr, daß sie ein Buch darüber schreibe, mit dem Titel "Das goldene Zeitalter". Dabei sprach sie den Wunsch aus, ein Exemplar des Buches "Das Photodrama der Schöpfung" zu erhalten. Das Buch wurde versprochen und geschickt. Bruder Russell fragte wie gewöhnlich nach ihrer eigenen Weihung und derjenigen ihrer Tochter, und sie sprachen sich dahin aus, daß sie die Sache ernstlich in Erwägung zögen.

Wie oftmals habe ich gehört, wie er die Leute in den Zügen, auf den Bahnhöfen, in den Hotels kurz überall fragte: "Sind Sie geweiht?" Fast immer fragte er darnach. Er hatte viele Gelegenheiten dazu, denn die Leute erkannten ihn überall und wünschten, ihn zu sprechen, oder wenigstens einige Worte mit ihm zu wechseln. Die Leute im Zuge kannten ihn, die Bremser, die Türhüter, Zugführer und Reisende. Er wurde überall erkannt, auf den Bahnhöfen, in den Hotels, auf den Straßen, überall. Oft kamen Leute im Zuge zu mir und fragten: "Ist das nicht Pastor Russell? Ich erkannte ihm nach seinem Bilde in der Zeitung." Manchmal stellten sie auch sofort, nachdem er durch den Zug gegangen war, die Frage: "Wer ist dieser vornehm aussehende Herr, der bei Ihnen ist?" Auf diese Weise war es uns ermöglicht, viele erste Bände und andere Druckschriften der Gesellschaft zu verschicken.

Bruder Russell verliert seinen Koffer.

Gegen Mitternacht erreichten wir Springfield, wo wir andere Fahrkarten nehmen mußten. Bruder Russell saß lange auf und beabsichtigte aufzubleiben, bis wir Springfield erreichten, er gab jedoch sanfter Überredung nach, überließ mir die Ordnung der Sachen und ging zur Ruhe. Es war eine regnerische, kalte Nacht, aber treue Freunde erwarteten uns auf dem Bahnhof, um ihm seine Post zu übergeben und einige Worte mit ihm zu wechseln. Sie waren zufrieden, als wir ihnen die Umstände erklärten, übergaben dem Schreiber die Postsachen für Bruder Russell mit viel christlicher Liebe für ihn, was er sehr wertschätzte. Der Bruder, der für Bruder Russell in Springfield eingetreten war, sagte, daß die Freunde bei den Vorbereitungen für diesen Vortrag weit weniger Widerstand gefunden hätten als bei irgend einem früheren. Er schrieb dies der guten und gründlichen Arbeit zu, die bei Gelegenheit eines früheren Besuches getan worden war, wo Bruder Russell zur Zeit der Hauptmesse gesprochen hatte.

Am Donnerstag morgen waren wir in Kansas City. Hier hatten wir große Schwierigkeiten, uns die Fahrkarten nach dem Westen zu verschaffen, sodaß es nötig wurde, daß ich im Regen einen Gang nach der Stadt machte. Wir verspäteten uns so, daß Bruder Russell etwas tat, was er meines Wissens nie vorher getan hatte, er lief, um den Zug zu erreichen. Ich erwähne diese Dinge, um zu zeigen, wie verschieden von jeder anderen früheren Reise sich diese gestaltete, und wie seine Prüfungen im Verlauf der Reise zunahmen. Wir erreichten Wichita am Donnerstag nachmittag, zur rechten Zeit für eine Nachmittagsversammlung; aber diese, sowie die ander Arbeit in Wichita erlitt mehr oder weniger Einbuße durch den Verlust Russells Koffer. Der liebe Bruder, der die Sorge für ihn übernommen hatte, stellte den Koffer, als er sein Auto zur Abfahrt fertig machte, auf das Fußbrett und vergaß, als er abfuhr, ihn mit hineinzunehmen. Die Folge war, daß er irgendwo zwischen dem Bahnhof und dem Versammlungsort herunterfiel. Der Schreiber wurde dadurch veranlaßt, aufzuhören, Notizen über den Vortrag zu machen; er mußte mit dem Bruder zurückgehen und versuchen, den verlorenen Gegenstand ausfindig zu machen. Wir taten alles, war wir tun konnten, und gaben schließlich eine Zeitungsanzeige auf, in welcher wir jedem, der den Fund zurückbringen würde, eine Belohnung anboten.

Wir blieben noch den nächsten Tag hindurch dort, in der Hoffnung, ihn wiederzubekommen, und versorgten uns inzwischen mit einigen für Bruder Russell auf der Reise notwendigen Gegenständen. Am Abend fand eine öffentliche Versammlung statt; nach dieser war er außerordentlich ermüdet. Am nächsten Morgen kam er später als gewöhnlich aus seinem Zimmer, aber nach dem Frühstück arbeiteten wir zusammen bis gegen Mittag an einigen Dokumenten und Briefen, die er früher diktiert hatte. Hier stellte sich Bruder Russell ein reisender Kaufmann von vornehmer Erscheinung vor, mit dem Bemerken, er interessiere sich für seine Schriften. Es zeigte sich, daß er der Sohn eines hervorragenden Geistlichen in Allegheny war, der einst ein bitterer Gegner Bruder Russells und seines Werkes war. Auch die Frau dieses Herrn war interessiert, und wir trafen sie später bei der öffentlichen Versammlung in Dallas in Texas. Nachdem wir alles getan hatten, was wir tun konnten, um zu erfahren, wo der vermißte Koffer sein möchte, gaben wir endlich das Suchen auf und waren in kurzer Zeit in dem Zuge, der uns zur Hauptversammlung in Dallas bringen sollte.

Erfahrungen in Dallas.

Da wir in Forth Worth zu früher Stunde ankamen, war es für die Freunde unbequem, uns zu treffen, und wir fuhren mit der elektrischen Bahn nach Dallas. Die große Messe in Dallas war im Gang und alle Hotels waren überfüllt. Bruder Russells körperlicher Zustand nötigte uns, den Wagen zu verlassen, ehe wir Dallas erreichten, sodaß wir alle Verbindung mit den Brüdern verloren hatten, als wir zu Fuß die Stadt erreichten, nachdem wir durch etwa sieben Blocks mit überfüllten Straßen gegangen waren. Nach einigen Schwierigkeiten fanden sie uns wieder. Die Hotels waren alle überfüllt, folglich brachte man uns in ein Privatlogis, wo schon verschiedene Brüder wohnten, die an der Hauptversammlung teilnehmen wollten. Dort verblieben wir Sonnabend und Sonntag bis zu unserer Abreise nach dem nächsten Bestimmungsort Bruder Russells.

Bruder Russell schloß die Versammlung in Dallas mit einem Liebesmahl; der Ernst und die augenscheinliche Aufrichtigkeit der dortigen Freunde machte einen tiefen Eindruck auf ihn. An diesem Abend sprach er zwei und eine halbe Stunde vor der Öffentlichkeit. Während dieses Vortrages verursachte im Hintergrunde der Bühne das Gehen und Kommen einer, ihre Vorbereitung für eine Abendvorstellung treffende Theatergruppe eine erhebliche Störung. Ein Mitglied dieser Truppe erkannte in dem Redner Bruder Russell und erbat sich die Erlaubnis, am Schlußgesang teilnehmen zu dürfen. Er hatte eine kräftige, weiche Stimme, und er sang mit ganzem Herzen das Lied mit "Singt mit Macht in Jesu Namen!" Nach einer kurzen Ruhe im nächsten Hotel gingen einige von uns zum Bahnhof. Wir hatten, so gut wie es möglich war, uns unseren Weg langsam durch den Schmutz zu bahnen. Es kostete uns eine volle halbe Stunde, unseren Zug zu erreichen, nachdem wir auf dem Bahnhof angekommen waren. Bruder Russell war müde und hatte Kopfschmerzen, als er am Abend des 22. Oktober den Zug in Dallas bestieg. Er nahm etwas Medizin und ging zur Ruhe.

Als er am anderen Morgen in Galveston ankam, war ihm keineswegs wohl; da aber die Freunde eine Morgenversammlung eingerichtet hatten, willigte er ein, um 11:30 Uhr zu sprechen, wonach ein Vortrag von Bruder Sturgeon folgte. Bei dieser Versammlung tat er etwas, das er meines Wissens nie vorher getan hat. Er schrieb seinen Text und den Vers eines Liedes auf ein Stück Papier und sagte den Freunden, daß er dies getan habe, um keinen Fehler zu machen. Dieses Papier liegt jetzt vor mir. Es lautet: "Wann aber diese Dinge anfangen zu geschehen, so blicket auf und hebet eure Häupter empor, weil eure Erlösung nahet."

Bruder Russells letzte Mahlzeit.

Dieser Vortrag wurde niedergeschrieben und wird seinerzeit veröffentlicht werden. Die letzten Briefe Bruder Russells wurden diktiert, gerade bevor er zu dieser Versammlung ging. Nachdem sie vorüber war, machten die Brüder mit ihm eine Wagenfahrt hinunter die Straße am See-Kai. Er schien sich zu erfreuen an dem milden Seewind und den schönen wogenden Wassern des Golfes von Mexiko. Während dieser kleinen Ausfahrt auf dem Boulevard klagte ein lieber Bruder ihm seine Leiden und empfing seinen Rat. Neun Brüder nahmen an diesem Tage das Mittagessen mit uns im Hotel Galvez ein. Er beantwortete ihre Fragen und schien sich ihrer Gemeinschaft, sowie der Mahlzeit zu erfreuen. Es zeigte sich, daß dies die letzte Mahlzeit Bruder Russells war. Von da an genoß er nur wenig Fruchtsaft, ein oder zwei Bissen eines weichen Eies oder etwas derartiges.

Gleich darauf begaben wir uns zu der öffentlichen Versammlung in Galveston, die in einem geräumigen, schönen Saal abgehalten wurde. Da es aber Montag Nachmittag war, waren nicht mehr als 500 Personen anwesend. Es war jedoch eine ebenso harte, ja noch eine härtere Arbeit als sonst, und Bruder Russell war am Schlusse sehr ermüdet. Er fuhr in einem Automobil nach der Post, und da zu Zuge. Dort waren die Freunde, die mit ihm sprachen und Fragen an ihn richteten, bis es Zeit war, Abschied zu nehmen. In der ganzen Zeit aß er nichts. Um 7:45 Uhr waren wir in Houston. Hier erwarteten ihn ernste, eifrige Freunde, und sie begleiteten ihn nach einem wohlgefüllten Saal, der etwa 1200 Personen faßte. Hier sprach er ungefähr zwei und eine halbe Stunde; im Ganzen sprach er am Montag, dem 23. Oktober sechs Stunden. War er da wohl müde? War er angegriffen und erschöpft?

Nachdem er dann die ganze Nacht hindurch gereist war, erreichte er am Dienstag morgen die Wohnung von Schwester Frost. Man konnte wohl verstehen, daß er starke körperliche Schmerzen hatte; seine Arbeiten griffen ihn mehr an denn je. Sein überarbeiteter Körper fing an, an seiner schwächsten Stelle zusammenzubrechen. Plötzliche Gallenbeschwerden traten ein. Wir beschafften an diesem Morgen verschiedene Sachen für ihn, tatsächlich, alles, was er wünschte, und er schien genau zu wissen, was zu tun war. Er beschäftigte sich treulich während des ganzen Morgens mit seinem Krankheitsfall, und obgleich wir einen Arzt aufgesucht hatten, der sich einigermaßen für die Wahrheit interessierte und ihn gerne besucht haben würde, so war das doch nicht sein Wunsch. Er schätzte das freundliche Anerbieten, aber er bemerkte, daß er die Dienste eines Arztes nicht bedürfe. Er selbst wußte am besten, was in seinem Falle zu tun nötig war; er war sehr geschickt in seiner Behandlung, und er hatte einen Diener zur Hand, der sofort und freudig alles tat, um war er bat. Das war alles, was er wünschte. Die auserlesensten Früchte wurden direkt außen vor seine Türe gestellt, aber er rührte sie nicht an.

Der Zustand begann ernst zu werden. Bruder Russell unterzeichnete einige Briefe, die wir geschrieben hatten. Er gab zu verstehen, daß unser Werk wichtiger sei, als wir es erkennen könnten, und bat mich dann, seine Stelle zu vertreten bei einer um 11 Uhr in der Halle stattfindenden Versammlung. Schwester Frost stellte uns gütigst ihr Automobil zu Verfügung, so daß wir leicht und schnell hin- und zurückkommen konnten. Bruder Russell ging mit uns zum Mittagessen, sprach fröhlich mit einem jeden, und war so humoristisch wie gewöhnlich, aber er aß nichts, obgleich das Essen ausgezeichnet war. Nach der Mahlzeit gingen wir Arm in Arm nach oben in sein Zimmer, und nachdem er eine Zeitlang gesprochen hatte, bat er mich, den Weihungsdienst um 3 Uhr in der Halle zu übernehmen. Das tat ich und kehrte unmittelbar darauf in sein Zimmer zurück.

Ich ging dann nach allen Telegraphenämtern in der Stadt, um nach einem Telegramm zu suchen, das, wie er sicher glaubte, von Chicago da sein würde, da wir es in Dallas nicht bekommen hatten. Sein Koffer war jedoch in Dallas angekommen. Ein kleines Mädchen hatte ihn in Wichita gefunden und behalten, bis es durch unsere Zeitungsanzeige wußte, was es damit tun sollte. Es empfing seine Belohnung und freute sich. Bruder Russell wurde immer wieder enttäuscht, weil gewisse Telegramme nicht eintrafen. Nach unserer Rückkehr blieb ich für den Rest des Tages dicht bei ihm, in der Tat sehr dicht bei ihm, die ganze nächste Woche hindurch. Eine Woche danach war er in der Herrlichkeit.

Seine letzte öffentliche Rede.

Die Nacht brach herein. Ich saß auf der niedrigen Fensterbank dicht an seiner Seite, meine Hände lagen auf seinem Knie, mein Gesicht war dem seinigen zugewendet. Die Liebe flog gleich einem elektrischen Funken von Gesicht zu Gesicht und von Herz zu Herz. Wir sprachen im Flüsterton, und er sagte während dieses ruhigen, liebevollen Gesprächs: "Lieber Bruder, bitte, bleibe heute abend ganz in meiner Nähe und halte Dich bereit, den Gedankenfaden da aufzunehmen, wo ich ihn fallen lasse." Alles dies erschien mir sehr ungewöhnlich, und es wurde doch in einer Art gesprochen, daß es nicht beunruhigend war. Auf seinen Gefährten machte es einen tiefen Eindruck, und er beobachtete sein Gesicht, seine Augen und seine Worte. Er war nachdenklich; er war gesprächig, ohne ein Wort zu sagen.

Am Abend fand der Vortrag im größten und besten Theater von San Antonio statt. Es ist in der Tat ein schönes Gebäude. Der untere Raum und die drei Galerien waren mit ernsten klugen Gesichtern gefüllt. Wir haben nie eine schönere Versammlung gesehen. Der Vortrag über das Thema: "Die Welt in Brand", fing unter den günstigen Bedingungen an. Ihr könnt es euch ausmalen, so schön Ihr es nur tun könnt und Ihr werdet es nicht zu schön machen. Als um 8 Uhr 10 Min. alles bereit war, ging Bruder Russell nach vorne auf die Plattform und fing seinen letzten öffentlichen Vortrag an. Die Szene war sehr schön und eindrucksvoll. Ich saß zu seiner Rechten hinter einem Schirm und konnte jeder seiner Bewegungen sehen. Alles ging etwa 45 Minuten lang gut, da glaubte ich zu bemerken, daß er in Begriff stand, die Bühne zu verlassen. Ohne ein Zeichen des Leidens, mit völliger Selbstbeherrschung ging er ruhig von der Rednerbühne, während ich mich bemühte, genau so ruhig und ordentlich dahinzugehen und ohne ein Wort der Erklärung den Faden da aufzunehmen, wo er ihn hatte fallen lassen.

Ich fuhr etwa fünf Minuten mit Reden fort, als er wieder kam. Da wurde mir das Vorrecht, mich gerade so ruhig, wie er es getan hatte, zurückzuziehen und meinen Sitz hinter dem Vorhang wieder einzunehmen. Meine Augen blieben eine halbe Stunde lang fest auf ihn gerichtet; dann ging er wieder und ich trat ein. Ich bemühte mich, das festzuhalten, was er die Zuhörer lehren wollte, indem er Elia als ein Vorbild gebrauchte.

Er kam zum zweiten Male wieder nach einer Abwesenheit von sieben Minuten und nahm seinen Vortrag wieder auf. Er erzählte den Zuhörern über die Zusammenstellung des ersten Glaubensbekenntnisses in Nizäa durch die Bischöfe unter der Leitung des römischen Kaisers Konstantin, als er wieder wegging. Es war leicht, den Faden der Geschichte aufzunehmen und zehn Minuten lang fortzuführen. Da kam mir der Gedanke: "Ob er wohl wünscht, daß ich den Vortrag schließe?" Da kam unser teurer Lehrer zurück, gerade zur rechten Zeit, um den Vortrag zu einem passenden Abschluß zu bringen. Es war ein wundervoller Höhepunkt aller seiner öffentlichen Vorträge. Er schien mir von einem Glorienschein umgeben zu sein. Nachdem er die große Zuhörerschaft in den Gesang des Liedes "All Jesu mächt'gen Nam' besingt," geleitet hatte, betete er überaus eindrucksvoll. Ich wartete auf ihn, als er von der Plattform herunter kam. Er setzte sich auf den Stuhl, auf dem ich gesessen hatte, und während er ausruhte, nahm ein Freund mehrere photografische Bilder von ihm auf. Da sie die letzten sind, werden sie hoffentlich die besten von ihm sein.

Auf dem Wege nach Kalifornien.

Wir wurden von der Schwester nach dem Zuge begleitet, die uns in ihrer Wohnung beherbergt und für alle unsere Bedürfnisse gesorgt hatte, von der man in Wahrheit sagen kann: "Sie hat getan, was sie konnte." Sie sagte, es freue sie, das Alabaster-Fläschchen zerbrechen zu können und sie händigte mir Geld genug ein, um uns ein Abteil zum Wohnen zu sichern von San Antonio bis nach unserem Bestimmungsort im Westen. Bruder Russell lehnte dieses zuerst ab, aber er wurde später überredet, das gütige Anerbieten anzunehmen, und das war gut, denn in dieser Nacht stand er sechsunddreißigmal in sieben Stunden auf.

Gleich nachdem wir San Antonio verlassen hatten, hatte ich zum ersten Male das Vorrecht und die Freude, seine Schuhe aufzuschnüren und anzuziehen. Bis jetzt hatte er das nie erlauben wollen, obgleich ich mich mehrere Male dazu angeboten hatte. Aber jetzt nahm er es sogleich an und sagte in seiner liebenswürdigen Weise: "Ich danke Dir!" Am nächsten Morgen war er ein kranker Mann, obgleich er es nicht zugeben wollte. Er blieb während des ganzen Mittwochs zu Bett. Er lag auf seinem Schlafsofa und ich nahm auf dem Sofa neben ihm Platz. Ich bewachte jede seiner Bewegungen, streichelte seinen Kopf und dachte daran, welch eine großartige Arbeit doch dieses Gehirn geleistet hatte! Indem ich seine weiche gütige rechte Hand nahm und sie in meiner Linken ruhen ließ, streichelte ich sie sanft mit meiner Rechten. Ich dachte dabei an seinen Vortrag in San Antonio am vorhergehenden Abend und an so manches Mal, wo ich ihn diese Hand so zierlich hatte gebrauchen sehen, wenn er die Irrtümer in den Glaubensbekenntnissen der Menschen nachwies und den Beweis führte, daß sie dem Worte Gottes widersprachen. Ich sagte zu ihm: "Ich habe nie eine Hand gesehen, die so starke Schläge gegen die Glaubensbekenntnisse geführt hat, wie es diese tat." Er antwortete, daß er glauben müsse, sie würde keine Glaubensbekenntnisse mehr zerschlagen.

Dies veranlaßte mich, zu fragen: "Wer wird den Jordan schlagen?" Da antwortete er: "Jemand anders kann das tun!" "Aber wie ist es mit der Bezahlung des Groschens?" fragte ich. Er zögerte einen Augenblick, dann sagte er: "Ich weiß es nicht." Bruder Russell war augenscheinlich etwas bestürzt. Wir sprachen dann über seinen körperlichen Zustand. Er sagte über seine Leiden folgendes: "Ich dachte immer, daß ich noch ernstlich leiden würde, ehe ich meinen Lauf vollenden dürfe. Aber ich glaubte, als ich das Leiden in Pittsburgh hatte, daß dieses es sei. Wenn der Herr nun auch noch dieses hier hinzufügen will, so ist es gut so."

Im Laufe dieser Unterhaltung sagte er: "Was sollen wir tun?" Indem er gebetsvoll die Sache überdachte, sagte ich: "Nun gut, Bruder Russell, Du scheinst Deinen Fall besser zu verstehen, wie sonst jemand es tun könnte, und Du hast an alles gedacht, was getan werden kann. Habe ich alles getan, von dem Du denkst, daß ich es tun sollte?" Ich werde seine Antwort nie vergessen. Seine Worte offenbarten eine ozeantiefe Liebe, als er mit stiller leiser Stimme sagte: "Ja, Du hast es getan, ich wüßte nicht, was ich ohne Dich anfangen sollte."

Jede Bewegung, die er machte, und jedes Wort, das er äußerte, brachte mich nur zum tieferen Denken, und doch konnte ich kaum glauben, daß Bruder Russells Leben dem Ende zuging. Mein Gedanke war sein und aller Freunde Gedanke, daß er wahrscheinlich bis ganz zuletzt hierbleiben würde, und daß er hinweggenommen werden würde, wenn das Werk zu Ende sei. Dieses in meinen Gedanken habend, beantwortete ich seine Frage, indem ich sagte; "Da wir alles getan haben, was wir wissen und Du immer schwächer wirst, - Deine Lebenskraft wird verbraucht, während Du nichts ißt, um sie zu ergänzen - so denke ich, daß, wenn wir nach Brooklyn zurückkehren, Du dort etwas finden wirst, das Dich wieder auf die Füße bringt". Seine Antwort auf diese Andeutung war: "Der Herr erlaubte uns, diesen Weg zu wählen." Daraus schloß ich, daß er meinte, der von uns gewählte Reiseweg, dementsprechend unser ganzer Plan gemacht worden war, repräsentierte den Willen des Herrn für uns und wir müßten darum unser Äußerstes tun, um ihn auszuführen. Die ursprünglichen Gedanken des Schreibers hinsichtlich des Reiseweges waren, daß Bruder Russell, nachdem er wegen des Besuches der vielen Hauptversammlungen solch schweren, anstrengenden Sommer hinter sich hatte, es besser sein würde, den Dampfer der Mallory-Linie in New York zu nehmen und den ganzen Weg nach Galveston auf dem Wasser zurückzulegen: aber er wendete ein, das sei ein zu großer Umweg und erfordere zu viel Zeit.

In Del Rio aufgehalten.

Wir bewegten uns auf der südlichen Pazifikbahn schnell durch das südliche Texas und näherten und Del Rio, als wir erfuhren, daß eine vor und liegende Brücke während der Nacht abgebrannt war, und daß wir wahrscheinlich einige Zeit hier liegen bleiben mußten. Unser Zug hielt in Del Rio, und wir befanden uns inmitten eines Lagers von Grenzsoldaten. Die Soldaten marschierten durch die Straßen, die Musikkorps spielten, und nach jeder Richtung hin war großer Lärm. Ferner wurden noch drei Züge, beladen mit Truppen, auf das Geleise neben uns geschoben. Diese Männer, denen nicht erlaubt war, die Züge zu verlassen, schrieen andauernd und machten alle Arten von leichtfertigen Scherzen und Späßen. Das dauerte den ganzen Tag und auch die Nacht hindurch an. Außerdem war das Wetter hier unten heiß. Aber niemals ließ Bruder Russell ein Wort der Klage hören. Er erwähnte nicht einmal die Soldaten und den Lärm.

Da Del Rio eine Stadt von etwa 10.000 Einwohnern ist, so war es für uns möglich, einige wenige notwendige Sachen hier zu bekommen. Einmal stellte ich Bruder Russell vor, er möge mich zur Stadt gehen und den Hauptarzt besuchen lassen, um seine Ansicht darüber zu hören, was in einem dem seinigen ähnlichen Falle zu tun wäre, ohne den Arzt jedoch wissen zu lassen, für wen ich seine Auskunft verlangte; aber das schien ihm nicht das Rechte zu sein. Der Kellner im Speisewagen kannte Bruder Russell; er kam herein, um nach ihm zu sehen. Er erwies uns viel Aufmerksamkeit und bot sich an, alles zu tun, was er tun könnte. Das Mittagessen fand drei Pullmanwagen weiter nach vorne statt. Wir mußten folglich den Weg wegen jeder Kleinigkeit, die wir brauchten zurücklegen. Nachdem wir einen vollen Tag Aufenthalt gehabt hatten, fuhren wir am Donnerstag morgen aus Del Rio ab und waren die ersten, die über die wiederaufgebaute Brücke fuhren.

Als der Zug anfing, über die Brücke zu fahren, eilte ich in den Wagen, um es Bruder Russell zu sagen. Ich erreichte das Wohnzimmer, als unser Wagen gerade auf der Mitte der Brücke angekommen war. Als ich es ihm meldete, setzte er sich im Bett auf und schaute aus dem Fenster. Inzwischen waren wir hinübergekommen und ich bemerkte darauf: "Bruder Russell, wir haben dich oft über die Zeit sprechen hören, in der wir über den Fluß gehen würden, und jetzt sind wir darüber gekommen." Ein süßes Lächeln trat auf sein Gesicht, aber er sagte kein Wort. Ich fing an, zu glauben, daß er darüber gehen könnte, aber sicher noch nicht sehr bald. Es war Oktober, und es fiel mir ein, daß geradeso, wie wir einen Tag aufgehalten wurden, bevor wir den Fluß im südlichen Texas überschreiten konnten, auch er noch einen prophetischen Tag bei uns verweilen würde, um erst im Oktober 1917 hinüberzugehen. Während mir diese Gedanken durch den Kopf gingen, tat ich mein Bestes, um unseren lieben, geduldigem, nie klagenden, alles wertschätzenden Bruder Russell auf jede nur mögliche Weise zu dienen. Nur wenn ich ihn vorher aufgerichtet hatte, konnte ich ihm einen Schluck Wasser geben, ohne diesen zu verschütten. Es gab Tag und Nacht reichlich zu tun, doch ich schätzte dies als ein großes Vorrecht. Ich dachte oft, ich sollte wegen der lieben Freunde zu Hause noch treuer sein.

Als wir Freitag abend einen Knotenpunkt erreichten, wo wir den Zug wechseln mußten, stand Bruder Russell auf und kleidete sich wie gewöhnlich an; natürlich war er sehr schwach. Es war gerade das, was er, wie ich dachte, tun würde, wenn die Zeit für seine Versammlung gekommen wäre, denn er hatte es schon oft vorher so gemacht. Am Sonnabend arbeitete er gleich einem Riesen unter Kämpfen den ganzen Tag, unter heftigen Schmerzen in großer Schwäche und mit jedem Augenblick sich anhäufenden Hindernissen an geschäftlichen Anordnungen. Ich habe niemals irgendetwas gesehen oder gehört, das seinem Heldentum gleichkommt. Freunde hatten ihn getäuscht, und er fragte sich verwundert, ob der Herr in machen Dingen nicht gegen ihn sei. Seine Prüfungen wurden stärker und tiefer. Aber er murrte oder klagte nicht. Er hatte dem Herrn versprochen, es nicht zu tun, und er hielt sein Versprechen. Er war so groß, daß ich fast immer zögerte, ihm zu nahen.

Weiter nach Los Angeles.

Unser Zug kam mit einer Stunde oder vielleicht noch größerer Verspätung am Sonntagmorgen, am 29. Oktober, in Los Angeles an, und wir hatten nichts zu essen gehabt. Die Brüder waren erfreut, uns zu sehen, aber ihre Gesichtszüge änderten sich, als sie unseren lieben Bruder Russell sahen. Sie sahen wohl, daß er schwach war. Aber er wollte noch nicht zugeben, daß er wirklich krank war.  Gegen zehn Uhr hatten wir das Hotel erreicht, und ich fragte ihn, ob ich ihm nichts zu essen holen dürfe. Er sagte, er sei nicht hungrig, und er bat mich, ihm etwas vorzuschlagen. Das tat ich denn auch. Er gab nach, und ich durfte ihm etwas holen; er kostete aber nur ein wenig davon. Als ich es ihm brachte, fragte er mich, ob ich mein Frühstück gehabt hätte, und als mit einem Nein antwortete, wollte er wissen, warum nicht. Ich sagte ihm, daß es mein Wunsch sei, er bekäme erst das seine. Er sagte, er wolle sein Frühstück nicht eher essen, als bis ich das meine genommen hätte.

Das war ganz wie Bruder Russell. Er war immer so auf andere bedacht. Jedesmal, wenn er etwas von mir getan haben wollte, sagte er "Bitte", und wenn es geschehen war, sagte er stets: "Ich danke dir." Er war ein Wunder. Bruder Homer Lee tat während unseres Aufenthaltes für Bruder Russell was er konnte, und er gab uns bei unserer Abreise seine besten Heilmittel, in der Hoffnung, daß sie ihm gut tun würden. Die Brüder in Los Angeles zeigten sich in jeder Weise sehr freundlich.

Bruder Russells letzte Ansprache an die Kirche.

Als die Zeit der Versammlung mit den Freunden am Nachmittag gekommen war, stand Bruder Russell auf und machte sich fertig, um zu gehen, da die Brüder in ihrem Automobil für ihn gekommen waren. Es war um 4 Uhr 30 Min. am Sonntagnachmittag, als wir das Hotel verließen, um uns zur Versammlung zu begeben, die in dem gleichen Saal stattfand, in welchem auch die Hauptversammlung von Los Angeles in der ersten Hälfte des Septembers abgehalten worden war. Es ist dies eine ruhige, passende Halle. Wir kennen keinen besseren oder der Gelegenheit mehr angepaßten Saal, in dem Bruder Russell der Kirche seine letzte Botschaft hätte geben können. Er warnte die Brüder davor, seinen körperlichen Zustand bloszustellen, indem er sagte: "Gebt mich nicht weg, Brüder." [Laßt niemand meinen leidenden Zustand merken.]

Ihr wißt, daß unser lieber Bruder Russell soviel Rücksicht auf die Gefühle anderer nahm, daß er sich niemals zu sehr auf das Mitgefühl anderer stützte. Er war so rücksichtsvoll, daß nur wenige wußten, daß er seit dreißig Jahren ein körperlich Leidender war. Kürzlich ließ er bei einer Gelegenheit der Bethel- Familie sagen, daß er nicht zum Frühstück herunterkommen würde. Später sagte er mir dann, daß er wegen der Familie nicht gekommen wäre; sie hätten so großes Mitgefühl mit ihm. Er wolle nicht niederdrückend auf ihre Lebenskraft wirken. Er hatte gelernt, sich allein auf den starken Arm zu lehnen! Er bedurfte unser nicht besonders, aber wir brauchten ihn.

Wir achteten darauf, jedem seiner Wünsche nachzukommen, darum lenkte niemand die Aufmerksamkeit auf seinen Zustand, und in diesem Sinne gab ihn niemand weg. Indessen gab er sich selbst weg. Seine bloße Gegenwart sprach für einen scharfen Beobachter Bände. Aber noch mehr als das, als er nach vorne ging auf die Rednerbühne, um mit seiner Ansprache zu beginnen, sagte er aus Rücksicht auf die glänzende Zuhörerschaft (denn jeder Platz war besetzt): "Ich bedaure, nicht imstande zu sein, mit Kraft oder Macht zu sprechen". Dann gab er dem Vorsitzenden einen Wink, das Rednerpult wegzunehmen und einen Stuhl zu bringen. Als er sich setzte, sagte er: "Entschuldigt mich bitte, daß ich mich setze". In tiefer Demut, unter großen Leiden und auf das feierlichste sprach er ungefähr 45 Minuten lang, dann beantwortete er noch eine kurze Zeitlang Fragen.

Am Schlusse sagte er: "Ich muß Euch allen Lebewohl sagen, und ich gebe Euch zur Erinnerung ein Schriftwort: 4. Mose 6, 24-26. ,Jehova segne dich und behüte dich! Jehova lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig! Jehova erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden!' Möge der Segen des Herrn reichlich bei Euch sein." Er hat die Klasse von Los Angeles sehr gesegnet. Jeder sollte wünschen, seinen Anteil zu tun. Einerlei, was andere tun mögen, jeder sollte seinen Anteil tun. Jetzt singt das Lied:

,Stärk', Himmelstaube, werter Geist,
Mit Licht und Trost uns allermeist,
Als Vormund du uns leit' und führ';
All' Denken, jeden Schritt regier'!"

Bewahret diesen Geist in Eurer Mitte.

Fortfahrend sagte er: "Ist das nicht ein schöner Gedanke: ,Bewahret diesen Geist in Eurer Mitte.' Habt vollkommenes Vertrauen zum Herrn, und er wird euch recht führen. Wir kamen nicht in die Wahrheit durch irgendein menschliches Wort, das uns eingefangen hätte, sondern durch das Wort des Herrn. Wir wissen, daß der Herr alles recht hinausführen wird. Ich sage Euch allen Lebewohl." So hat er am Sonntag, dem 29. Oktober, um 6 Uhr 5 Min., als er die Rednerbühne verließ, auf dieser Seite des Vorhangs seine letzte Ansprache an die Kirche für immer gehalten. Unsere Herzen sind niedergebeugt! Wir verehren demütig Gott, unseren Himmlischen Vater zu den Füßen Jesu. Ich würde es vorziehen, still zu sein, aber um der Kirche willen will ich fortfahren.

Verschiedene versuchten noch, Bruder Russell zu sprechen, als wir im Automobil abfuhren, aber sie kamen zu spät. Wir waren schnell am Bahnhof und als wir ausstiegen, ließen wir einen zurück. Bruder Shermann hatte das Vorrecht, mit uns auf dem Bahnhof zu sein und uns viel Freundlichkeiten zu erweisen. Als Bruder Russell seinen Namen unter die Eisenbahnkarte in Kansas City schrieb, geschah es zum letzten Male. Jetzt war es mein Vorrecht, seinen Namen für ihn zu unterschreiben. Wir gingen zum Zuge, während Bruder Shermann in die nächste Apotheke ging, um etwas für ihn zu kaufen. Er kehrte um 6 Uhr 30 Min. zurück und wir sagten Lebewohl. Der Santa Fe-Zug Nummer 10 fuhr ab. Wir gingen in das Wohnzimmer des Wagens Roseisle, und als ich die Tür zumachte und verschloß, schloß ich ihn ein und andere für immer aus. Von da an war es Gethsemane! Sieg! Herrlichkeit.

Die Rückreise hat angefangen.

Er ließ mich verschiedene Gegenstände, die er während der Nacht nötig haben würde, an passenden Stellen unterbringen, unter den Decken, unter seinem Kopfkissen, auf dem Fenstersims, so daß er alles erreichen konnte, ohne mich zu stören. Ich tat alles so, wie er es anordnete; ich freute mich, es zu tun, und ich sagte es ihm. Er sagte: "Ich danke Dir; ich lasse Dich etwas tun, weil ich sehe, daß du es so gerne tust." Es war meine Freude, sein Pfleger zu sein,  während er Arzt und Patient zu gleicher Zeit war; und als der Patient - welch passender Name - [im Englischen heißt patient geduldig] nicht länger der Dienste des Arztes und Pflegers bedurfte, wurde aus dem Pfleger ein Leichenbestatter, der die letzten traurigen und feierlichen Bräuche besorgte, die er andere vorher hatte tun sehen. Ich erkundigte mich sorgfältig: "Ist alles recht so, Bruder Russell?" Er versicherte mir, daß es der Fall sei, dankte mir, bat mich, zur Ruhe zu gehen, gab an, wie er im dem Falle, daß er mich brauchen sollte, mich rufen würde, wünschte mir "gute Nacht" und kehrte sich auf die linke Seite, mit seinem Gesicht gegen das Fenster.

Ich weiß nicht, wie viel Zeit verstrichen war, als ich aus dem Schlafen geweckt wurde durch sein Klopfen und das Rufen meines Namens; wahrscheinlich waren es zwei Stunden. Aber ich ging schnell zu ihm hin, tat, was er wünschte, hörte ihn wieder "danke Dir" sagen, und legte mich wieder hin. Diesmal tat ich es aber mit dem Gedanken, nicht wieder so fest schlafen zu wollen. Nach einer Stunde rief und klopfte er wieder, und ich war an seiner Seite. Bald entdeckte ich, daß ein zweiter Schüttelfrost im Anzuge war. Den ersten hatte er zwei Nächte vorher gehabt. Ich deckte ihn mit fünf Schlafwagendecken zu, die ich auf allen Seiten fest einsteckte, aber immer noch bebte er. Ich gab ihm alles Erforderliche und war froh, als der schwere Anfall aufhörte. Ich blieb an seiner Seite, indem ich mich zeitweise auf dem Sofa neben ihm niederlegte.

Vorbereitungen für den Tod.

Gegen Morgen ließ er sich von mir der Schicklichkeit wegen ein Gewand machen. Ich steckte ein Bettuch an eine Wolldecke fest, schlug das um ihn wie eine Art Morgengewand und befestigte es unter dem Kinn. Zu diesem Zwecke stellte er sich auf den Fußboden; darauf legte er sich auf das Sofa anstatt in sein Bett zurückzukehren. Ich saß darum während dieser Zeit auf seinem Bett und er lag vor mir. Nach mehreren Stunden stellte es sich heraus, daß das Gewand ziemlich unbequem war, weil es nicht möglich war, das Bettuch und die Wolldecke zusammenzuhalten. Er stand deshalb wieder auf und sagte: "Bitte mache mir eine römische Toga."

Ich verstand nicht, was er meinte, wollte aber nicht, daß er es wiederholen sollte, weil er so schwach war. Seine Stimme war so schwach geworden, daß er beinahe alles wiederholen mußte, was er sagte. Ich hatte schon verschiedene male zu ihm gesagt: "Lieber Bruder Russell, ich bitte Dich nicht gerne, etwas zu wiederholen (es war stets meine Gewohnheit gewesen, ihm so genau zuzuhören beim Diktieren, daß keine Wiederholung nötig war), aber Deine Stimme ist so schwach, daß man Dich kaum hören kann." Er wiederholte dann stets, bis zuletzt auch das Wiederholen keinen Nutzen mehr hatte. Darauf machte er Zeichen. Endlich versagten auch die Zeichen.

Ich sagte: " Bruder Russell, ich verstehe nicht, was Du meinst." Er sagte: "Ich will es dir zeigen." Er ließ mich ein frisches Bettuch nehmen und es zwölf Zoll am oberen Rande umschlagen. Dann nahm ich ein zweites und tat damit das Gleiche. Er legte seine linke Hand auf seine rechte Schulter und sagte: "Stecke sie zusammen." Da ich in meiner Tasche ein Papier mit Sicherheitsnadeln hatte, die ich kürzlich gekauft hatte, ward es mir leicht, die Tücher auf seiner rechten Schulter zusammenzuhalten, während ich zu gleicher Zeit in meine Tasche griff, um eine Sicherheitsnadel zu nehmen. Nachdem die Tücher mit der Nadel nach seiner Anleitung befestigt worden waren, sagte er: "Nun hefte sie auch auf der anderen Schulter zusammen." Das tat ich. Da stand er, ein Tuch fiel vorne vom Hals bis auf die Füße herunter und das andere auf den Rücken. Sie waren auf beiden Schultern aneinander befestigt und am Rande zusammengefaltet. Er stand während eines Augenblicks aufrecht vor mir, ohne ein Wort zu sagen. Dann legte er sich auf das Sofa, auf den Rücken, schloß die Augen, und lag hier vor mir wie in einem Schrein, ein vollkommenes Bild des Todes.

Ich saß an der Seite des Bettes, bewachte ihn, betrachtete ihn, und der Gedanke an den Tod ging durch meinen Geist. Es wurde mir schwer, den Gedanken zu fassen, daß Bruder Russell sterben würde. Ich konnte es nicht recht glauben, selbst jetzt nicht. Es war alles so ganz anders als wir es erwartet hatten. Indessen weiß ich jetzt, das der Herr uns beide allmählich belehrte, von da an, wo wir San Antonio verlassen hatten, bis zu dieser Stunde, wo das Ende Bruder Russells zusehends herankam. Was alles Bruder Russell durch diese Bewegungen uns zu verstehen geben wollte, können wir nicht sicher wissen. Sie waren zum mindesten das weiseste, was in seinem Falle getan werden konnte, aber für uns haben sie eine viel größere Bedeutung, und wir glauben, daß der Herr es so eingerichtet hat. Die Toga wurde von römischen Beamten getragen und manchmal von den Priestern; manchmal war sie ein Symbol des Sieges und des Friedens; zu anderen zeigte sie an, daß derjenige, der sie trug, seine Gelübde erfüllt hatte. Nach der Meinung des Schreibers sollte es dies alles bedeuten. Er hatte seine Gelübde erfüllt! Er hatte den Sieg gewonnen! er war im Frieden! Von jetzt an war ihm bereitgelegt die Krone der Gerechtigkeit, die der Herr ihm bald auf seine edle Stirne setzen wollte.

Den siebten Band betreffend.

Während diese Szenen vor mir waren, und mit dem Gedanken an das nahende Ende, war es für mich nur natürlich, daß ich zu mir selbst sagte: "Wäre es nicht besser, wenn du Bruder Russell betreffs einiger Dinge fragen würdest?" In dieser Stimmung und aus dieser Veranlassung fragte ich wegen des siebenten Bandes und erhielt die Antwort: "Jemand anders kann diesen schreiben". Ich war zufriedengestellt. Er hatte über das Schlagen des Jordans gesprochen, über das Bezahlen des Groschens und über das Schreiben des siebenten Bandes, das genügte. Es blieb kein Raum mehr für Zweifel oder Befürchtungen. Wir glauben, daß er alles gesagt hat, was er zu sagen wünschte, und daß der Herr durch ihn der Kirche alles das gegeben hat, was er ihr zu geben wünschte in bezug auf diese großen, wesentlichen und wichtigen Dinge. Bruder Russell schien keinen Wunsch zu haben, auch schien es nicht nötig zu sein, am Ende seines Lebens noch eine Menge kleiner Dinge zu sagen oder zu tun, die bis jetzt ungetan geblieben waren. Er hatte seinen Lauf vollendet. Seine Arbeiten waren vorüber. Er war bereit, geopfert zu werden.

Ich war feierlich geschäftig während des ganzen Tages (Montag), und zwar so sehr, daß ich weder zum Mittag- noch zum Abendessen Zeit hatte. Als die Nacht herankam, lag er in seinem Bett, und ich lag auf dem Sofa mit den Kleidern, um etwas zu ruhen. Ich war gerade im Begriff einzuschlafen, als ich die Worte "Bruder Sturgeon" zu hören glaubte. Als ich völlig wach wurde, kamen mir die Erfahrungen Samuels in den Sinn. Ich beugte mich über ihn und fragte: "Bruder Russell, hast du mich gerufen?" Er antwortete: "Ja," und gab mir einige Kleinigkeiten zu tun. Darauf legte ich mich zum zweiten Male nieder. Nicht lange danach glaubte ich zu hören, daß mein Name wieder gerufen wurde. Ich fragte wie zuvor, beugte mich dicht über ihn und hörte ihn flüstern: "Ich versuche, daß ich etwas für dich zu tun finde." Daraus folgerte ich: Bruder Russell wünscht, daß ich heute nacht wachbleibe, und es zeigte sich, daß es so war.

Der Tod kommt näher.

Ich tat viele kleine notwendige Dinge, die mit seinen Worten oder Zeichen in Harmonie standen, bis ein weiterer Schüttelfrost (der dritte) begann. Ich deckte eine Decke nach der anderen über ihn und steckte sie fest um ihn, aber noch immer bebte er. Ich legte mich deshalb auf ihn und preßte mein Gesicht gegen das seine, bis ich die Wärme in seinen Körper zurückkehren fühlte. Die Tatsache, daß dies der dritte Schüttelfrost in vier Nächten war, verstärkte in meinem Geiste die Empfindung, daß das Ende herannahte.

Gegen Mitternacht ging eine große Veränderung bei ihm vor sich. Er verlangte nicht mehr länger nach seiner Medizin und schien auch kein Bedürfnis nach Wasser zu haben wie bis dahin. Einige Dinge hörten fast auf. Seine Schmerzen wurden größer. Er konnte nicht mehr ausgestreckt im Bett liegen wie vorher. Er mußte aufsitzen, und wenn er sich niederlegen wollte, so viel er zusammen und sein Kopf lehnte an das Fenster, frei von den Kissen. In dieser Stellung konnte er etwas bleiben, bis sich sein Mund vom Magen aus füllte und er das Zeichen gab, ihn aufzurichten. Hiervon befreit, bat er, da es ihm bequemer war, niedriger gebettet zu werden, bis er, um Erstickung zu vermeiden, wieder hochgerichtet werden mußte. Dadurch wurde ein Ersticken vermieden, und er konnte, wenn man sehr achtsam war, wieder hingelegt werden, um Erleichterung von seinen Schmerzen zu finden.

Das ging sieben Stunden so weiter, mit immer erneuter Heftigkeit und mit zunehmender Schwäche. Als er seine Wünsche nicht mehr länger durch Worte verständlich machen konnte, tat er es durch Zeichen. Wenn er auf dem Bett lag und den Wunsch hatte, aufgerichtet zu werden, so hob er seine rechte Hand und seinen Arm in der Weise, daß mein Kopf in die Biegung seines Armes paßte und er sich an meinem Hals klammern konnte, während mein linker Arm seinen Hals umschlang und ich ihn auf diese Art in sitzende Stellung bringen konnte. Das dauerte fort, bis der Gedanke in mir aufstieg, wer von uns wohl zuerst erschöpft sein würde. Ich dachte an die Freunde zu Hause und an die vielen interessierten Freunde überall. Ich blickte zum Herrn auf und stählte mich selbst, indem ich sagte: "Ich will bei ihm bleiben bis zum Ende."

Am frühen Morgen gab er den Kampf auf. Er war erschöpft und ich konnte ihn jetzt ausgestreckt in sein Bett legen, mit dem Kopf in den Kissen auf seinem gewohnten Platze; endlich konnte er ruhen. Die Stille nach dem Sturme war eingetreten. Er starb jetzt allmählich, ruhig und friedlich. Ich stand bei ihm und wachte liebevoll über ihn. Ich gab meiner Liebe für ihn dadurch Ausdruck, daß ich ihm sanft Haare und Bart streichelte und seinen Kopf, sein Gesicht, seine Hände und Füße rieb. Ich schien nicht fähig zu sein, genug für ihn zu tun, jetzt, da er eine gewisse Linie überschritten hatte.

Die letzten Stunden.

Am Montag setzte ich ihn einige Male im Bett auf; ich setzte mich hinter ihn, um ihn zu stützen, und sein Kopf lehnte gegen den meinen. Einmal flüsterte er: "Hast Du irgend etwas vorzuschlagen?" Ich hatte es, denn ich wünschte, daß er direkt nach Galveston ginge und von dort aus den Dampfer nach New York benutzen würde, oder daß er mit dem Zuge durchreise ohne in Topeka, Tulsa oder Lincoln Halt zu machen. Er antwortete: "Jeder Tag hat an seinem Übel genug". Ich entnahm daraus, daß er meinte, Topeka und andere Plätze könnten für sich selbst Sorge tragen, wenn wir hinkämen, und wir brauchten jetzt keine Rücksicht auf sie zu nehmen. Damals fragte ich ihn auch betreffs des siebenten Bandes. Später saß ich und dachte darüber nach, was ich anregen sollte. Nach einiger Zeit völligen Stillschweigens dachte ich, daß ich ihm etwas über das Sterben und gewisse, damit verbundene Dinge sagen wolle, aber ich zögerte und wußte kaum, wie ich anfangen sollte. Er saß im Bett; ich legte meinen Arm um seinen Hals und sagte: "Bruder Russell, Du bist ein sehr kranker Mann." Seine Lippen zitterten, ich legte ihn hin und wendete mich weg, um zu weinen. Ich war nach dieser Richtung hin weit genug gegangen. Ich wußte, daß ich das nicht wieder versuchen durfte. Es war augenscheinlich, daß weder er, noch ich es ertragen konnten, und daß weiter nichts mehr getan werden konnte.

Das Wunderbarste bei diesem wunderbaren Manne war, daß er während aller seiner Leiden, Prüfungen, Unbequemlichkeiten und Unruhen nicht ein Wort der Klage aussprach. Er seufzte nicht einmal, er stöhnte nicht, er vergoß keine Träne. Es war sein Entschluß, nicht zu murren oder zu klagen; und er führte seinen Entschluß aus bis an das Ende. Er starb in Wahrheit, indem er des Vaters Willen tat und so sein Gelübde erfüllte. "Glückselig die Toten, die im Herrn sterben, von nun an!"

Bruder Russells Tod.

Ich wachte an seiner Seite den ganzen Dienstag morgen, ohne viel anderes zu tun zu haben als nur zu wachen und zu beten. Da ich bemerkte, daß dies der letzte Tag im Oktober war, und schloß, daß er vor Mitternacht sterben würde, sandte ich den lieben Freunden aus Brooklyn folgendes Telegramm: "Ehe der Oktober zu Ende geht, wird unser lieber Bruder Russell bei dem Herrn sein in Herrlichkeit. Wir sind allein im Wagen Roseisle im Santa Fe-Zug Nr. 10, der in Kansas City am Mittwoch morgen um 7 Uhr 35 Minuten fällig ist. Er stirbt wie ein Held. Nachdem er einbalsamiert ist, werde ich heimkommen mit der Leiche, oder auch direkt nach Pittsburg gehen." Ich rief den Führer des Schlafwagens herein, ebenso den Portier, und sagte: "Ich möchte Sie anschauen lassen, wie ein großer Mann Gottes, sterben kann." Der Anblick machte einen tiefen Eindruck auf sie, besonders auf den Portier. Ich rief den Zugführer herein und telegraphierte nach einem Arzt, der in Panhandle in den Zug kommen sollte, was er auch tat. Er sah den Zustand an, erkannte die Richtigkeit der Diagnose und den Schluß, nannte mir seinen Namen, und war wieder fort, ehe der Zug weiterging.

Um ein Uhr schickte ich alle aus dem Zimmer, verschloß die Tür und wachte ruhig bei ihm, bis zu seinem letzten Atemzuge. Ich hatte die Zeichen des herannahenden Todes bemerkt, ehe ich die Männer des Zuges herbeirief. Diese hielten an, bis sich die Fingernägel entfärbten, kalter Schweiß auf diese edle Stirne trat, seine Hände und Füße kalt wurden und seine Gesichtszüge gebrochen aussahen. Da zog er, gleich wie es Jakob vor Alters getan hatte, seine Füße im Bett an, und sein ruhiger Atem wurde immer weniger. Dann öffneten sich seine geschlossenen Augenlieder noch einmal gleich den Blättern einer Blume und enthüllten diese Augen, diese wundervollen Augen in ihrer ganzen Pracht, die ich nie vergessen werde! Gleich darauf atmete er nicht mehr; ich preßte meine Lippen auf seine edle Stirn und wußte, daß er für immer bei dem Herrn und ihm gleich war, ihm, den er so geliebt hatte.

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

3.

Einer von Gottes Edelmännern.
Von M.E. Amburgh, New York.

Die Seiten der Weltgeschichte erzählen uns von vielen Menschen, die sichtbare Fußspuren auf dem Sande der Zeit zurückgelassen haben. Einige sind groß gewesen innerhalb der Grenze ihres örtlichen Gemeinwesens. Einige sind bis zu den nationalen Grenzen durchgedrungen. Andere haben alle nationale grenzen übersprungen und einen weltweiten Einfluß ausgeübt. Einige sind groß geworden, weil sie einflußreiche Stellungen hatten, andere durch ihre Fähigkeit, kämpfende Heere zu befehligen, oder das Geschick der Nationen auf andere Weise zu leiten; einige wurden es durch edle Taten, noch andere, weil sie fähig waren, ihre Mitmenschen zu edlerem Leben und höheren Bestrebungen zu beeinflussen. Einige wurden zu hoher Stellung geboren und einige sind anscheinend zur Größe gezwungen worden, sei es durch Anforderungen ihrer Zeit oder durch die Umstände. Andere, durch Eifer und Liebe für Gott begeistert, haben ihr Leben als williges Opfer niedergelegt auf dem Altar der Verehrung.

Die Welt ist schnell dabei, dem sieghaften Helden und dem Geldfürsten Beifall zu zollen, aber sie ist langsam im Anerkennen des wahren Wertes des täglich schwebenden Opfers derjenigen, welche die Ermahnung des Herrn beachten: "Sei getreu bis in den Tod." Es bleibt anderen Geschlechtern überlassen, die wahren Helden aus der Verborgenheit zu ziehen. So war es bei unserem Herrn und seinen Jüngern der Fall. So trifft es, glauben wir, auch bei Bruder Russell zu. Die Zeitgenossen mißverstehen zu oft, sie beurteilen falsch, kritisieren scharf und verfolgen. Wie wahr ist das bei allen von Gottes Edelmännern in der Vergangenheit gewesen. Aber Gott verheißt, daß alle die, welche ihn in der Schönheit der Heiligkeit anbeten, inmitten von Verfolgungen, scheinen sollen wie die Sonne in dem Königreiche ihres Vaters, wenn ihre wahre Größe geoffenbart werden wird. Wie freuen wir uns, daß Gott Kenntnis nimmt von allen Opfern der Liebe, die um seinetwillen gebracht werden!

Heute zahlen wir dem Andenken eines der edelsten Männer Gottes den letzten liebenden Tribut. Sein Leben wird für sich selbst sprechen, wenn es von späteren Geschlechtern einmal völlig verstanden wird.

Ich habe den Wunsch, hier ein kurzes persönliches Zeugnis hinzuzufügen. Länger als zwanzig Jahre war ich mit unserem geliebten Pastor persönlich bekannt, und mehr als fünfzehn Jahre war ich geschäftlich und auch sonst eng mit ihm verbunden. Ich spreche also auf Grund eigener Kenntnis und nächster Beobachtung. Ich hörte zuerst von ihm durch seine Schriften, und ich wurde durch seine vernünftige Auslegung der heiligen Schriften näher zum Herrn gezogen. Es mag merkwürdig erscheinen, aber  es ist wahr, ich schenkte dem Verfasser kaum Beachtung. Er war hinter der Botschaft verborgen. Später wurde ich mit ihm persönlich bekannt und wurde zu ihm hingezogen, als ich den Geist bemerkte, der ihn beseelte, das liebevolle, treue, geweihte Herz, das suchte, seinem Gott zu folgen, das nach besten Kräften täglich suchte, seinen Mitmenschen Gutes zu tun und ihnen zu einem klaren Verständnis des wahren Charakters unseres Gottes zu verhelfen.

Daß er von vielen seiner Mitmenschen nicht verstanden wurde, machte ihm wenig aus, solange er sein Herz vor Gott recht hielt und seine Billigung hatte. Ich bin nie einem Menschen begegnet, der meines Erachtens nach so ernstlich darnach strebte, nahe bei Gott zu leben, aber der härter kämpfte, um seinen Leib unterzuhalten. Sein Einfluß ist eingeschrieben in Herz und Leben von Tausenden in der ganzen Welt, denen er geholfen hat, näher bei Gott zu wandeln und sich völlig dem Herrn und seinem Worte zu weihen. Seine Schriftstudien und seine anderen Erklärungen ließen mich mehr von der Weisheit, Gerechtigkeit, Liebe und Macht Gottes sehen, als ich je vorher erkannt hatte, und sie halfen mir dazu, ihm mehr verständnisvoll zu dienen, als ich vorher fähig gewesen war, obgleich ich von Kindheit an ernstlich suchte, den Willen Gottes nach meinem besten Können zu tun. Als ich mit wachsender Klarheit den Preis der hohen Berufung von Gott in Christo Jesu erkannte, wurde ich dazu geleitet, meinem Heilande jede Fähigkeit, die ich hatte, zu weihen und nach weiterer Erkenntnis zu suchen. Ich weihte mich Gott, und ich bin seitdem bestrebt, mein Weihegelübde treu hinauszuführen.

Ich möchte jetzt als einen weiteren Beweis meiner Wertschätzung diese Weihung öffentlich erneuern. Es können noch andere hier sein, denen die Dienste unseres lieben Pastors zu einem weit besseren Verständnis des großen Planes Gottes und seiner Liebe für die Menschheit verholfen haben. (Tausende haben das angezeigt.) Wollt ihr auch dieses zu einer Gelegenheit machen, Eure Weihung zu erneuern? Ich habe mich nur Gott geweiht. Ich erkannte unseren geliebten Bruder als einen Diener Gottes, und als einen hochgeehrten. Dieses große weltweite Werk ist nicht das einer Person. Dafür ist es viel zu groß. Es ist Gottes Werk und unterliegt keinem Wechsel. Gott hat viele Diener in der Vergangenheit gebraucht, und er wird es auch in der Zukunft tun. Wir haben uns nicht einem Menschen oder dem Werk eines Menschen geweiht, sondern dazu, den Willen Gottes zu tun, wie er ihn uns durch sein Wort und seine (göttlich) vorsehende Führung offenbaren wird. Gott steht noch am Steuer, und sein Werk wird weitergehen, in Harmonie mit seinem Plane. Es sind Einrichtungen getroffen worden, um dieses Werk noch ernstlicher wie bisher hinauszuführen. Es wird weitergeführt werden nach den gleichen Richtlinien der völligen Treue gegen das Wort Gottes und der Liebe für die Brüder, und an uns liegt es, zu entscheiden, ob wir zu denen gehören wollen, die es unterstützen und ihm Wohltaten erweisen.

Der Redner fragte dann: "Wie viele von Euch möchten hier ihr Weihegelübde  Gott erneuern und dies durch Erheben von ihrem Plätzen bekunden?" Fast alle Zuhörer, die das Gebäude erfüllten, erhoben sich auf ihre Füße. Ein außerordentlich eindrucksvoller Augenblick folgte. Das Gesicht des Redners war zum Himmel gerichtet und lautlos folgten die Zuhörer den Worten:

"Unser Vater, der du bist im Himmel, der du in die innersten Tiefen unseres Herzen blicken kannst, du, der du nicht bloß des Ausdrucks mit unseren Lippen bedarfst, wir wünschen jetzt, in diesem Augenblick, unseren mit dir geschlossenen Bund über Opfer zu erneuern.
Wir weihen dir und deinem Dienste aufs neue alle unsere Fähigkeiten, unsere Talente und Gelegenheiten, damit sie so gebraucht werden, wie du in deiner Weisheit uns ein Verständnis dafür gewähren magst durch dein heiliges Wort und deine täglichen Führungen.
Möchten wir doch mehr und mehr das große Vorrecht erkennen, von dir als ein annehmbares Opfer betrachtet zu werden, durch das versöhnende Verdienst deines viel geliebten Sohnes, unseres Herrn und Erlösers Jesu Christi.

Und möge der Einfluß der Liebe Gottes, welche uns drängt, und der Preis der hohen Berufung von Gott in Christo Jesu uns anspornen zu größerer Hingabe an deine Sache, und uns helfen, in jedem Gedanken, jedem Worte und jeder Handlung deinen herrlichen Charakter widerzustrahlen."

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

4.

Bruder Russells Beziehungen zu den Pilgrimen.
Von Paul S. L. Johnson - Columbus.

Ich stehe hier an der Bahre eines Mannes, den seit den Tagen des Apostels Paulus Gott in seinem Dienste mehr brauchte, als er irgend eine andere Person gebraucht hat. Ich stehe an der Bahre eines Mannes, der mir ein Bruder und ein Freund gewesen ist, da er mir mehr Gutes erwiesen hat, denn alle anderen Menschen, mit denen ich jemals in Berührung gekommen bin. Ich stehe an der Bahre eines Mannes, den ich mehr liebte, als ich jemals ein menschliches anderes Wesen geliebt habe. Ich stehe an der Bahre eines Mannes, von dem ich die Versicherung durch den Glauben habe, daß er nun in der Herrlichkeit ist mit unserem anbetungswürdigen Herrn und Erlöser Jesu Christo. Man kann deshalb erkennen, wie hart es ist, unter Umständen wie diesen, seine Gefühle zu beherrschen.

Ich bin gebeten worden, über die Beziehungen Pastor Russells zu den Pilgrimen zu sprechen. Er stand in zwei Beziehungen zu ihnen, in einer amtlichen und einer persönlichen Beziehung. Seine amtliche Beziehung zu den Pilgrimen kann verstanden werden, wenn wir das Amt erkennen, zu welchem er nach Gottes Wohlgefallen berufen worden war, das ist, sowohl der besondere Kanal zu sein, um die "Speise zu rechter Zeit" zu geben, als auch das Werk des Haushalts des Glaubens anzuordnen und einzurichten. Die Pilgrimbrüder standen darum als Diener des gleichen Gottes mit ihm in Beziehung. Darum reisten sie als Stellvertreter Gottes und in einem Sinne auch als Bruder Russells durch die Welt, indem sie die "Frohe Botschaft" predigten. Gerade wie Mose die Siebzig, denen Gott den Geist gab, den er auf Moses gelegt hatte, als Mitarbeiter gegeben wurden, weil das Werk zu groß war, als daß es Moses hätte allein ausführen können, so hat es auch unserem himmlischen Vater wohlgefallen, auch diesem, seinem ergebenen Diener, Mitarbeiter zum Helfen zu geben bei der Arbeit, Speise auszuteilen für die gesamte Kirche (Herauswahl), denn dieses Werk war für ihn zu groß, um es allein hinauszuführen. Deshalb sollten die Pilgrimbrüder einen Teil seiner Last und Mühe tragen. In einem gewissen Sinne sind sie darum seine Stellvertreter. Wenn er an sie schrieb, so erinnerte er sie manchmal daran, daß sie in gewissem Sinne seine Stellvertreter seien, obgleich er sie zuerst als Stellvertreter des Herrn betrachtete. Darum war es dieses Amt, das ihn in eine enge und anordnende Beziehung zu den Pilgrimen brachte. Er war durch Natur, durch Gnade und Erfahrung außerordentlich geeignet, die Anforderungen dieser Stellung zu erfüllen. Er war außerordentlich klug, mit wunderbarer Fähigkeit des Wahrnehmens, er hatte ein bemerkenswertes Gedächtnis und eine klare, tiefe und wahre Kraft des Denkens, verbunden mit einer ungewöhnlichen Kenntnis der menschlichen Natur und taktvoller Angriffslust. Diese Eigenschaften machten ihn sehr geschickt dazu, etwas auszuführen, wodurch, er natürlich außerordentlich geeignet war, das Werk der Pilgrime zu leiten. Unser himmlischer Vater verlieh ihm eine natürliche Veranlagung, besonders in seinen religiösen Fähigkeiten, wie sie nur wenige des gefallenen Menschengeschlechts gehabt haben. Unter sorgfältiger Pflege des heiligen Geistes wurden diese natürlichen Fähigkeiten in ungewöhnlichem Maße zu einem Charakter entwickelt, der alle Eigenschaften in sich vereinigte, die nötig waren, die Pflichten, Verantwortlichkeiten und Vorrechte seiner amtlichen Beziehungen zu den Pilgrimen zu erfüllen.

Seine Erfahrungen als Pilgrim machten ihn nur noch geeigneter, die Tätigkeit dieses Teiles seines Amtes richtig und gewinnbringend auszuüben. Darum war seine amtliche Beziehung zu den Pilgrimen die, ihr Werk zu leiten. Es war der Wille Gottes, daß er der menschliche Vermittler sein sollte, den Gott zum Auswählen der Pilgrime gebrauchen wollte. Bei der Erwählung dieser Diener kam weder Willkür noch Parteilichkeit in Anwendung. Sein Wille war dem Willen des Vaters völlig untertan, in welcher Weise auch immer er ihre Erwählung überwalten wollte. Er unterwarf die Pilgrime dreier Prüfungen, die Gott nach seinem Wort als nötig für öffentliche Diener Gottes erachtet. Zu allererst verlangte er von ihnen, daß sie nicht nur völlig geweiht sein müßten, sondern daß sie auch ein großes Maß von liebevollem Eifer, tiefer Demut, außerordentlicher Bescheidenheit und genauer Kenntnis von Gottes Wort hatten. Er verlangte ferner, daß sie in hohem Grade das nötige Talent zum Lehren hatten und das Wort Gottes klar, verständlich, annehmbar und anziehend predigen können für entsprechende Herzen. Zuletzt verlangte er, daß ihre durch göttliche Vorsehung bewirkte Stellung eine solche sei, daß sie es ihnen ermöglichte, in Harmonie mit dem Worte Gottes die Verantwortlichkeiten und Vorrechte des Pilgrimdienstes anzunehmen. Wenn diese drei Dinge sich in einer Person vereint fanden, so freute sich Bruder Russell sehr, es so einzurichten, daß er am Pilgrimdienste teil hatte. Seine Methoden, solche zu erwählen, waren ganz einzigartig. Ganz unbeobachtet hörte er einem Bruder, den er nicht kannte, zu, wie er die Karte mehreren Freunden erklärte. Die Erklärung war so klar, daß er die Frage stellte, wer jener Bruder war. Nachdem er seinen Namen erfahren hatte, trat er mit ihm in Briefwechsel, indem er ihn einlud, in den Pilgrimdienst einzutreten. Diejenigen, die das Vorrecht dieses Amtes bekommen sollten, wurden durch ihn gewissen Prüfungen unterworfen, durch welche sie zeigen sollten, ob sie Bescheidenheit, Demut, Eifer, Klarheit im Darstellen der Wahrheit und ein großes Maß von Liebe und Selbstbeherrschung besaßen, oder ob sie dieser Eigenschaften ermangelten.

Seine Belehrungen für die Pilgrime waren sehr einfach. Er glaubte, daß wenige Belehrungen besser seien als viele. Ein Pilgrim fragte ihn einst bei seiner Ausreise: "Bruder, hast Du mir ein Wort der Belehrung, der Ermunterung oder der Vorsicht zu geben, das sich mir im Dienste als hilfreich erweisen kann?" Er antwortete: "Nein Bruder." Dann, nachdem er eine Zeit lang nachgedacht hatte, sagte er: "Ja Bruder, ich habe etwas. Sei voll liebenden Eifers und voll tiefer Demut, und alles wird gut sein." Er war gewohnt zu sagen: "Wenn Du in irgend einer Schwierigkeit bist oder ein Rätsel vor dich kommt, das Du nicht lösen kannst, so erinnere Dich immer daran, daß Du hier ein offenes Ohr und eine willige Hand findest."

Er erlaubte den Pilgrimen soviel Freiheit, wie es der Sache und ihnen selbst förderlich war. Er erlaubte ihnen, ihren Gegenstand und ihre eigene Art, die Botschaft darzulegen, zu wählen, da er nicht wünschte, in ihre Eigenart einzugreifen, indem der glaubte, daß der Herr bei einem jeden von ihnen die Leitung habe. Es wurden nur solche Beschränkungen gemacht, wie sie zum Vorteil der Sache und derer, die daran teil hatten, nötig waren. Wenn einmal eine Zurechtweisung notwendig war, wurde sie auf bemerkenswert milde Art erteilt. Einer der Pilgrime bat um zu häufige Ferien mit der Begründung, daß er mehr Zeit zum Studium gebrauche.  Da Bruder Russell die Empfindung hatte, daß der Bruder größeren Eifer haben sollte, machte er den Vorschlag, daß der Bruder ein Jahr lang den Pilgrimdienst verlassen sollte, um zu studieren. Der Bruder erklärte sofort, da er die Meinung des Pastors erfaßte: "Bruder, das würde einen zu großen Zeitverlust bedeuten. Ich will doch so weiter gehen."

Er war immer in der Stimmung, andere zu ermutigen, und kein Pilgrim verließ ihn, ohne ermutigt zu sein, wenn er sich in einem Zustand des Herzens und Geistes befand, der ermutigt werden konnte. Wenn eine Zurechtweisung nötig war, so geschah sie immer mit dem größten Takt und der größten Milde, wobei wegen guter Absichten Nachsicht geübt wurde. Wenn er einen Wechsel eintreten lassen mußte, eine Beförderung im Dienste oder eine Enthebung aus dem Dienste, so wurde das nicht aus persönlichen Gründen getan, sondern wegen der Grundsätze im Worte des himmlischen Vaters. Sein Verfahren war das, seinen Willen völlig in den Willen Gottes zu versenken, und zu trachten, herauszufinden, was dieser Wille in bezug auf jeden Pilgrim war, damit er um so besser imstande sei, ihm in dem guten Werke zu helfen. Wenn einmal eine Entlassung aus dem Werke eingerichtet worden war, so geschah sie auf die taktvollste und ruhigste Weise, damit andere nicht den Grund erkennen könnten, noch dem Pilgrim unnötiger Schmerz verursacht würde. Der Betreffende wurde in gütiger, liebevoller Weise aufgefordert, sich zur Verherrlichung Gottes und zu seinem eigenen Nutzen einem anderen Tätigkeitsfeld zuzuweisen.

Seine Haltung gegenüber dem Pilgrimwerk war eine solche voller Ermutigung für die Pilgrime. Einer seiner größten Dienste für sie war sein Beispiel treuen Dienstes. Dadurch wurden sie auf mannigfache Weise beeinflußt, sogar im Ton und in Gebärden. Unzweifelhaft werden sich die Pilgrime mit Freuden des Gedankens erinnern, daß, sowie sein erstes Erntewerk das eines Pilgrims war, auch seine letzte Erntearbeit das Pilgrimwerk war.

Aber wir brauchen nicht zu denken, daß seine amtliche Beziehung zu den Pilgrimen alles war, was er an Beziehungen zu ihnen hatte. Er war nicht einfach ein Beamter oder jemand, dem niemand nahe kommen konnte. Er war eine sehr liebevolle, rücksichtsvolle Persönlichkeit, die immer zum Vertrauen einlud. Außer seiner amtlichen Beziehung unterhielt er zu den Pilgrimen noch sehr vielfältige persönliche Beziehungen. Vor allem war er zu ihnen wie ein treuer Vater. Da er keine natürlichen Kinder hatte, ward er von dem Herrn dadurch gesegnet, daß er viele geistige Kinder in der Wahrheit zeugen durfte, sowie es auch der Apostel Paulus sagte, daß es auch bei ihm der Fall sei, bei vielen. Bruder Russell führte viele Leute in die Familie Gottes ein, und nicht wenige von den Pilgrimen waren unter diesen. Kürzlich bemerkte ein Pilgrim: "Ich hatte niemals wissentlich einen Vater, bis ich in den Pilgrimdienst eintrat und in direkte Berührung mit Bruder Russell kam."

Er war für die Pilgrime nicht nur ein Vater, sondern auch ein älterer Bruder, der immer bereit war, an ihrer Seite zu stehen. Darum wurde er nicht nur mit den Gefühlen betrachtet, die man für einen Vater hegen sollte. Als älterer Bruder flößte er den Pilgrimen zugleich Vertrauen für ihn und Ehrerbietung vor ihm ein. Er war überdies noch ein treuer Freund.  Er nahm nicht launenhaft heute den einen auf und ließ ihn morgen wieder fallen. Er war seinen Freunden treu mit einer Treue, die sich auf das gute Wort Gottes gründete. Jeder Pilgrim erkannte, daß er auf die Freundschaft dieses geliebten Dieners sich verlassen konnte. Er war ein liebevoller Gefährte.

Vor einiger Zeit sagte uns unser lieber Bruder Sturgeon, wie er seine Kameradschaftlichkeit bis zuletzt zeigte. Er war auch ein außerordentlich mitfühlender Tröster. Jeder, der in Bedrängnis, besonders in geistiger Bedrängnis war und Trost suchte, fand bei ihm ein aufmerksames Ohr, ein mitfühlendes Herz, ein aufmunterndes Wort und einen ermutigenden Gedanken. Er war von Natur sehr mit Mitgefühl begabt, und durch Gnade war dieses höher bei ihm entwickelt als die meisten anderen Eigenschaften von ihm. Dies befähigte ihn dazu, sich in die Gefühle so vieler zu versetzen, wenn diese zu ihm kamen mit den Dingen, die sie so schmerzlich drückten. Das machte ihn zu einem mitfühlenden Tröster.

Überdies war dieser gute Diener Gottes ein immer Gutes wünschender Optimist. Er nahm bei allen das Beste an.  Er traute jedem die besten Absichten zu. Seine Wünsche und Erwartungen gingen dahin, daß diese seine geliebten Mitarbeiter, einen herrlichen Eingang in das gesegnete Königreich haben möchten, in das er, wie wir gewiß sind, eingetreten ist, er, der vom Herrn nicht allein "klug", sondern auch "treu" genannt worden ist. Er war ein aufmunternder Helfer. Nichts machte ihm mehr Freude, als anderen zu helfen. Er dachte und plante fortwährend, wie er durch Rat, Beispiel und Handeln helfen könnte. Jeder Mensch in richtiger Herzensstellung, der mit ihm in Berührung kam, wurde erfrischt und ermutigt. Er dachte immer an andere, nicht an sich selbst. Darum war sein Tod ein so herrlicher. Er hatte gedacht, daß er wahrscheinlich als Märtyrer hinübergehen würde. In vieler Hinsicht war sein Tod herrlicher als der eines Märtyrers, denn er hatte das Vorrecht, daß kein großes Maß von Leben ihm durch Gewalt genommen wurde, sondern daß er jede Unze seiner Kraft im Dienste verbrauchen durfte, denn er starb im Geschirr. Ein solcher Tod war für ihn der beste. Gott wird entscheiden, welche Art des Todes für jeden die beste ist.

[Indem er die sterblichen Reste anredete, sagte der Redner: O Diener des Herrn, im prophetischen Vorbild nannte Gott Dich Eldad, der Geliebte Gottes. Von Gott bist du geliebt worden, während du im Fleische warst, bist es jetzt im Geiste und wirst es in alle Ewigkeit sein. Du bist auch vom Volke Gottes geliebt worden, bist jetzt geliebt und wirst es immer sein. Darum heißen wir Dich Ameldad, Geliebter des Volkes Gottes.]

Wir können nicht mehr länger für unseren lieben Brüder beten, wie wir es jeden Tag getan haben: "Gott segne unseren geliebten Pastor." Aber Geliebte, wir können in bezug auf ihn beten, daß Gott sein Gedächtnis segne. Er braucht unsere Gebete nicht mehr, aber Geliebte, laßt uns da keine leere Stelle in unseren Gebeten haben, wo wir gewöhnt waren, zu beten: "Gott segne unseren geliebten Pastor." Laßt uns anstelle davon beten: "Gott segne das Gedächtnis unseres geliebten Bruders Russell." Wer von uns will sich mit dem Sprechenden in der Entschließung vereinigen, täglich mit Bezug auf ihn zu beten: "Gott segne das Gedächtnis unseres geliebten Bruders." O, möge doch das Israel Gottes täglich beten: "Gott segne sein Gedächtnis!"

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

5.

Gott zuerst, das Ich zuletzt.“
Von G. C. Driscoll, Dayton.

Es konnte mir keine größere Ehre zuteil werden als die, hier zu stehen als der Abgeordnete der Kirche von Dayton, Ohio, die seit vielen Jahren alljährlich unseren lieben Bruder zu ihrem geliebten Hirten gewählt hatte, den wir als einen besonderen Diener Gottes erkannt hatten. Er hat in dieser Zeit ein besonderes Werk getan, und wir lernten sicherlich, ihn zu lieben. Seit Jahren war ich innig mit unserem lieben Pastor verbunden, als sein und der Gesellschaft Vertreter für Veröffentlichungen. Es ist mein Vorrecht gewesen, mit den Zeitungen in verschiedenen Ländern Abmachungen zu treffen wegen der Veröffentlichung seiner Predigten, sowie auch mit Verlegern in der ganzen Welt bezüglich seines persönlichen Werkes zu sprechen, und, liebe Freunde, als einer, der ihn aufs genauste kannte, freut es mich, hier zu sein, um zu sagen, daß er ein tiefgehender, gewissenhafter, aufrichtiger Christ war, dessen höchstes Streben sich darauf richtete, dem Herrn, der Wahrheit und den Brüdern zu dienen.

Ich weiß, daß er oft in ungerechter Weise angegriffen wurde, und es war mein besonderes Vorrecht, oft, zum mindestens seit sieben Jahren, seinen Charakter zu verteidigen. Als seine Predigten zuerst veröffentlicht wurden, verweigerte Bruder Russell die Erlaubnis, sein Bild in Verbindung hiermit zu benützen. Er war in dieser Beziehung sehr bescheiden. Er fühlte, daß er dazu berechtigt war, sein Bild für sich zu behalten, daß es nicht vor der Öffentlichkeit in den Zeitungen dargestellt werden sollte. Aber die Herausgeber der Zeitungen, die froh waren, seine Predigten zu bekommen, konnten nicht unberücksichtigt bleiben, und die Bitte war allgemein, daß ihnen gestattet werden möchte, es in Verbindung mit seinen Predigten zu veröffentlichen. Bruder Russell gab endlich seine Einwilligung, denn er kam zu dem Schluß, daß er durch die Veröffentlichung seines Bildes einen weiteren Leserkreis für seine Botschaft, die Botschaft Gottes, die Botschaft in bezug auf das Königreich gewinnen würde. Aus diesem, und nur aus diesem Grunde gab er seine Einwilligung.

Was das Bild anbelangt, können wir sagen, daß es nie einen Mann seines Alters gegeben hat, der unserem lieben Bruder gleichkam. Er war eine hervorragende Gestalt unter der Menge. Er war einerlei, ob er im Zuge saß, oder in einem Wagen der Straßenbahn fuhr, oder ob er auch der Straße ging, die Menschen blieben stehen und wendeten sich um, um ihn zum zweiten Male anzuschauen. Oft habe ich die Menschen sagen hören, daß er ähnlich aussehe wie der Herr, wenn das je bei einem Menschen der Fall wär. Seine Erscheinung erweiterte seinen Einfluß für die Herrlichkeit Gottes. Wie sein Einfluß wuchs, so wuchs auch seine Anfeindung und man kam dazu, dieses Bild zu hassen, weil er für etwas stand, was ganz verschieden war von dem, was solche Personen taten. Ich erinnere mich, daß ich hörte einen Prediger bemerken, daß er keine Zeitung nehmen könne, um die Neuigkeiten zu lesen, ohne daß ihm Pastor Russell ins Gesicht starrte.

Wenn möglich, mehr als in der Vergangenheit.

Nun, meine Freunde, dies alles war unserem lieben Bruder widerwärtig. Aber die Botschaft vom Königreiche wurde auf diese Weise dem Volke gebracht und er hatte Tag für Tag viele Male Beweise dafür, daß die Menschen einen Segen empfingen. Auf diese Weise erhielt auch er einen Segen, und die Verwendung seines Bildes brachte der Botschaft von der Liebe Gottes in verschiedener Weise weiteren Nutzen.

Jetzt, wo dieses edle Angesicht bald zugedeckt sein wird, um nie mehr gesehen zu werden, können wir vertrauensvoll sagen: "Dieses Sterbliche hat Unsterblichkeit angezogen." Dieser wundervolle Charakter ist gesät worden in Schwachheit, aber wir sind sicher, daß er auferstanden ist in Macht. Er hat uns in vieler Weise gedient. Auch sein Bild hat uns in vieler Weise in der Vergangenheit gedient und ich bin sicher, daß, wenn wir mit arbeiten, wie wir jetzt durch die Gnade des Herrn Gelegenheit haben, es zu tun, wir seine Persönlichkeit und sein Bild möglicherweise mehr als in der Vergangenheit werden gebrauchen können.

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

6.

„Glückselig seid ihr, wenn die Menschen euch schmähen.“
Von Frank W. Manton, Toronto.

Unerwartet habe ich die Ehre, die Herauswahl von Toronto, Ont., diesen Nachmittag hier zu vertreten, indem ich den letzten Tribut der Wertschätzung dem Andenken unseres geliebten Pastors zahle. Dreihundert und mehr Glieder der Herauswahl von Toronto freuen sich heute zusammen mit vielen Freunden in dem Bewußtsein der Tatsache, daß unser Geliebter seinen Lauf siegreich beendet hat.

Aber wir brauchen uns nicht wegen Traurigkeit zu entschuldigen. Wir erinnern euch an unseren Herrn in Bethanien am Grabe des Lazarus. Wir lesen, daß "Jesus weinte."

Unter den bestehenden Umständen werdet ihr eine Bezugnahme auf meine eigene Person entschuldigen. Vor ungefähr neun Jahren wurde ich mit der Wahrheit in Berührung gebracht, und ich nahm sie in dem Grade an, wie es zuerst die meisten von uns taten, zurückhaltend. Ich war darauf vorbereitet, unserem geliebten Pastor bei seinem ersten Besuche in Toronto, nachdem ich mit der Wahrheit in Berührung gekommen war, mit einigem Vorurteil zu begegnen. Wir hatten so viel über "Bruder Russell" gehört, daß wir es zum großen Teil als eine Art Helden-Verehrung betrachtet hatten. Ich empfing ihn mit diesen Gedanken vor Augen.

Da ich eingeladen war, mit ihm im Hotel mit anderen Freunden zu speisen, war ich achtsam, um, wenn möglich, einen Fehler zu finden. Aber ich erkannte, daß ich nie einem so absolut vorwurfsfreien Charakter begegnet war.

Unmittelbar nach dem Mittagessen versuchte ich, da ich die Wagen nach der öffentlichen Versammlung zu nehmen hatte, seine Handtasche zu tragen, aber er war zu schnell für mich. Ehe der Tag vergangen war, war mein Vorurteil zerschmolzen wie der Rauhreif vor der Morgensonne.

Ein anderes Ereignis, welches Eindruck auf mich machte, geschah vor einigen Jahren. Als ich eines Tages an meinem Pult saß, empfing ich folgendes Telegramm: "Willst du bei einer Versammlung in Ottawa als Leiter dienen?" Ich dachte: "Jetzt habe ich ihn in einem Fehler gefunden! Er hat mich niemals öffentlich sprechen hören, weil ich niemals versucht habe, es zu tun." Ich zögerte mehrere Tage, ehe ich das Telegramm beantwortete, und ich beriet mich in der Zwischenzeit mit meiner Frau.

Ich überwand mein Zögern und telegrafierte zurück: "Ja." Nachdem das Telegramm abgegangen und das Ende der Woche herbeigekommen war, und da es für mich Zeit wurde, zu gehen, machte mich meine Frau darauf aufmerksam, daß ein Etwas im Telegramm Bruder Russells war, das ich übersehen hatte. Ich versuchte, diese Tatsache nicht zu beachten, aber nach dem Vortrage in Ottawa zeigte es sich, was es war. Unser geliebter Pastor verabschiedete sich mit einer Verbeugung von den Zuhörern, hob seine Hände auf und sagte: "Mr. F. W. Manton aus Toronto wird am nächsten Sonntag nachmittag hier im Familien-Theater einen Vortrag halten."

Liebe Freunde, ich war kein Ältester, ich hatte niemals öffentlich gesprochen, und ich dachte: "Nun habe ich ihn, er hat wieder einen Fehler gemacht!" Ich kämpfte während der folgenden Woche mit meinen Gefühlen, kämpfte mich beinahe aus der Wahrheit hinaus. Liebe Freunde, ich bin sicher, in den Augen des Herrn machte er keinen Fehler. Ich bemühe mich, mein Bestes zu tun in seinem Dienste, und wenn es dank der scharfen Einsicht unseres lieben Pastors nicht so gekommen wäre, so könnte es sein, daß ich niemals dieses Vorrecht gehabt hätte.

Den dritten und lebhaftesten Eindruck durch unseren Pastor erhielt ich erst vor kurzem. Ohne Zweifel hat es bei euch allen Unwillen erregt, als Ihr gehört habt, daß die Tore Kanadas unrechtmäßiger Weise unserem lieben Pastor verschlossen wurden. Ich hatte die Ehre, im Toronto Union-Depot bei ihm zu stehen, als er die Nachricht bekam, daß es ihm nicht erlaubt sei, fernerhin bei öffentlichen Versammlungen Ansprachen zu halten.

Die gerechte Entrüstung derer, die anwesend waren, wurde erregt. Wir wünschten, anzufragen, mit welchem Recht die Obrigkeit einen christlichen Herrn ausschlösse, der in keiner Weise weder sich noch seiner Sache Unehre gemacht hatte, und der jedes Recht zum Sprechen hatte. Er sagte nur: "Ich will nicht dahin gehen, wo ich nicht gewünscht werde. Wenn sie mich haben wollen, werde ich kommen." In seinen Worten lag nicht der leiseste Ton von Empfindlichkeit. Sein Beispiel war uns ein Vorwurf wegen unseres Grolles. Wir waren versucht worden, die Lebensrechte wiederzufordern, die wir als Opfer niedergelegt hatten; wir waren ja keine Bürger dieses Landes, sondern des himmlischen!

Besonders möchte ich noch jetzt die Aufmerksamkeit der Ältesten der verschiedenen Versammlungen auf das schöne Bild lenken "Schafe im Sturm." Wie drängen sie sich zusammen, Kopf gegen Kopf, wegen Sicherheit und Schutz. Laßt und das im Geiste behalten. Es war der erste Gedanke, der mir kam, als ich völlig erkannte, daß unser geliebter Bruder hinter den Vorhang gegangen war. Der nächste Gedanke war Freude, die aus der Gewißheit entsprang, daß er nun ein Teil des Leibes des Christus ist, der bald verherrlicht sein wird, und daß er außerhalb des Bereiches seiner Feinde ist.

"Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und jedes böse Wort lügnerisch wider euch reden werden um meinetwillen. Freuet euch und frohlocket, denn euer Lohn ist groß in den Himmeln."

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

7.

Trauer und Freude gemischt.
Von J. P. D. Pyles. Washington, D. C.

In der Stadt Washington, woher ich komme, gibt es heute viele traurige Herzen wegen des Verlustes, den wir durch den Tod unseres geliebten Pastors erlitten haben. Nicht allein mehrere hundert Bibelforscher, die fleißig die Heilige Schrift durchforschen mit Hilfe seiner Schriften, sondern auch viele tausend andere, die die Größe seines Charakters erkennen, mischen ihre Tränen zusammen. Trauer und Freude sind vermischt, denn wir sind eingedenk, daß er seinen Lauf vollendet hat, daß er treu war und deshalb den verheißenen Lohn empfangen hat.

Ich habe Bruder Russell seit zwanzig Jahren aufs genauste gekannt. Er ist in meinem Hause oft Gast gewesen, und auch ich war ein Gast in seinem Heim. Ich hatte das Vorrecht, mit ihm vier Monate lang verbunden zu sein während einer Reise um die Welt; ich lebte mit ihm Tag und Nacht unter verschiedenen Umständen; er war ein Edelmann, nein mehr als das, ein Christ, ein hochentwickelter Christ, in der Tat der höchst entwickelte Christ, den ich je gekannt habe, ein edler Vertreter unseres Herrn. Ich liebte ihn im Leben, ich verehre ihn jetzt im Tode und zahle seinem Andenken meinen Tribut.

Seine Schriftstudien werden auch fernerhin Licht auf die Bibel werfen. Die vereinigten Bibelforscher auf der ganzen Erde werden auch weiterhin wie bisher nach Brooklyn sehen, und sie werden unserem Herrn dankbar sein für die weisen Vorkehrungen, die unser geliebter Pastor getroffen hat für den Fortgang des Werkes. Vertrauen und Treue werden von allen wahren Kindern Gottes geoffenbart werden, denn die Wahrheit ist heute noch ebenso kostbar für uns, wie sie es immer war. Sie kam von unserem himmlischen Vater durch unseren Herrn Jesum und sie wurde uns verständlich gemacht durch seinen Diener, unseren lieben Bruder Russell, den wir alle in Liebe hochschätzen um seines Werkes willen.

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

8.

Obgleich er gestorben ist, redet er noch.
Von C. A. Wise, Indianapolis.

Wir übermitteln euch bei dieser bedeutungsvollen Gelegenheit die Liebe und das Mitgefühl der Kirche von Indianapolis. Viele von ihr haben unseren geliebten Pastor gekannt und geliebt und sind in den vergangenen Jahren ihm treu gewesen, ihrem Lehrer und Freund. Jetzt, wo er hinweggenommen worden ist, haben wir beschlossen, Schulter an Schulter zu stehen und das Banner unseres Königs hochzuhalten, den unser Pastor so innig liebte.

Vor fünfundzwanzig Jahren hatte ich das Vorrecht, zum ersten Male mit den wenigen Bibelforschern zusammenzutreffen, die sich alljährlich in Allegheny um die Zeit der Gedächtnisfeier versammelten. Dort in dem Heim unseres Bruders hatten wir das Vorrecht, ihm zu begegnen, ihm, der jetzt sein Leben geopfert hat für die Wahrheit, die er so innig liebte.

Im Verlauf der Jahre wurden wir enger mit ihm verbunden, und da wir in ihm diesen wundervollen christusähnlichen Charakter erkennen konnten, der für so viele eine Quelle großen Segens gewesen ist, wuchs auch unsere Liebe und Wertschätzung für ihn. Wir haben uns nie in ihm getäuscht.

Als unsere Studien im Worte Gottes Fortschritte machten, stiegen auch verwirrende Fragen in uns auf. Wir hatten das Vorrecht, sie vor ihn zu bringen, und gleich den Jüngern der alten Zeit brannten unsere Herzen in uns, wenn wir seiner klaren und schönen Auslegung des Wortes Gottes zuhörten. Wir hörten, daß wir zu den Füßen eines Mannes Gottes saßen, der zugleich der größte Bibel-Gelehrte seit den Tagen der Apostel war.

Seine gütigen, liebevollen Worte und edlen Taten werden weiter leben, und "obgleich er gestorben ist, redet er noch."

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

9.

Wir müssen treulich mitarbeiten.
Von Dr. L. W. Jones, Chicago.

Keine größere Ehre hätte mir zuteil werden können als die, augenblicklich hier zu sein, um einige wenige Worte des Gedenkens an unseren lieben Bruder Russell zu sprechen. Meine Verbindung mit ihm ist vielleicht in mancher Beziehung verschieden gewesen von der eines jeden anderen, denn ich bin während einer sehr langen Zeit eng mit ihm verbunden gewesen. Viele Male habe ich auf der Rednerbühne gestanden und habe ihn bei den Zuhörern eingeführt, sowohl in diesem Lande als auch auswärts. Ich freue mich, daß ich in dieser Zeit hier sein darf, um einige Worte zu sagen.

Seit zehn Jahren hat mich meine Arbeit in Verbindung mit den Berichten über die Hauptversammlungen in enge Berührung mit Bruder Russell und dem Werke der Gesellschaft im allgemeinen gebracht. Wir haben uns in dieser Sache gründlich verstanden. Außerdem bin ich auf verschiedenen Reisen als sein Sekretär weit mit ihm gereist, besonders bei der Weltreise im Jahre 1912, wo wir beinahe vier Monate lang eng vereint gewesen sind. Oftmals besprach Bruder Russell mit mir seine geschäftlichen und privaten Angelegenheiten, sowie auch das jetzt unter seinen Händen vor sich gehende Werk, und ich habe das Verlangen, zu sagen, daß es sein einziges Bestreben war, zu suchen, den Willen Gottes zu tun, und in allem erkannte er, daß das Werk, das er tat, nicht sein Werk war, sondern dasjenige Jehovas.

Als die Freunde in Chicago durch die Zeitungsberichte die Nachricht von Bruder Russells Tod erfuhren, konnten sie ihren Ohren und Augen nicht glauben und riefen mich sofort an, um die Wahrheit der Nachricht zu bestätigen. So bald wir ihnen sagten: "Ja, es ist wahr", sagten sie: "Bruder, jetzt müssen wir fest zusammenhalten. Wir müssen unsere Schultern an das Rad stemmen. Wir müssen treulich mitarbeiten." Es hat mir sehr gut getan, den Glauben der Brüder zu sehen und zu wissen, daß sie treu zur Wahrheit stehen würden. Darum spreche ich jetzt nicht nur die Gefühle der Herauswahl von Chicago aus, sondern auch diejenigen der Klassen in der Umgebung von Chicago, es sind zwölf bis fünfzehn. Ihr Entschluß ist, ergeben und treu zur neuen Organisation zu stehen und auf jede nur mögliche Weise mit ihr zusammenzuwirken. Sie erkennen, daß unser lieber Pastor uns die Heilige Schrift geöffnet hat und sie so verständlich gemacht hat, daß alles, was nötig ist, um unsere Berufung und Erwählung festzumachen, den Treuen und Gläubigen vorgelegt worden ist, damit wir streben mögen nach der herrlichen Vollendung, sogar bis in den Tod, wie er es getan hat. Es ist unser Entschluß, noch treuer und noch glaubensvoller zu sein, damit wir dieses herrliche Evangelium, "die frohe Botschaft großer Freude" verbreiten möchten in diesem Erntewerk, das er so groß angefangen hat und so treu weiterführte, bis der große Gott, dem er diente, sagte: "Genug, steige höher hinauf."   

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

10.

Er ließ das Vorratshaus gefüllt.
Von Ingram Margeson, Boston.

Die Bostoner Klasse der Bibelforscher war sehr erschrocken, als die telegraphische Nachricht ankam, die uns den Tod oder den Heimgang unseres geliebten Pastors mitteilte. Wir empfanden tiefe Traurigkeit und Einsamkeit, doch frohlockten unsere Herzen in der Gewißheit, daß unser geliebter Bruder verwandelt worden ist von der menschlichen zur göttlichen Natur und daß ihm das gesegnete Vorrecht zuteil geworden ist, einzugehen in die Gegenwart des Königs aller Könige, ja in den Himmel selbst. Ja, wie gesegnet! Er ist gegangen, um für immer bei dem Herrn zu sein. Wir empfinden stark unseren Verlust. Er, den Gott nach seinem Wohlgefallen als unseren Lichtbringer und Tröster gebraucht hat, kann nicht länger mehr persönliche Worte des Trostes und Rates geben. Doch ist durch die göttliche Vorsehung uns so vieles zuteil geworden; wir fühlen, er hat das Vorratshaus mit Speise gefüllt gelassen, und es ist unser Wunsch, an dieser Vorkehrung teilzunehmen, indem wir unser Teil tun, die Evangeliumsbotschaft zu verkündigen, die eine Botschaft großer Freude ist, und die, Gott  sein Dank, zur bestimmten Zeit allen Menschen bekannt werden soll.

Eine besondere Versammlung der Bostoner Kirche wurde fast augenblicklich berufen, und es kamen schnell vier- bis fünfhundert zusammen. Einmütige Beschlüsse wurden gefaßt, die unsere aufrichtige christliche Liebe und unser Mitgefühl ausdrückten für alle in der ganzen Welt, die durch seinen Tod berührt sind, und in besonderer Weise für die liebe Bethelfamilie und Tabernacle-Arbeiter.  Alle wurden Gott befohlen, seiner besonderen Fürsorge und seinem Segen. Die Worte des Apostels trösten uns: "Mein Gott aber wird alle eure Notdurft erfüllen nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christo Jesu."

Als ein persönliches Zeugnis möchte ich feststellen, daß es mein Vorrecht gewesen ist, mit unserem lieben Bruder Russell seinerzeit Tage, Wochen und Monate lang zu reisen, sowohl in Amerika, als auch während seiner Reise um die Welt. Mein größter Eindruck war der, wie fest er in allen Dingen auf den Herrn vertraute: Ob er im Zuge war, auf dem Dampfer oder im Hotel, ehe er sein Tagewerk begann, kniete er nieder und erbat Gottes Segen und Hilfe. Wir werden niemals seine endlose, unermüdliche Liebe für die ganze Kirche vergessen. Er versuchte stets, sie zu erleuchten und zu trösten, ja, er legte sein Leben nieder für die Brüder, als sein Leib durch Schmerzen angegriffen und geschwächt wurde. Er murrte und klagte nie, sondern sagte: "Wir haben es so viel leichter, als es die Apostel und unser lieber Herr gehabt haben." Welch ein Beispiel hat er uns hinterlassen! Wahrlich, er hat die Krone des Sieges erworben.

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

11.

Die Gedanken von Millionen gebildet.
Von A. I. Ritchie, New York.

Unser Pastor war der Bethel-Familie sehr teuer. Er war ein liebevolles und doch gerechtes Oberhaupt des Heims, und alle Familienglieder fanden bereitwilligst Zutritt bei ihm in allen ihren Angelegenheiten und Kümmernissen. Es war interessant, zu beobachten, wie fast alle von diesen Unterredungen lächelnd hinweggingen, als ob alle ihre Schwierigkeiten geklärt worden wären. Er schien fast aus unmittelbarer Erkenntnis zu verstehen, war stets mitfühlend und zart, sogar dann, wenn er selbst große Schmerzen litt.

Als ich im Jahre 1888 seinen "Göttlichen Plan der Zeitalter" las, wurde mir auf alle meine Fragen eine Antwort [gegeben], und als ich fortfuhr zu lesen, wuchs meine Liebe und meine Bewunderung für ihn, obgleich ich ihm nie begegnete bis zum Jahre 1905. Meine späteren Jahre des engen Verbundenseins mit ihm waren eine stete Quelle der Anregung für mich. Je besser ich ihn kennen lernte, desto mehr liebte ich ihn. Er war der beste Mensch, den ich je gesehen habe; ich erwarte nicht, je einen ihm gleichen zu sehen. Es ist keiner ihm gleich.

Er trat so vollständig in unser Leben ein, daß die Gefahr bestehen könnte, an ihn als besonders zur Bethel-Familie gehörig zu denken, oder zur Herauswahl von New York, oder wenigstens zu den Bibelforschern von Amerika, aber er war dieses allein; er wurde von Bibelforschern und Wahrheitssuchern in der ganzen Welt geliebt und geschätzt. Er wurde auch von frommen Juden in fast allen Teilen der Welt geliebt und geschätzt, und er trug viel dazu bei, ihren Glauben an ihre Verheißungen der Bibel zu beleben.

Außerdem bin ich überzeugt, daß er mehr tat, die öffentliche Meinung zu bilden, besonders in der religiösen Welt, als es alle in der gleichen Zeit lebenden Religionslehrer getan haben. Sehr wenige nur glauben jetzt noch an die Lehre von der ewigen Qual, dank seinen Bemühungen. Er brachte auch viele andere religiöse Wahrheiten ans Licht.

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

12.

Die Augen unseres Verständnisses geöffnet.
Von Bruder C. J. Woodworth, Scranton.

Unser teurer Erlöser lehrte uns: "Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Worte Gottes." Die Worte, die unser Erlöser selbst gesprochen hat, waren unserem Bruder besonders kostbar, so daß das leiseste Wort oder die geringste Handlung unseres Herrn Bände zu ihm sprach. Einen kleinen Punkt erklärte er in bezug auf den Mann, dessen Augen der Herr auftat. Der Herr spie auf die Erde, und aus dem Lehm und seinem Speichel bereitete er eine Salbe, mit der er die Augen des blinden Mannes salbte. Dann wusch sich der Mann im Teiche Siloa und kehrte sehend zurück.

Bruder Russell lenkt unsere Aufmerksamkeit darauf, daß dieses illustriert, wie der Geist des Herrn aus seinem Munde hervorgeht, herunter kommt und sich mit dem Lehm der Erde mischt, und daß dieser Ton, wenn er bildsam genug ist, angewendet werden kann, um die geistigen Augen derer zu öffnen, die blind geboren waren. Und so ist es auch heute in der ganzen Welt. Während der endlosen Zeitalter der Ewigkeit können Männer und Frauen frohlocken, daß Jesus, unser Erretter und Erlöser, diesen Ton gebrauchte, den wir jetzt vor uns sehen, indem wir aus dem Königreiche der Finsternis hineingeführt werden in das Königreich von Gottes geliebtem Sohne. Preis sei seinem Namen für den Segen, den er uns durch unseren geliebten Pastor gegeben hat!

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

13.

Er stellte das Edelste, Heiligste, Beste dar.
Von D. Kihlgren, Mass.

Die Herauswahl von Springfield, Easthampton und Holyoke, Mass., wünschen, daß ich Euch ihre tiefgefühlte Sympathie und christliche Liebe ausdrücke.

Der Tod unseres geliebten Pastors hat in unseren Herzen alles Edelste, Beste und Heiligste aufgeweckt. Wir freuen uns ohne Selbstsucht, daß seine Mühen vorbei sind, und daß er eingegangen ist zu seiner Ruhe und Belohnung. Wir trauern, denn wir empfinden tief den Verlust seiner treuen Dienste. Wir fühlen einer des anderen Verlust mit, und besonders mit denjenigen, die ihm bei seinen Arbeiten die nächsten waren. Wir fühlen vermehrtes Interesse für den Fortgang des Werkes, bei dessen Hinausführung er das Werkzeug Gottes gewesen ist. Wir sind entschlossen, daß durch die Gnade Gottes das Leben und die Lehren unseres geliebten Bruders uns zu größerer Treue anregen sollen.

Es war mein Vorrecht, unseren lieben Pastor seit zwanzig Jahren zu kennen, und sein persönliches Beispiel wirkte vielleicht noch anregender als seine Lehren. Er war nie unruhig, war nie ungeduldig. Der Friede seines Gemütes war wunderbar.

Unser lieber Pastor hatte ein reines, persönliches Interesse an allen vom Volke des Herrn. Er freute sich ihrer Fortschritte und bewahrte ihre interessanten Erfahrungen in seinem wunderbaren Gedächtnis. Eine Illustration hiervon ist folgendes: Auf dem Nachhausewege von einer Tagesversammlung fragte er einen von uns: "Lebt der alte Bruder K.... noch?" "Ja." "Sei so gut, ihm meine christlichen Grüße zu überbringen, und sage ihm, daß ich mich an das Zeugnis erinnere, das er vor etwas mehr als zwanzig Jahren in Allegheny ablegte."

Brüder, unser geliebter Bruder hat uns ein edles Beispiel hinterlassen. Sollen wir nicht ihm folgen, wie er Christo gefolgt ist? Sollen wir nicht unser Leben niederlegen für die Brüder, so wie er es getan hat? Durch Gottes Gnade wollen wie es tun! Möge unser Ende sein wie das seinige!

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

14.

Tägliches Erneuern der Weihung.
Von Dr. E. A. Mccosh, Detroit.

Ich halte es für eine Ehre, bei dieser Gelegenheit hier zu sein. Ich möchte Euch von der Herauswahl in Detroit Grüße überbringen und ihren Wunsch aussprechen, Euch wissen zu lassen, daß sie dem Andenken unseres lieben Pastors treu sein werden.

Es war mein Vorrecht, unseren lieben Bruder persönlich zu kennen, und ich möchte in bezug auf ihn eine Sache darlegen, die möglicherweise nicht alle kennen. Seit Jahren litt er an einem merkwürdigen Leiden, das ihn zeitweise sehr, sehr schwach machte, und er konnte vor Schmerzen kaum in seinen Reden fortfahren. Wir können den wunderbaren Charakter unseres geliebten Pastors noch besser wertschätzen, wenn wir wissen, daß er gewöhnlich Schmerzen und Weh hatte. Ich schrieb ihm einmal eine Medizin auf. Als ich ihn aber zwei Jahre später fragte, ob er die Medizin genommen habe, bemerkte er: "Bruder, ich habe keine Zeit gehabt."

Da unser geliebter, jetzt verherrlichter Pastor uns ein solches Beispiel der Heiterkeit und des langen Leidens gegeben hat, so kommt es uns zu, ihm treu in seinen Fußstapfen zu folgen. Die von der Klasse in Detroit in der Zeugnis-Versammlung am Mittwoch ausgedrückte Absicht ist die einer täglichen Erneuerung unserer Weihung, und wir beschlossen, uns täglich aufs neue der Sache zu weihen, für welche unser liebender Pastor so treu sein Leben niedergelegt hat.

Wir möchten diejenigen, die der Pastor mit der Aufgabe der Verwaltung der Geschäfte der Gesellschaft betraut hat, unserer Treue versichern, und ihnen von unserem Entschlusse mitteilen, zu allen Zeiten gute Streiter Jesu Christi zu sein. Wenn eine Stelle in den Reihen leer wird, so laßt und um so fester zusammenstehen. Schulter an Schulter, und sie so gut wie möglich schließen. Laßt und unseren Charakter kristallisieren, so daß wir imstande sein mögen, alle Dinge zu ertragen, denn Gott wird machen, daß der Zorn des Menschen ihn preist, und er will und für unsere Gemeinschaft mit ihm vorbereiten mittelst Schmach und Verfolgung, die wahrscheinlich unser warten.

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

15.

Begraben unserer Trauer im Dienst
Von C. B. Shull, Columbus.

Als Vertreter der Herauswahl von Columbus, Ohio, überbringe ich Euch deren innigste christliche Liebe und den Ausdruck gemeinsamer Freude und Trauer. Wir freuen uns, wenn wir an das erhabene Glück denken, das unser geliebter Pastor jetzt in seiner ganzen Fülle empfindet, weil er treu war bis in den Tod, und wir sind entschlossen, durch die Gnade Gottes unsere Trauer im Dienste derjenigen zu begraben, die noch hungern und dürsten nach Seiner wahren Botschaft.

Ich fühle, dass ich dem Gefühl der Klasse von Columbus Ausdruck verleihe, wenn ich Euch versichere, daß wir entschlossen sind, mit der göttlichen Hilfe das Werk weiterzuführen, das uns unser geliebter Pastor hinterlassen hat, und wir wünschen im vollsten Umfang mit dem Hauptquartier mitzuwirken in dem weiteren Schlagen des Jordans.

Wie werde ich mich freuen, den lieben Freunden zu Hause von der wunderbaren Offenbarung des Geistes Christi zu erzählen, deren Zeuge ich hier gewesen bin. Wie gut habt Ihr alle Eure Lektionen gelernt in dieser wunderbarsten Schule in der Welt, mit einem wahren, königlichen Priester als Lehrer.

Welch ein Ebenbild unseres Herrn Jesu Christi hatten wir in unserem geliebten Pastor. Aber Gott hat ihn heimberufen, und es bleibt nun uns überlassen, dem Herrn zu zeigen, wie gut wir unsere Lektionen gelernt haben.

Bei einer Gelegenheit erzählte mir unser geliebter Pastor von der Ordnung und dem System in Bethel. Er sagte: "Geschäftsleute freuten sich, Gehilfen anzustellen, die in meinem Geschäft Jahre vorher ihre Ausbildung erhalten hatten, und ich frage mich jetzt: Werden andere unsere Hilfe erbitten wegen der wunderbaren Vorzüge in dieser Ausbildungsschule?"

Möge Gott uns helfen, dem Ruf mit ganzem Herzen zu antworten und treu zu sein bis in den Tod!

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

16.

Wir frohlocken über den Sieg unseres Pastors.
Von E. W. V. Kuehn, Toledo.

Ich erachte es als ein Vorrecht und eine Ehre, bei dieser Gelegenheit einen Tribut der Liebe und Achtung dem Andenken unseres heimgegangenen Bruders und Pastors zu zahlen. Er war der größte, edelste Charakter unserer Zeit, dessen Leben für uns ein Ansporn war und es immer bleiben wird, um ihm zu folgen, so wie er Christo nachgefolgt ist.

Ich hatte den Vorzug, ihn seit siebenundzwanzig Jahren zu kennen und zu verstehen, und zwar seit den letzten Jahren stand ich ihm sehr nahe, und ich liebte ihn und schätzte ihn wegen seiner edlen, christlichen Eigenschaften.

Gleichwie bei dem Apostel Paulus muß auch das Niederlegen seines Lebens im Dienste des Herrn einen reichen Wohlgeruch haben aufsteigen lassen, und sein Opfer hatte einen süßen Geruch vor Gott.

Er war vom Herrn auserwählt, um dem Haushalte des Glaubens die Speise zu geben "zu rechter Zeit" (Matthäus 24, 45) und er wird an einer anderen Stelle (Hesekiel 9, 2.11) beschrieben als "der Mann in Linnen gekleidet, mit einem Schreibzeug an seiner Hüfte." Er hat getan, was ihm zu tun geboten war; er hat das Werk beendet, das ihm aufgetragen war. Er hat seinen Lohn empfangen. Er hinterließ uns, den Zurückbleibenden, ein edles Vermächtnis, das Vorrecht, das Werk der Gesellschaft fortzusetzen.

In Verbindung hiermit spreche ich die Gefühle der Klasse von Toledo, Ohio, aus, wie sie in einem Telegramm vom 1. November an die Gesellschaft wie folgt zum Ausdruck kommen: "Grüße! Biblischer Trost; Sympathie. Wir liebten unseren teuren Pastor und empfinden tief unseren Verlust; aber wir erkennen, daß unser Vater alle Dinge wohl tut. Wir frohlocken über den Sieg unseres lieben Pastors. Seine treue Ergebenheit ist ein Ansporn, und wir sind entschlossen, mit erneuter Energie mit Euch zu wirken im Werke des Königreiches."

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

17.

Rede bei der Feier am Abend.
Von J. F. Rutherford

Charles Taze Russell war Gott treu, er war Christo Jesu treu und treu der Sache des Messianischen Königreiches. Er war treu bis ins Innerste, ja treu bis in den Tod. Gott hat in seinem Wort erklärt, daß liebende Hingabe an ihn den Preis größten Reichtums hat. Pastor Russell hat seinen großen Lohn empfangen. Es ist etwas Wunderbares, die Billigung Gottes, des großen und allmächtigen Schöpfers des Universums, des Allweisen, Allmächtigen und Alliebenden zu empfangen. In seinem Buch, der Bibel, hat Gott einige Menschen sehr günstig erwähnt, und in jedem Falle geschah diese günstige Erwähnung wegen ihrer liebenden Treue gegen ihn und seine Sache der Gerechtigkeit. Wenn Gottes Bericht hinsichtlich der Kirche vollständig geschrieben sein wird, so werden die Menschen finden, daß Charles Taze Russell nicht allein von Gott günstig erwähnt sein wird, sondern daß er in Zion geboren ist, daß er ein Glied der Königlichen Familie im Himmel ist (Psalm 87, 6). Der Psalmist hat uns versichert, daß dies im besonderen wahr ist von denjenigen, die treu sind bis in den Tod. Welch wunderbares Vorrecht wird es für die Welt bedeuten, die rechte Wahrheit zu haben hinsichtlich der Märtyrer um der Sache der Gerechtigkeit willen.

Wir, die wir in nähere Berührung mit Bruder Russell gekommen sind und ihn so gekannt haben, wie er gewesen ist, haben vom Herrn das Vorrecht bekommen, diese Dinge zu wissen, ehe die Welt sie weiß. Unser Los, so von Gott begnadigt zu sein, macht uns glücklich.

Das Leben von großen Männern steht wie ein Denkmal auf der Erde. Stillschweigend winkt es denen zu, die vorübereilen in dem wahnsinnigen Drang der menschlichen Geschäfte und sagt: "Stehe still und lerne Weisheit."

Der größte Mann seit dem Apostel Paulus ist von der Erde fortgegangen. Wir sind zusammengekommen an diesem Abend abseits des geschäftigen Treibens dieser großen Stadt, um dem Gedächtnis Pastor Russells unseren Tribut zu zahlen. Laßt uns mit Ruhe und Nüchternheit untersuchen, warum dieser Mann groß war, und warum wir mit solcher Gewissheit sagen, daß er das Wohlgefallen Gottes hatte.

Gottes Gesetze sind fest und unwandelbar. Zu allen seinen denkenden Geschöpfen sagt er: "Gehorche meinen Gesetzen und empfange mein Wohlgefallen und meinen Segen. Wenn du einen anderen Weg einschlägst, wirst du meinen Segen nicht erhalten." Pastor Russell wandelte mit Gott, in Harmonie mit seinem Gesetz.

Pastor Russells Forschen nach Wahrheit.

Vor nahezu 65 Jahren wurde in Allegheny in Pennsylvanien ein Kind geboren. Seine Eltern tauften es Charles Taze Russell. Seine Eltern liebten Gott und suchten ihm zu gehorchen. Der elterliche Einfluß war für Charles gut. Sie pflegten den kleinen Zweig, und er wuchs in der Richtung des Herrn. Früh wurde er ein Christ.

Aber gleich anderen guten, ehrlichen, gewissenhaften, christlichen Männern und Frauen waren seinen Eltern die von Menschen gemachten Glaubensbekenntnisse der Namenkirche gelehrt worden. Dem jungen Charles wurde gelehrt, daß Gott groß und gut sei, daß er aber alle Menschen von Natur unsterblich gemacht habe, und daß er einen See von Feuer und Schwefel vorgesehen habe, in dem er alle ewig quälen wolle, ausgenommen einige wenige, die er zur Errettung vorher bestimmt habe. Das ehrliche Herz des Knaben empörte sich gegen so etwas Schreckliches, und er sagte: "Ich kann es nicht glauben, daß das ein weiser und gerechter Gott ist, der so etwas einem armen, unglücklichen Wesen antun kann." Daraufhin sagte er sich von der Religion der Glaubensbekenntnisse los, aber während er andere Religionen untersuchte, kehrte sein Geist immer wieder fragend zu Gott zurück. Dann sagte er: "Ich will die Bibel studieren und sehen, ob sie wirklich lehrt, daß Gott eine solche Einrichtung getroffen hat."

Seinem angeborenen Charakter treu, suchte er aufrichtig und gebetsvoll in der Heiligen Schrift. Zu seinem Erstaunen und zu seiner Freude fand er, daß die Bibel Gottes großes Wort der Wahrheit ist, daß Gott einen großen Erlösungsplan hat, der von ihm schon vor Grundlegung der Welt vorgesehen worden ist, und der schließlich die Segnung der ganzen Menschheit zur Folge haben wird. Aus der Bibel lernte er, daß Gott den Vater des Menschengeschlechtes, Adam, den ersten Menschen erschuf, der ein vollkommenes Wesen war, daß er ihm ein vollkommenes Weib gab, ihn in ein vollkommenes Heim, in vollkommene Zustände setzte, und daß er ihm sagte, daß es ihm durch Gehorsam gegen das göttliche Gesetz möglich sein würde, diesen Zustand der Vollkommenheit zu erhalten. Adam übertrat jedoch das Gesetz Gottes und wurde zum Tode verurteilt. Er wurde dann aus seinem Heim auf die unvollendete Erde vertrieben. Gott gestatte ihm, noch 930 Jahre zu leben, nachdem er zum Tode verurteilt worden war. Während Adam unter diesem Urteil stand, übte er zum ersten male seine Macht und sein Recht aus, Kinder zu zeugen. Durch das Gesetz der Vererbung wurden alle seine Kinder in Sünden geboren und in Ungerechtigkeit empfangen, und deshalb sind alle unter die Wirkung der gerechten Strafe gekommen, die über ihren Vater verhängt worden war. Durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen und durch die Sünde der Tod, und also ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben. Schließlich würde das ganze Menschengeschlecht von der Erde vertilgt werden, (Tod bedeutet Vernichtung). Der Mensch ist eine Seele, aber er besitzt keine Seele. Die Seele besteht aus dem Leibe und dem Odem des Lebens, dem Lebensprinzip. Wenn diese getrennt sind, ist die Seele tot.

Sein Suchen belohnt.

Dann lernte er, daß Gott in liebevoller Weise einen Erlösungsplan vorgesehen hat, um den Menschen von seinem Todeszustande zu erretten, daß Gott die Welt so sehr liebte, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, daß jeder, der an ihn glauben würde, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. Er erkannte, daß Jesus eine vormenschliche Existenz als Geistwesen hatte, daß er ein Mensch ward und zum Mannesalter heranwuchs, damit er durch die Gnade Gottes sein eigenes vollkommenes Leben dahingebe, wodurch der Kaufpreis für die Erlösung Adams und seines ganzen Geschlechtes vorgesehen werden würde. Jesus starb am Kreuze und sah diesen Preis vor. Er stand von den Toten auf, indem er nicht länger ein Mensch war, sondern jetzt die göttliche Natur besaß. Er fuhr auf in den Himmel, um dort das Verdienst seines menschlichen Opfers nach dem Willen Gottes für die Segnung der Menschheit anzuwenden.

Weiter lernte er aus der Heiligen Schrift, daß der Herr Jesus wiederkommen würde, um ein Königreich aufzurichten zur Segnung der Menschheit, und daß in der Zwischenzeit zwischen seiner Auferstehung und seinem zweiten Kommen Gott eine Erwählung gemacht hat und noch macht, zu dem Zwecke, unter den Menschen diejenigen herauszuwählen, die mit Christo Jesu vereinigt werden sollen als Glieder der Königlichen Familie. Diese sollen zusammen mit ihrem Haupte und Herrn das Werkzeug sein, durch welches Jehova die Menschheit segnen will mit den Vorrechten des Lebens, der Gesundheit und des Glücks. Er lernte, daß die Bedingungen für diese Erwählung die sind, daß jeder, der um einen solchen Preis zu laufen wünscht, an den Herrn Jesum Christum glauben und sein Leben, sein Alles dem Dienste des Herrn weihen muß, daß diejenigen, die sich als glaubensvoll, wahrhaftig und treu bis in den Tod erweisen würden, teilhaben sollten an der Ersten oder Haupt-Auferstehung, daß sie zu Königen und Priestern Gottes und des Christus gemacht werden sollten, und daß sie mit Christo herrschen sollten zur Segnung der Menschen.

Diese wunderbare Geschichte von der Liebe Gottes bewegte das Herz des jungen Charles Taze Russell. Er weihte sodann freudig sein Alles dem Dienste des Herrn und verblieb treu in diesem Dienste bin in den Tod.

Charles Taze Russell liebte seine Menschen. Als er die großen in der Bibel enthaltenen Wahrheiten erkannte, sagte er: "Ich musß das meinen Mitgeschöpfen predigen; ich muß meine ganze Kraft anwenden, um die Menschen aus der Finsternis zu führen, damit sie die Liebe Gottes sehen mögen." Mit Eifer erklärte er: "Wenn die Bibel lehren würde, daß ewige Qual das Los aller ist, ausgenommen die Heiligen, dann müßte das gepredigt, ja von den Spitzen der Häuser gedonnert werden, wöchentlich, täglich, stündlich; wenn sie das aber nicht lehrt, so müßte das bekannt gemacht werden, und der schimpfliche Flecken, der Gottes heiligen Namen entehrt, hinweggetan werden."

Ausgestattet mit guter Gesundheit, einem fruchtbaren Gehirn und einem mutigen Herzen, völlig den Herrn ergeben, weihte er und verwendete er alle seine Kraft, um die Menschen die große Botschaft vom Messianischen Königreiche und von den Segnungen, die es für die ganze Welt bringen wird, zu lehren.

Schon als junger Mann besaß er ein durchaus nicht kleines Vermögen. Er gab alles hin, damit der Geist der Menschen Erleuchtung empfange und ihre Herzen froh werden möchten. In seinem Kampfe für Gerechtigkeit verwendete er schon bald aus seinem eigenen Privatvermögen vierzigtausend Dollar in dieser großen Stadt New York für die Veröffentlichung und freie Verteilung einer Broschüre, die die Wahrheit betreffs der Hölle der Bibel verkündigte, damit alle es lernen möchten, daß Jehova ein Gott der Liebe ist.

Andere christliche Leute, die trauernd erkannten, daß sie in den verschiedenen Kirchen, denen sie sich angeschlossen hatten, keine geistige Nahrung erhielten, bekamen ihre Augen des Verständnisses dadurch geöffnet, daß sie ihre Bibel lasen in dem Lichte der Erklärungen, die Charles Taze Russell davon gegeben hatte. Froh fingen sie an, ihn und das gerechte Werk, mit welchem er beschäftigt war, zu unterstützen. Ohne Aufforderung gaben sie freudig ihr Geld dafür hin und sagten: "Was können wir tun, um teilzuhaben an dem herrlichen Werk, das Sie angefangen haben?"

Vor mehr als dreißig Jahren erwählte eine in Pittsburgh gebildete Gemeinschaft christlicher Leute Charles Taze Russell zu ihrem Pastor, und er diente dieser Gemeinschaft fortwährend als Pastor bis zu Ende. Er konnte sie indessen seit der Verlegung des Hauptquartiers der Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft nach Brooklyn vor mehreren Jahren nur gelegentlich besuchen. Er schrieb und veröffentlichte eine Serie Bücher, die Schriftstudien, in sechs Bänden, die eine große Flut von Licht auf das Wort Gottes warfen. Millionen von diesen haben auf der ganzen Erde in die Häuser der Menschen Eingang gefunden und haben die Herzen froh gemacht. Seit mehr als dreißig Jahren war er der Herausgeber und Veröffentlicher einer Halbmonats-Zeitschrift "Der Wachtturm und Verkündiger der Gegenwart Christi". Sie ist völlig der Sacher des Messianischen Königreiches geweiht. Es möge hier bekannt gemacht werden, daß dies das einzige Blatt auf Erden ist, daß jemals die Gegenwart unseres Herrn verkündigt hat. Der Herr Jesus hat verheißen, daß er bei seinem zweiten Kommen, das für menschliche Augen nicht sichtbar sein sollte, einen klugen und treuen Knecht haben würde, den er als Verwalter über seine ganze Habe setzen wolle, damit er dem Haushalt des Glaubens Speise darreiche zur rechten Zeit. In der ganzen Welt sind Christen, die mit dem Werke von Pastor Russell vertraut sind, bereit, anzuerkennen, daß er lange dieser kluge und treue Knecht des Herrn gewesen ist.

Das Werk nahm einen immer größeren Umfang an, und da er wünschte, daß es systematisch geführt würde und nach seinem Tode fortbestehen sollte, gründete er die Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft, eine Vereinigung. Die Urkunde von derselben hat er mit eigener Hand geschrieben und sie wird von Menschen, die hierin Kenntnis haben, als ein sehr bemerkenswertes Dokument angesehen. Durch diesen Kanal hat er die Botschaft vom Königreiche des Messias allen Nation der Erde verkündigt. Es sind Zweigniederlassungen der Gesellschaft eingerichtet und unterhalten worden in den Ländern: Großbritannien, Deutschland, Finnland, Norwegen, Schweden, Dänemark, der Schweiz, Frankreich, Süd-Afrika, Australien und in vielen anderen Teilen der Welt. Seine Veröffentlichungen sind in 54 verschiedene Sprachen übersetzt worden, und Millionen von Exemplaren sind frei verteilt worden durch Geldmittel, die freudig gegeben wurden durch diejenigen, die mit ihm den Herrn und seine gerechte Sache lieben und mit Freuden der Aufrichtung seines Königreiches entgegensehen.

Pastor Russell bereiste die ganze Welt und predigte den Menschen. Er war der erwählte Pastor der Versammlung in diesem Tempel und des Tabernakels von Brooklyn, des Londoner Tabernakels, der Tempelgemeinde von Washington, D. C. der Gemeinde zu Pittsburgh, der Gemeinde von Chicago, der Gemeinde von St. Louis, Los Angeles und von Versammlungen in vielen anderen Teilen der Welt. Er besuchte diese in regelmäßigen Zwischenräumen, um sie zu ermutigen, sie zu trösten und ihnen zu helfen. Seit einigen Jahren konnte man seine Predigten nicht nur von der Rednerbühne hören, sondern sie sind auch in ungefähr viertausend Zeitungen veröffentlicht worden, und tatsächlich ist Pastor Russell in jedem Heim in den Vereinigten Staaten und in Kanada bekannt. Er hat für die Sache des Messianischen Königreiches ein größeres Werk getan als irgend jemand sonst auf der Erde.

Seine Sterbestunden.

Vor einigen Wochen begab sich Pastor Russell auf eine Reise nach der Pazifik-Küste; er predigte jeden Abend und reiste den übrigen Teil der Nacht und des Tages. Seine letzte Predigt hielt er in der Versammlung von Los Angeles; da er zu schwach war, um zu stehen, saß er während der Rede. Er verließ Los Angeles am Sonntagabend, um nach Brooklyn zurückzukehren. Während dieser Reise wurde er schnell immer schwächer. Sieben Stunden vor seinem Tode sagte er zu seinem Reisegefährten Bruder Menta Sturgeon: "Mache mir eine römische Toga." Bruder Sturgeon machte ihm eine Toga, indem er die Bettücher dazu verwendete. Bruder Russell legte sie selbst an. Er stand einen Augenblick aufrecht und legte sich dann auf das Sofa in seinem Pullman-Wagenabteil nieder, wobei er die Augen schloß und so in symbolischer Sprache vom Tode redete. Ein großer Teil der Bibel ist in symbolischer Sprache geschrieben, und es war ganz angemessen, daß er seine letzte Botschaft in Symbolen gab. Es ist hier von Interesse, zu wissen, was eine römische Toga symbolisiert. Augustus, ein gekrönter Dichter, sagte: "Es ist die Toga, an der die königliche Nation erkannt wird." Das Wort Toga bedeutet ein bedeckendes Gewand (weißes Kleid). Es war das Amtskleid höherer Beamter, der Priester und der Personen, die ein Gelübde erfüllten, es wurde bei besonderen Gelegenheiten getragen, so bei einer Triumphfeier.

Wir werden an die letzten Erfahrungen des Apostels Paulus erinnert, wie er mit seinem geliebten Gefährten Timotheus reiste, den er seinen Sohn nannte, nicht einen natürlichen Sohn, aber, wie der Apostel Paulus sagte, hatte er diesen jungen Mann geistig gezeugt. In ähnlicher Weise zeugte auch Bruder Russell Bruder Sturgeon im Geiste, insofern, als er Bruder Sturgeon zu einer Erkenntnis des göttlichen Planes brachte. Kurz vor seinem Tode schrieb der Apostel Paulus: "Ich werde schon als Trankopfer gesprengt, und die Zeit meines Abscheidens ist vorhanden. Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt; fortan liegt mir bereit die Krone der Gerechtigkeit, welche der Herr, der gerechte Richter, mit zur Vergeltung geben wird an jenem Tage; nicht allein aber mir, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieb haben." (2. Timotheus 4, 6-8). Unser lieber Bruder Russell hatte nicht allein die Erscheinung des Herrn Jeus lieb, sondern vor allen anderen Menschen auf der Erde erklärte er, daß der Herr gegenwärtig ist. Bruder Russell war ein sehr bescheidener Mensch und erhöhte sich niemals selbst. Es was sehr schwer, ihn zu bewegen, von sich selbst zu sprechen. Er wählte deshalb ein Symbol, welches wir später so auslegen konnten, daß es in der Tat dasselbe sagte, was der Apostel Paulus gesagt hatte. Dadurch, daß er die Toga trug, sagte Bruder Russell: "Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe gesiegt und werde als ein Glied der Königlichen Familie in den Himmel aufgenommen werden."

Welch ein wunderbares Beispiel und welch ein Ansporn ist das für die anderen Glieder des Leibes Christi auf dieser Seite des Vorhangs, ernstlich darnach zu streben, auch das Wohlgefallen Gottes zu erlangen.

Heute Abend sehen wir hier den Leib, den er so treu bis zuletzt verwendet hat, still im Tode liegen. Aber er ist nicht tot. Der Apostel Paulus schrieb: "Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle schlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, in einem Nu, in einem Augenblick." (1. Korinther 15, 51.52). Gottes Wort zeigt an, daß die Auferstehung der Heiligen bei der Gegenwart des Herrn sattfinden würde, vor der Aufrichtung seines König-reiches, und die Heilige Schrift lehrt ganz klar, daß diese Auferstehung nun vor sich geht, daß unser lieber Bruder und Pastor nicht im Tode schläft, sondern augenblicklich verwandelt worden ist von der menschlichen zur göttlichen Natur, und daß er nun für immer bei dem Herrn ist - ein herrlicher Lohn für einen wahren, treuen Diener.

Es war bekannt gemacht worden, daß er heute Abend hier in diesem Tempel sprechen würde. Gott hat es anders bestimmt. Bruder Russell hatte eine Predigt vorbereitet, die er auch halten wollte. Ich bin gewiß, daß Ihr Euch freuen werdet, sie zu hören. Die Lippen des Leibes, den er auf der Erde brauchte, sind schweigsam, aber seine Worte werden doch noch gesprochen. Meine Freunde, gebt bitte acht, während ich diese Botschaft für die Kirche und für die Welt vorlese. Gebt acht, wie passend der Gegenstand ist:

 

hier folgte die Verlesung des Vortrages von Pastor Russell

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Pastor Russells Charakter.

In dieser dunklen Stunde für die Nationen laßt die Völker der Erde diese Botschaft hören und als eine vom Herrn kommende beachten. Seit vierzig Jahren hat Pastor Russell in seinen Schriften verkündigt, daß diese dunkle Stunde bald kommen würde. Er kam zu diesem Schluß auf der Grundlage des Wortes Gottes. Schaue dich um, er wird völlig bestätigt durch die Ereignisse, die wir wahrnehmen. Laßt die christlichen Leute auf der Erde deshalb erwachen für die Wichtigkeit der Stunde und die Botschaft:

"Das Königreich der Himmel ist nahe herbeigekommen."

"Stehe auf und leuchte! Denn dein Licht ist gekommen, und die Herrlichkeit Jehovas ist über dir aufgegangen." (Jesaja 60, 1.)

Feinde? Ja, er hatte einige - Gott sei ihnen barmherzig!

Jesu hatte Feinde, die ihn unbarmherzig verfolgten. Ich möchte diese Gelegenheit nicht beeinträchtigen, indem ich von den Feinden Pastor Russells spreche, aber ich weiß, daß er sich freuen würde, für mich etwas zu sagen, was helfen würde, die Augen des Verständnisses bei denjenigen zu öffnen, die für die Vorsätze Gottes verblendet sind. Blindes Vorurteil, das auf die falschen Anschuldigungen der Feinde gegründet ist, war die Veranlassung, daß einige in der Finsternis geblieben sind.

Wahrlich, es kann gesagt werden, daß Pastor Russells Charakter ohne Flecken war und ist. Er war der fehlerfreiste, reinste und beste Mensch, den ich jemals gekannt habe. Seine Feinde suchten ihm seinen guten Namen zu nehmen. Durch allerlei Einflüsterungen - die grausamste aller Waffen - suchten sie seine Macht und seinen Einfluß zu vernichten, und damit auch sein Werk. Es mißlang ihnen gänzlich. Ich fühle mich unter den bestehenden Umständen dazu getrieben, euch ein von Pastor Russell unterzeichnetes Papier vorzulesen.

Im Jahre 1911 trat er eine Reise um die Welt an. Zu jener Zeit kamen die feurigen Pfeile des Feindes dicht und schnell. Er schrieb diese Urkunde, beeidigte sie und legte sie in meine Hände, indem er sagte: "Du kannst sie veröffentlichen, wenn du es für recht erachtest." Sie lautet:

"In Anbetracht meiner baldigen Abreise nach einer fremden Küste, und in Anbetracht der wachsenden Bosheit und der Drohungen meiner Feinde, und der Voraussetzung, daß sie meine Abreise abwarten, um einen neuen Angriff zu machen, machte ich nach dem Rat meines Rechtsbeistandes folgende, alles einschließende Aussage, nämlich:

    Daß ich mich niemals irgendwelcher Unsittlichkeit gegen irgend eine Person schuldig gemacht habe.
    Ferner, ich habe nie zu irgend einer Zeit einer anderen Person beigewohnt.
    Ferner, ich habe niemals gewünscht, das zu tun."


Bezeugt durch meine Handschrift und mein Siegel zu dieser Erklärung, diesen achtundzwanzigsten Tag des September 1911 zu Brooklyn, N. Y.

(Unterschrieben)                                        Charles Taze Russell.

 

Unterschrieben und beschworen vor mir am 31. Oktober 1911

                                                                           C. H. Merritt,

Bevollmächtigter in Urkunden für die Stadt New York.

Siegel.

Verfolgungen spornten ihn aber nur zu größeren Anstrengungen für die Sache des Königs aller Könige an, da er wußte, daß solche Verfolgungen Beweise dafür sind, daß die Nacht herbeikommt, da niemand wirken kann. Ohne Murren oder Klagen, früh oder spät, im Winter und im Sommer, in Hitze und bei Kälte, während der Saison oder außerhalb der Saison, in Stürmen und im Sonnenschein, stets kämpfte er wie ein mächtiger Riese, um das Ziel zu erreichen, niemals matt werdend oder zurückbleibend. Wahrlich, er starb als ein Held und starb im Harnisch. "Kostbar ist in den Augen Jehovas der Tod seiner Frommen." Wahrlich, er konnte als ein solcher Held am Schlusse seines irdischen Laufes sagen:

"Ich habe den guten Kampf gekämpft.
Ich habe das Werk vollendet,
das du mir zu tun gegeben hast."

Wenn wir lautlos hinhören, so vernehmen wir die Antwort vom Throne unsers Herrn und Meisters:

"Wohl und treu getan,
gehe ein in meine Freude und
setze dich nieder auf meinen Thron."

Ist sein Werk nun beendet? O nein! Von den Treuen, die während der Gegenwart des Herrn sterben, sagt der große Meister: "Glückselig die Toten, die im Herrn streben, von nun an! Ja, spricht der Geist, auf daß sie ruhen von ihren Mühen, denn ihre Werke folgen mit ihnen." (Offenbarung 14, 13.)

Die Gegenwart des Herrn.

Das Werk, das Pastor Russell tat, war nicht sein Werk allein, sondern es war und ist das Werk des Herrn. Jesu selbst sagte, daß er bei seinem Kommen sich gürten und seine Diener sich zu Tische legen lassen wolle, und daß er dann kommen und sie bedienen würde. (Lukas 12, 37.)

Seit 40 Jahren ist der Herr gegenwärtig; er speiste die, welche nach Gerechtigkeit hungerten und dürsteten. Seit vierzig Jahren hat Pastor Russell, dieser treue Diener des Herrn, klare und unverkennbare Beweise für die Gegenwart des Herrn vorgebracht. Er nagelte das Banner der Gegenwart Christi auf das Titelblatt des Wachtturms, und es soll nicht heruntergeholt werden, ehe das Königreich auf Erden bekannt ist. Die Wasser der gegenwärtigen Wahrheit sind seit länger als vierzig Jahren gestiegen, und sie steigen höher und höher. Die Feinde der Wahrheit könnten gerade so gut versuchen, mit einem gewöhnlichem Besen die Wellen des mächtigen Atlantischen Ozeans zurückzufegen, als wie sie versuchen, die Fluten der Wahrheit zu unterdrücken, die jetzt mächtig anschwellen. Trotz allen Widerstandes, der ihr entgegengesetzt werden kann, wird sie fortfahren zu steigen, bis, wie der Prophet erklärt, "die Erde wird voll sein von der Erkenntnis Jehovas, gleichwie die Wasser den Meeresgrund bedecken", bis zu der Zeit, wo es nicht mehr nötig sein wird, daß jemand seinen Nächsten lehrt, indem er sagt: "Erkennet Jehova! Denn sie alle werden ihn erkennen, von dem Kleinsten bis zu ihrem Größten." (Jesaja 11, 9; Jeremia 31, 54.)

Die Tausende christlicher Männer und Frauen, die heute leben und an der Seite Pastor Russells gekämpft haben, sind ihm nicht blindlings gefolgt. Sie sind dem Herrn nachgefolgt, und sie folgten Pastor Russell nur, da er dem Herrn nachfolgte. Da sie ihn als den besonderen Diener Gottes erkannten, kämpften sie an seiner Seite als seine Brüder, indem sie auf Jesum schauten, den Anführer ihrer Errettung. Nachdem sie so den Kampf begonnen haben, werden sie kämpfen, bis ein jeder von der Königreich-Klasse den Sieg davongetragen hat.

Ein persönlicher Tribut für den Pastor. 

Ich kann diesen Augenblick nicht vorübergehen lassen, ohne Pastor Russell einen persönlichen Tribut zu zahlen. Er war mein Freund, und wahrlich ein wahrer Freund. Es steht geschrieben: "Ein wahrer Freund liebt dich allezeit." Ich liebte ihn, und ich weiß, er liebte mich. Lange, ehe ich Pastor Russell kannte, hatte er viel für mich getan. Während ich im mittleren Westen als Rechtsanwalt beschäftigt war, kam eines Tages eine Dame in mein Bureau, die einige Bücher im Arm trug. Sie war bescheiden, gütig und sanft. Ich glaubte, sie sei arm, und es sei mein Vorrecht und meine Pflicht, ihr zu helfen. Ich fand, daß sie reich war im Glauben an Gott. Ich kaufte die Bücher und las sie später. Bis zu dieser Zeit wusste ich nichts von der Bibel, ich hatte nie von Pastor Russell gehört. Ich wusste sogar noch nicht, daß er der Verfasser der Bücher war, als ich sie las, aber ich weiß, daß die wunderbare, liebliche, harmonische Erklärung des Planes Gottes mein Herz bewegte und meinen Lebensweg vom Zweifel zur Freude wandelte.

Warum sollte ich ihn nicht lieben? Ich weiß, daß er mich geliebt hat. Ein kleines Vorkommnis erhellt das. Vor einigen Jahren bat er mich, einen wichtigen Auftrag zu übernehmen. Nachdem ich mit ihm gesprochen hatte, sagte ich: "Bruder Russell, ich fühle, daß ich es nicht tun kann." Er antwortete: "Ja, du kannst es tun, durch des Herrn Gnade." Ich sagte: "Ich bin willens, es zu versuchen." "Fange an," antwortete er, "und ich will Gott bitten, daß er dir Weisheit gibt." Ich ging, und nachdem ich einen meine Erwartungen weit übertreffenden Erfolg gehabt hatte, kam ich zurück und erstatte ihm Bericht. Er saß in seinem Studierzimmer, als ich ihm über die Einzelheiten berichtete, sein Gesicht leuchtete vor Freude auf und gleich einem liebenden Vater stand er auf und schlang seine Arme um mich, zog mich an sich und küßte mich, indem er sagte: "Bruder, ich habe dich sehr lieb." Ich bin mit ihm gegangen; ich habe mit ihm gesprochen; ich habe mit ihm gegessen und ich habe mit ihm geschlafen; ich war mit ihm bei Prüfungen und bei Triumphen; ich habe ihn im Sturm und im Sonnenschein gesehen. Bei alledem machte sich seine völlige Freude im Herrn, sein großmütiges Herz und seine absolute Treue und Ergebenheit für den Herrn und seine Sachen bemerkbar. Mild, gütig, furchtlos und liebevoll, großmütig, aufrichtig und von dem Geiste des Herrn erfüllt, war er ein Riese an Kraft in der Welt. Ich rechne es mir zur größten Ehre, daß ich Pastor Russell zum wahren, treuen Freund gehabt habe, und daß ich das Vorrecht hatte, mit ihm verbunden zu sein.

Ich will Euch ein Ereignis erzählen, das einiges Licht auf seine liebliche Verbindung mit dem Herrn wirft. Seit länger als einem Jahre vor seinem Tode litt er sehr viel körperliche Schmerzen, aber niemals murrte er. Sein größter Wunsch war, das Wohlgefallen seines Herrn und Meisters zu haben. Er nannte den Namen des Herrn mit liebevollen Ausdruck, und sein Gesicht leuchtete, wenn er Gott erwähnte. Einige Wochen vor seiner letzten Krankheit sagte er zu jemandem, den er sehr liebte und zu dem er großes Vertrauen hatte: "Ich habe solch sehnsüchtiges Verlangen gehabt, von dem Herrn Jesu umarmt zu werden, mich selbst als seine Frau oder Braut zu denken, und mich von ihm an seine Brust drücken zu lassen. Ich habe innig zum Herrn gebetet, daß ich diese süße Verwandtschaft erfahren darf, und er hat mir die Versicherung gegeben, daß ich diese liebliche Verbindung genieße." Wahrlich der Herr liebte ihn sehr. Wahrlich, zu leben, war für ihn, für Christum zu leben.

Gottes Buch ist für diejenigen geschrieben, die ihm ergeben sind. Seine Verheißungen gelten diesen. Unter diesen süßen Verheißungen sind auch die Worte des Herrn: "Sei getreu bis in den Tod, und ich werde dir die Krone des Lebens geben." Diese werden Könige und Priester unserem Gott und Christo sein, und sie werden mit ihm herrschen. Schon vor langer Zeit ließ Gott den süßen Sänger in seinem heiligen Buche betreffs der gläubigen und treuen Nachfolger von Christo Jesu diese lieblichen Worte berichten:

"In deiner Kraft, Jehova, freut sich der König, und wie sehr frohlockt er über deine Rettung. Den Wunsch seines Herzens hast du ihm gegeben, und das Verlangen seiner Lippen nicht verweigert. Lebe, denn mit Segnungen des Guten kamst du ihm zuvor; auf sein Haupt setztest Du eine Krone von gediegenem Golde. Leben erbat er von dir, du sollst es ihm geben: Länge der Tage immer und ewiglich. Groß ist seine Herrlichkeit durch deine Rettung; Majestät und Pracht legtest du auf ihn. Denn zu Segnungen setzest du ihn ewiglich; du erfreutest ihn mit Freude durch dein Angesicht." (Psalm 21, 1-6.)

Wahrlich, diese Worte finden passende Anwendung auf unseren geliebten Bruder und Pastor!

Charles Taze Russell, du bist vom Herrn als König gekrönt worden, und in alle Zeitalter wird dein Name bei den Menschen bekannt sein, und deine Feinde werden kommen und dir huldigen.

Wir werfen ein letzten Blick auf dieses Häuflein Erde, das so treu das Banner des Königs trug. Er war ein wahrer, ergebener, treuer Gesandter Christi. Gott sei Dank, er ist zu seinem ewigen Lohn eingegangen. Der größte Wunsch unseres Lebens ist, daß wir mit ihm vereint bald bei dem Herrn sein möchten, um an dem Segnen aller Geschlechter der Erde teilzunehmen. Gott helfe uns, daß wir hier unsere Weihung erneuern, sie treu bis zu Ende hinausführen.

Wir trauern nicht um ihn, der gegangen ist, denn wir wissen, er ist zur ewigen Freude eingegangen. Für ihn freuen wir uns, aber wir trauern für uns selbst. Aber da wir dem Herrn vertrauen, wollen wir fortfahren, den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen.

Ermahnungen zur Treue.

Meine geliebten Brüder, sowohl wir, die wir hier sind, als auch alle anderen auf der Erde, was sollen wir tun? Sollen wir in unserem Eifer für die Sache unseres Herrn und Königs nachlassen? Nein! Mit seiner Gnade wollen wir unseren Eifer und unsere Energie vergrößern, um unseren Lauf mit Freuden zu beenden. Wir wollen uns nicht fürchten, noch wollen wir straucheln, sondern wir wollen Schulter an Schulter stehen, kämpfend für den Glauben, und uns unseres Vorrechts erfreuen, die Botschaft von seinem Königreiche zu verkündigen. Er hat verheißen: "Ich will dich nicht verlassen noch versäumen." "Treu ist, der euch ruft; der wird es auch tun." Warum sollten wir dann nur einen Augenblick hinsichtlich des Ausganges seines Werkes und seiner Sache zweifeln? Es ist wahr, der Feind, der Tod, hat unseren geliebten Bruder zu einer Zeit von uns genommen, wo wir es nicht erwartet haben, und aus diesem Grunde sind wir niedergedrückt. Jedoch sind wir nicht bestürzt; wir sind nicht entmutigt. Laßt uns unsere Häupter emporheben und frohlocken, denn sicher ist unsere Erlösung nahe. Das Königreich der Himmel ist nahe herbeigekommen.

Heute sehen wir den Todesschmerz der Nationen der Erde. Wir stehen am Tor des goldenen Zeitalters. Jeder, der in der Liebe zur Wahrheit die Wahrheit von Gottes Plan angenommen hat und in diesem Geiste festhält, wird gewinnen. Möge ein jeder gut nach seiner Rüstung sehen. Laßt uns die Lenden unserer Gesinnung umgürten, nüchtern sein und bis ans Ende hoffen. Er, der uns bis hierher geführt hat, wird uns auch weiter führen. Denkt daran, wer treu ist bis in den Tod, der wird die Krone des Lebens empfangen.

Verbunden durch das gesegnete und heilige Band himmlischer Liebe, während wir den Rest dieses Wettlaufes laufen, können wir mit Innigkeit und Verständnis das Lied singen:

"Gesegnet Band, das bind`t
Der Christen Herz: die Lieb`!
Gemeinschaft geistverwandten Sinn`s
Vom Himmel stamm`nder Trieb."
"Solch Hoffnungstrost belebt
Den Mut, den Weg zu gehen,
Da die Erwartung all` erhebt,
Den großen Tag zu sehn."


Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916

 

Schluß-Szenen in New York und Pittsburgh

Die Ansprache am Abend, das Vorlesen von Bruder Russells Predigt, die er selbst vorbereitet hatte, um sie im Tempel an diesem Abend zu halten, und die lieblichen Weisen verschiedener Lieder lebten noch frisch in den Herzen der vielen Zuhörer, als die Bahrenträger den Sarg, der die irdische Hölle unseres lieben Bruders Russell barg, vom Tempel wegtrugen. Zwei Pullmannwagen mit geweihten treuen Freunden begleiteten die Leiche nach Pittsburgh, wo sie mit hunderten von Lieben zusammentrafen.

Der große Zuhörerraum der Carnegie-Bibliothek in Allagheny war um zwei Uhr des folgenden Nachmittags völlig gefüllt, als der vierte Teil der Begräbnisfeierlichkeiten unter der Leitung von Dr. W.E. Spill, des Vertreters der Pittsburgher Versammlung, begann. Liebe und tiefes Interesse standen auf jedem Angesicht dieser großen Zuhörerschaft geschrieben. Jeder verfügbare Platz auf der Rednerbühne war gebraucht worden zur Entfaltung der reichen Blumengaben jeder Art, die von den Bibelforschern und Freunden aus verschiedenen Teilen des Landes geschickt worden waren.

Das Zusammenwirken der Stimmen des Doppel-Quartetts brachte bei der Wiedergabe der lieblichen christlichen Lieder manchem trauernden Herzen den Segen des Trostes und der Ermutigung. Nachdem Bruder R.F. Bricker von der Pittsburgher Versammlung Stellen aus der Heiligen Schrift gelesen hatte, hielt Dr. W.E. Spill eine Ansprache. Ihm folgte Bruder Sturgeon; nach diesem sang der Chor, während die Versammlung einen letzten Abschied nahm von dem Angesicht des edlen Christen, der hier lag, das letzte Lied, das Bruder Russell bei seinem letzten Besuche in Los Angeles bestimmt hatte:

„"Stärk', Himmelstaube, werter Geist,
Mit Licht und Trost uns allermeist,
Als Vormund du uns leit' und führ';
All' Denken, jeden Schritt regier'!"

Der Trauerzug bestand aus 101 Automobilen und einem Zuge von einigen Motorwagen. Der schöne Rosemont-Friedhof wurde in der Dämmerung erreicht, hier waren fünfhundert Freunde versammelt, um Zeuge der letzten traurigen Gebräuche zu sein, die mit unseres geliebten Bruders Grablegung verbunden waren. Ein mit Blumen eingefaßter Weg war gebildet durch welchen die Trauernden mit entblößten Häuptern kamen, während feierlich der Sarg getragen wurde, der die irdischen Reste unseres lieben Pastors enthielt. Die Wände des Grabes waren mit Farnkraut und weißen Chrysanthemen bekränzt. Um Fuße des Grabes war eine Zeichnung aus Blumen in Goldfarbe, die schweigend dem Glauben Ausdruck verliehen, daß der siegreiche Streiter Christi, dessen Leib hier vor uns lag, heimgegangen und nun Teilhaber der göttlichen Natur ist.
Während die Bahre auf dem Gestell über dem offenen Grabe ruhte, wurden Gebete dargebracht, und der Sarg wurde zu seinem letzten Ruheplatz niedergelassen. Dabei sang der Chor eindrucksvoll die schönen Worte des Liedes Nr. 98 (englisches Liederbuch).

Es war passend, daß, während unser Geliebter gegangen war, um für immer bei dem Herrn und ihm gleich zu sein, seine irdischen Reste nahe dem Schauplatze seines früheren Lebens ruhten, da, wo das Erntewerk begonnen hatte, und wo die Schriftstudien, die so viel zu seinem Ruhme beigetragen haben, geschrieben worden sind und zuerst veröffentlicht wurden.

Wachtturm, Februar 1917
R 6000-6020, 1916



 

(Dieser Artikel ist eine Predigt, die durch Pastor Russell vorbereitet wurde und von ihm an dem Tag gehalten werden sollte, an dem er allerdings beerdigt wurde.)

"DER MORGEN KOMMT, UND AUCH EINE NACHT"

Die Nacht war lang; ihrer Leiden und Tränen waren viele; Gottes Verheißungen allein erhellten sie; endlich ist der Morgen da; ein wunderbares Dämmern; der Tag wird noch wunderbarer werden; überall um uns her werden die Beweise wahrgenommen; eine kurze Nacht der Drangsal bricht herein; in Europa hat sie schon angefangen; nach diesem ein wunderbarer Sonnenaufgang.

"Wächter, wie weit in der Nacht? . . . Der Morgen kommt, und auch eine Nacht." (Jesaja 21:11, 12)

Die Weltliteratur zeigt, daß die denkenden Menschen sich weigerten, zu glauben, daß der göttliche Zweck bei der Erschaffung unserer Erde schon jetzt erreicht sei. Andauernd finden wir Beziehungen auf "Den Morgen des Neuen Tages", auf "das Goldene Zeitalter" usw. Aber wir sehen nicht auf die sehnenden Herzen der Menschen, sondern auf die Verheißungen unseres Gottes, um wahre Belehrungen über diesen Gegenstand zu bekommen. Die Bibel erklärt nachdrücklich, daß der ganze Zeitraum der menschlichen Geschichte bis jetzt eine Zeit der Nacht gewesen ist.

Der Prophet David erklärt: "Die Nacht lang währet das Weinen, und am Morgen ist Jubel da." (Psalm 30, 5) In prophetischer Weise werden wir hierdurch versichert, daß ein Morgen kommen wird, dessen Herrlichkeit, Glanz und Segnungen völlig entschädigen werden für alle die dunklen Schatten der vergangenen Zeit der Nacht. Unser Schriftwort ist eine andere Prophezeiung derselben Art. Die Botschaft der Herrn lautet: "Der Morgen kommt." Der Apostel Paulus schreibt, daß bis zu dieser Zeit die Welt unter der Herrschaft von Sünde und Tod gewesen ist, nicht unter der Herrschaft von Gerechtigkeit und Leben. (Römer 5, 21) Er weist auch darauf hin, daß der Tag des Herrn kommen wird, daß er allmählich, verstohlen kommen und die Welt unversehens überfallen wird, "wie ein Dieb in der Nacht". (1. Thessalonicher 5, 1-6)

Alle Apostel versichern uns, daß es nicht Gottes Vorsatz ist, die Herrschaft von Tod und Sünde für immer zuzulassen. Sie sagen uns, daß es der göttliche Plan ist, daß zu der vom Vater bestimmten Zeit der Messias seine große Macht an sich nehmen und herrschen wird als König aller Könige und Herr aller Herren; daß er Sünde und alles Böse hinwegtun und die Menschen aufrichten wird, daß er da einen göttlichen Segen verleihen will, wo während sechstausend Jahren ein göttlicher Fluch lastete. Die Schreiber der Bibel erklären, daß das keine Änderung im göttlichen Vorsatz bedeutet, sondern daß Gott dieses bei sich selbst geplant hat vor Grundlegung der Welt und daß, obgleich er zugelassen hat, daß die Sünde kam und der Tod herrschte, er doch vollkommene Vorsorge getroffen hat für einen Erlöser, der für unsere Sünden sterben und eventuell ein Wiederhersteller und Lebengeber für Adam und sein Geschlecht werden sollte, wenigstens für alle diejenigen, welche ewiges Leben unter den göttlichen Bedingungen annehmen werden.

Die Apostel sagen uns, daß während dieser "Zeit der Nacht" seit dem Tode Jesu Gott ein besonderes Werk getan hat, indem er aus der Menschheit eine besondere Klasse, eine Heilige auserwählte, "die Kirche der Erstgeborenen, deren Namen im Himmel angeschrieben sind". Diese werden aus keiner Nation und aus keiner Sekte genommen. Diese "kleine Herde", von der es heißt "es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben" (Lukas 12, 32), ist zusammengesetzt aus allen heiligen Nachfolgern Jesu, die während dieses Evangelium-Zeitalters in seinen Fußstapfen auf dem schmalen Wege wandeln. Ihre Erfahrungen sollen sie geeignet machen zur Gemeinschaft mit ihrem Erlöser in seinem Messianischen Königreiche. Ihre Prüfungen, ihr Gehorsam und ihre Leiden um der Gerechtigkeit willen sollen für alle diese ein überschwengliches und ewiges Gewicht von Herrlichkeit bewirken. Da sie mit dem Herrn um der Wahrheit willen im jetzigen Leben leiden, sollen sie im kommenden Leben seine Herrlichkeit, Ehre und Unsterblichkeit teilen. Sie sollen seine Miterben in seinem Königreiche werden. (Galater 3, 29; 2. Timotheus 2, 11. 12) [im deutschen Wachtturm versehentlich 11, 12]

Der Sonnenaufgang des Königreiches ist nahe.

Sogar unter dem Volke Gottes verstehen nur wenige, daß Jesus deutlich lehrt, daß die "Sonne der Gerechtigkeit", welche aufgehen wird mit Heilung in ihren Strahlen, und deren Licht den neuen Tag ausmachen wird, gebildet wird von der verherrlichten Kirche Christi, die durch ihre Teilnahme an der Ersten Auferstehung verwandelt sein wird von der menschlichen zur göttlichen Natur. Unser Herr Jesus sagt das in dem Gleichnis vom Weizen und Scheinweizen. Er erklärt, daß am Ende des Evangelium-Zeitalters alle zur Weizenklasse gehörenden in die himmlische Scheune eingesammelt werden, und daß dann die Gerechten leuchten werden wie die Sonne in dem Reiche ihres Vaters. (Matthäus 13, 43) Wir dürfen jedoch nicht denken, daß hier die Kirche ohne ihren Erlöser gemeint ist, sondern wir müssen uns daran erinnern, daß Jesus ist "das Haupt der Kirche, welche ist sein Leib". (Epheser 1: 22, 23)

Wie wunderbar, wie schön, wie angebracht sind die Worte Bilder der Bibel! Niemand außer dem Herrn kannte den göttlichen Plan. Niemand außer ihm konnte deshalb auch diese Bilder von seiner Entwicklung geben. Mittels verschiedener Bezeichnungen und Bilder versucht uns die Bibel einen Blick auf die herrlichen Zustände jenes Tages tun zu lassen. Der Neue Tag und das Königreich werden "das Ersehnte aller Nationen" sein. An jenem Tage wird es dem Gerechten wohlgehen, Übeltäter werden vom Leben abgeschnitten werden. Während dieses Tausendjahr-Tages des Königreiches des Messias wird Satan gebunden sein, damit er nicht mehr die Nationen verführe. (Offenbarung 20, 2.3) Es wird keine Großgrundbesitzer mehr geben, denn "sie werden nicht bauen und ein anderer es bewohnen, sie werden nicht pflanzen und ein anderer essen," sondern "meine Auserwählten werden das Werk ihrer Hände verbrauchen." (Jesaja 65, 22)

"Die Erde gibt ihren Ertrag." (Psalm 67, 6) Ströme sollen in der Wüste hervorströmen, die Einöde wird sich freuen. Die ganze Erde soll dem Garten Eden gleich werden. Sie ist Gottes Fußschemel, und Gott sagt, daß er sie herrlich machen will. Sie soll nicht durch buchstäbliches Feuer verbrannt werden, wie wir einst geglaubt haben. Sie wird "bewohnt werden ewig". (Prediger 1, 4; Psalm 104, 5) "Nicht als eine Öde hat er sie geschaffen, um bewohnt zu werden, hat er sie gebildet." (Jesaja 45, 18; 66, 1; 60, 13; 35, 1. 7)

Wunderbare Vorstrahlen des Lichtes.

Das Wunderbarste, das uns die Bibel über den neuen Tag sagt, ist, daß er jedem Geschöpf Erleuchtung und großes Verständnis bringen wird. Das Licht der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes wird die Erde bedecken, wie das Wasser den Meeresgrund bedeckt. (Jesaja 11, 9; Habakuk 2, 14) "Und sie werden nicht mehr ein jeder seinen Nächsten und ein jeder seinen Bruder lehren und sprechen: Erkennet Jehova! Denn sie alle werden mich erkennen von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten, spricht Jehova." (Jeremia 31, 34) Schließlich wird jedes Knie sich beugen und jede Zunge bekennen die Herrlichkeit Gottes. (Philipper 2, 11; Jesaja 45, 23)

Welch eine begeisternde Aussicht hält die Bibel der Kirche und denen von der Welt vor, die ein gewisses Maß von Glauben üben können. Die Welt scheint in der Tat in gewissem Umfang die kommenden Segnungen zu sehen, aber was sie sein werden, und wie sie kommen werden, wissen die Menschen nicht, denn "die Welt erkannte durch die Weisheit Gott nicht". (1. Korinther 1, 21) Die weltlich Weisen haben die Bibel verworfen und vertrauen ihr nicht als einer Offenbarung Gottes. Aber die Weisen fangen sich in ihren eigenen Schlingen. (1. Korinther 3, 19) Ihre gerühmte Weisheit verführt sie und macht sie für die göttliche Offenbarung blind.

Nichtsdestoweniger nahmen einige unserer größten Denker, Mr. Edison [im deutschen Wachtturm versehentlich Mr. Edion] und andere, wahr, daß die Welt sich am Rande der wunderbarsten Erfindungen und Erkenntnis befindet, die das Gesicht der Erde und der darauf befindlichen Völker umwandeln werden. Sie bestätigen unwissentlich die Bibel, denn sie glauben ihr nicht und kennen nicht den Charakter ihrer Botschaften.

Das Dämmern fing im Jahre 1874 nach Christo an.

Wir wollen hier nicht halt machen, um die Dunkelheit der Nacht und ihr Weinen zu besprechen. Wir wollen aufwachen und die Tatsache beachten, daß das Dämmern des neuen Zeitalters schon angefangen hat. Während der vergangenen zweiundvierzig Jahre haben wir in ihm gelebt und uns vieler seiner Segnungen erfreut. Aber diese Segnungen kamen so verstohlen "wie ein Dieb in der Nacht", daß nur wenige ihre Wichtigkeit erkennen. Einige wenige haben die Aufmerksamkeit auf die Tatsache gelenkt, daß wir seit 1874 in der Dämmerung des Millenniums leben.

Die Chronologie der Bibel lehrt klar, daß die sechstausend Jahre seit der Erschaffung Adams vergangen sind, sechs große Tage, von denen jeder tausend Jahre lang war, wie der Apostel Petrus sagt: "Ein Tag bei dem Herrn ist wie tausend Jahre." (2. Petrus 3, 8) Jetzt hat der große siebente Tag, der ebenfalls tausend Jahre dauern wird, angefangen. Wir haben uns seines Heraufdämmerns erfreut. Es wird ein großer Tag werden! Ist es da ein Wunder, wenn sein Dämmern bemerkenswert ist?

Es mögen einige überrascht sein, wenn ihnen gesagt wird, daß die vergangenen zweiundvierzig Jahre mehr für die Welt bedeuten in bezug auf die Zunahme der Erziehung, des Reichtums, aller Arten arbeitsparender Erfindungen und Bequemlichkeiten, mehr in bezug auf Zunahme der Schutz- und Sicherheitsvorrichtungen für das menschliche Leben, als es in den ganzen sechstausend vorhergegangenen Jahren der Fall war. Die Welt hat wahrscheinlich während dieser zweiundvierzig Jahre soviel Reichtum produziert, wie sie es während der ganzen vorhergehenden sechstausend Jahre getan hat. Doch sind diese Veränderungen so allmählich gekommen, daß nur wenige sie beachtet haben.

Überall zeigt sich die Erfüllung der Prophezeiungen.

Vor zweiundvierzig Jahren arbeiteten die Menschen von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang, heute gehen wir mit schnellem Schritt dem achtstündigen Arbeitstage entgegen. Vor zweiundvierzig Jahren wurde fast alle Arbeit in der Welt im Schweiße des Angesichtes verrichtet, heute geschieht sie fast ausschließlich durch Maschinen. Vor zweiundvierzig Jahren erreichte die Sämaschine gerade ihre Vervollkommnung, heute ist sie überall unentbehrlich. So ist es auch mit den tausend Bequemlichkeiten für den Haushalt. So ist es mit beinahe allen unseren sanitären Einrichtungen und Wasserleitungseinrichtungen. So ist es mit den landwirtschaftlichen Geräten. Schneide-, Binde- und Mähmaschinen, Automobile, Gasmaschinen usw. usw., alles gehört in diese letzten zweiundvierzig Jahre. In unseren Großstädten sind die modernen Bequemlichkeiten wunderbar. Salomo in aller seiner Pracht träumte nicht einmal von den Dingen, deren sich jetzt das ärmste menschliche Wesen in Amerika erfreuen kann!

Prophezeiungen, hinsichtlich der Ströme in der Wüste, und daß die Einöde blühen soll wie eine Rose, haben jetzt ihre Erfüllung, nicht durch ein Wunder, aber in Harmonie in der göttlichen Anordnung vermehrter Klugheit unter den Menschen. Artesische Brunnen werden gebohrt, Bewässerungskanäle werden angelegt, nicht allein in dem westlichen Teil der Vereinigten Staaten und Kanadas, sondern auch in dem fernen Mesopotamien. Die Resultate sind wunderbar. Ländereien, die früher das Umzäunen nicht wert waren, haben heute einen Wert von $500,- das Ar [im deutschen Wachtturm 50 Mark]. Das Wachsen der Erkenntnis ist vermehrt worden durch Einrichtungen der Regierung, um Kenntnisse unter dem Volke zu verbreiten. Der Boden verschiedener Gegenden soll auf öffentliche Kosten eingeteilt werden, und den Bebauern des Bodens wird kundgetan, welche Düngemittel sie anwenden müssen, um befriedigende Resultate zu erzielen.

Unter diesen Umständen überrascht es uns nicht, zu hören, daß 156 Scheffel Korn [Mais] von einem Acker geerntet worden sind, und daß eine Ernte von 600 Scheffel Kartoffeln und mehr pro Acker nichts Ungewöhnliches ist. Ist nicht die Bibel erfüllt? Wer kann diese Tatsachen bestreiten? Was zeigen sie an? Wir antworten, daß sie genau den göttlichen Erklärungen entsprechen, welche unsere Tage beschreiben. Viele sollen hin- und herlaufen, die Erkenntnis soll vermehrt werden, die Verständigen, die zum Volke Gottes gehören, sollen es verstehen, "und es wird eine Zeit der Drangsal sein, dergleichen nicht gewesen ist, seitdem eine Nation besteht bis zu jener Zeit." (Daniel 12, 4. 10. 1; Matthäus 24, 21)

Zunahme von weltweiter Unzufriedenheit.

Wir sind an dem Morgen, von dem unser Schriftwort redet. O welch ein herrlicher Morgen! Wie sind die menschlichen Zustände gegen die unserer Großväter verändert. Wie dankbar sollte die ganze Welt sein! Dank- und Lobgesänge sollten von allen Völkern der begünstigten zivilisierten Länder angestimmt werden, und helfende Hände sollten sich ausstrecken, um die gleichen Segnungen auch in die heidnischen Länder zu tragen. Aber ist das so? Sind die Völker glücklich und froh? Schätzen sie den neuen Tag recht wert, oder tun sie es mit den Gaben der göttlichen Vorsehung?

Nein! In demselben Maße, wie die Segnungen von Gott gekommen sind, ist auch die Unzufriedenheit der Menschen gewachsen, ebenso wie der Unglaube hinsichtlich der Bibel als einer göttlichen Offenbarung, und in vielen Fällen hinsichtlich des Daseins eines intelligenten Schöpfers. Trotz des Anwachsens des Weltreichtums und der Tatsache, daß es einige edle Seelen gibt, die ihren Anteil am Reichtum auf eine lobenswerte Art gebrauchen, herrscht doch allgemein das Gesetz der Selbstsucht, und alle Gesetze, die je gegeben worden sind, oder gegeben werden können, werden diese riesenhaften Einrichtungen, Vereinigungen unserer Tage nicht zum Stillstand bringen können, und sie werden nicht verhindern können, daß sie die Massen ausbeuten im Interesse von verhältnismäßig wenigen.

Wußte Gott alle diese Dinge? Was wird er mit ihnen tun? Wird er die Segnungen des Millenniums austeilen und es geschehen lassen, daß die Menschen es als erwiesen annehmen, daß sie die Geheimnisse der Natur entdeckt haben durch ihre eigene Weisheit und Ausdauer, und daß sie Gott gänzlich vergessen? Werden sie noch unzufriedener werden? Würde ein Millennium, in dem Unzufriedenheit sein würde, vorteilhaft sein? Was wird Gott tun?

Die dunkle Nacht bricht schon herein.

Nach der Bibel hat Gott die Zustände unserer Tage, so wie wir sie nun sehen, vorausgewußt, und in unserem Schriftwort gibt er uns einen Schlüssel zu der jetzigen Lage, die an einer anderen Stelle der Schrift sehr klar gezeigt wird. Durch den Propheten spricht Gott von der kommenden dunklen Nacht, die kommt, nachdem die Morgendämmerung schon eingesetzt hat, von einer dunklen Gewitterwolke gerade bei Sonnenaufgang. Diese dunkle Stunde wird in der Prophezeiung von Daniel und auch in der unseres Herrn Jesu beschrieben. Sie wird sein "eine Zeit der Drangsal, dergleichen von Anfang der Welt bis jetzt nicht gewesen ist".

Bibelforscher sehen, daß diese große Zeit der Drangsal schon anfängt mit dem Loslassen des Zornwindes in Europa. Im Lichte der Bibel bemerken sie, daß das Resultat des jetzigen Krieges eine große Schwächung der Nationen sein wird, der Regierungen der Erde, und ein vermehrtes Wissen und verstärkte Unzufriedenheit unter den Völkern.

Die nächste Phase der Drangsal wird gemäß der Bibel das große Erdbeben sein, desgleichen nicht geschehen, seitdem die Menschen auf der Erde waren, solch ein Erdbeben, so groß. (Offenbarung 16, 18)

Es ist das kein buchstäbliches Erdbeben, sondern ein symbolisches, Revolution. Dann wird die dritte Phase dieses Unglücks eintreten, die dunkelste von allen; sie wird das symbolische Feuer der Anarchie sein, das unsere jetzige Zivilisation vollständig vernichten wird. Dann wird mitten in dieser furchtbaren Zeit der Drangsal, der Messias, der große König, seine große Macht an sich nehmen und sie ausüben mit dem Resultat, daß die wütenden Wogen des Meeres menschlicher Leidenschaft gestillt werden. Das Feuer der Anarchie wird gelöscht werden, und das Reich der Gerechtigkeit und des Friedens wird seinen Anfang nehmen.

Der Messias wird alles neu machen.

Können wir nicht die Weisheit des Planes des großen Schöpfers sehen? Er hat beschlossen, zuzulassen, daß die Menschen sich von ihrer eigenen Unfähigkeit überzeugen, und davon, daß sie Gottes Hilfe nötig haben, sowie von der Tatsache, daß es einen Gott gibt, und daß seine herrlichen Vorkehrungen für die Menschen in seinem Worte geoffenbart sind. O, es ist kein Wunder, daß die Bibel von dieser Offenbarung Gottes als von "der stillen, sanften Stimme Gottes" spricht, die zu den Menschen durch das Königreich des Messias redet. Kein Wunder, der Herr erklärt: "Alsdann werde ich die Lippen der Völker in reine Lippen umwandeln, damit sie alle den Namen Jehovas anrufen und ihm einmütig dienen!" (Zephanja 3, 9)

Der Apostel Petrus gibt uns ein lebensvolles Bild der neuen Ordnung der Dinge in dem Königreiche des Messias. Er sagt: "Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb, an welchem die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Geräusch, die Elemente aber im Brande werden aufgelöst ... Wir erwarten aber, nach seiner Verheißung, neue Himmel und eine neue Erde, in welchen Gerechtigkeit wohnt." (2. Petrus 3, 10. 12. 13)

Die "neuen Himmel" werden die verherrlichte Kirche sein, die aus Jesus, dem Haupte, und der Braut-Klasse besteht, welche aus der Welt während der vergangenen achtzehnhundert Jahre ausgewählt worden ist. Die "neue Erde" wird die neue soziale Ordnung sein, unter der Verwaltung der neuen Himmel. Es wird kein Zusammenflicken der jetzigen Einrichtungen geben, sondern diese werden völlig hinweggefegt werden von dem Feuer des göttlichen Zornes, das der Aufrichtung der neuen Ordnung vorausgeht. In dieser wird nur das anerkannt werden, was recht und gerecht, unparteiisch und wahr ist.

Wir freuen uns, daß so herrliche Dinge kommen werden, obgleich die Welt sie notwendigerweise durch die Trübsal der Zeit der Drangsal erreichen muß. Glücklich sind diejenigen, deren Augen und Ohren des Verständnisses jetzt geöffnet sind, und die in solcher Herzensverwandtschaft zum Herrn stehen, daß er sie schon im voraus etwas von den Reichtümern seiner Gnade kann erkennen lassen. Er zeigt ihnen, wie die kommenden Drangsale Segen für die menschliche Familie bewirken.


 


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