Brüderliche Liebe
„füge hinzu … in der Frömmigkeit die brüderliche Liebe“ (2. Petr. 1:7; vergl. Diaglott)
In der in 2. Petr. 1:5-7 gegebenen Additionsaufgabe zählt der Apostel die
Bestandteile der vier großen Eigenschaften des göttlichen Charakters – Weisheit,
Macht, Gerechtigkeit und Liebe – auf. Mit den Worten
Glauben
,
Tugend
(
Hoffnung
) und
Erkenntnis
nennt er die Bestandteile der Weisheit; mit den Worten
Selbstbeherrschung
und
Geduld
nennt er die Bestandteile der Macht; mit den Worten
Frömmigkeit
und
brüderliche
Liebe
nennt er die Bestandteile der Gerechtigkeit. Er nennt uns nur ein Wort für die
Liebe – [selbstlose] Liebe. Demgemäß ist die brüderliche Liebe ein Teil der
Gerechtigkeit. Viele Menschen denken, dass die Gerechtigkeit einer kalten
Marmorstatue gleich ist, die, wenn sie uns in die Arme schließt, uns frösteln
lässt. Dies ist jedoch nicht die biblische Vorstellung von der Gerechtigkeit.
Sie denken, dass die Gerechtigkeit lediglich Pflicht ist. Doch gemäß der
Heiligen Schrift ist die Gerechtigkeit mehr als nur Pflicht. Sie enthält
zusätzlich das Element der Liebe. Jedoch nicht alle Liebe ist Gerechtigkeit, es
gibt aber eine bestimmte Art der Liebe, die Gerechtigkeit ist, nämlich die
pflichtgemäße Liebe, die wie bereits gesagt, zwei Bestandteile enthält –
Frömmigkeit, sie ist die pflichtgemäße Liebe zu Gott und brüderliche Liebe, sie
ist die pflichtgemäße Liebe zum Nächsten. Wir möchten hier die brüderliche
Liebe erörtern und wir hoffen, dass der Herr unser tiefes Nachdenken zu unserer
Erfrischung segnen wird.
Was ist mit brüderlicher Liebe gemeint? Wir müssen zuerst verstehen, was mit
Liebe gemeint ist, um dies richtig zu verstehen. Mit Liebe ist der
gute
Wille
gemeint, denn in jeder Bekundung der Liebe finden wir guten Willen. Er fehlt in
keinem Ausdruck der Liebe. Es gibt verschiedene Formen der Liebe und
verschiedene Gnaden, durch welche die Liebe wirkt, die häufig bei manchen
Ausdrücken der Liebe fehlen. Doch finden wir keinen Ausdruck der Liebe, in der
es keinen guten Willen gibt. Da somit der gute Wille in jedem Ausdruck der
Liebe erscheint und da in jeder anderen Form, in der Liebe sich ausdrücken
könnte, die eine oder andere ihrer Aktivitäten fehlen könnte, muss er das Herz
der Liebe sein. Guter Wille ist deshalb das, was mit Liebe gemeint ist. Als die
Engel sangen: „Guter Wille den Menschen“ (Lk. 2:14; AV), war ihr Gedanke „Liebe
den Menschen“.
Da wir gesehen haben, dass Liebe ein guter Wille ist, möchten wir zeigen, welche
Art der Liebe Gerechtigkeit ist. Es ist der gute Wille, den wir rechtsmäßig
anderen schulden, der gute Wille, dass Forderungen des Rechts erfüllt werden
sollten. Wenn wir uns dem enthalten, sind wir Sünder. Deshalb ist es unsere
Pflicht, es zu geben. Deshalb ist Gerechtigkeit pflichtgemäße Liebe. Sie wendet
sich zwei Klassen zu: Sie wendet sich einerseits Gott und Christus und
andererseits unseren Mitmenschen zu. Gott und Christus wendet sie sich mit
ganzem Herzen, ganzer Seele, ganzem Verstand und Stärke für das Gute, das Sie
uns getan haben, zu. Dies ist der Gedanke in Mk. 12:30 (vergl. Mt. 22:37): „Du
sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und aus deiner
ganzen Seele und aus deinem ganzen Verstand und aus deiner ganzen Kraft“.
Folglich ist dies der Ausdruck der pflichtgemäßen Liebe in der Form der
Frömmigkeit. Brüderliche Liebe ist
pflichtgemäße Liebe den Nächsten gegenüber – der gute Wille, den wir rechtsmäßig
unseren Nächsten schuldig sind.
Folglich definieren wir brüderliche Liebe als
pflichtgemäße Liebe den Nächsten gegenüber, der gute Wille, den wir rechtsmäßig
unseren Nächsten schuldig sind
.
Es gibt Ausdrücke der Liebe, in denen, während der gute Wille immer gegenwärtig
ist, alle anderen Formen der Liebe oder ihre eng verbundenen Gnaden fehlen
können. Zum Beispiel: Unter manchen Umständen können wir in der Liebe keine
Wertschätzung ausdrücken, denn die Umstände fordern anstatt Würdigung, Sympathie
oder Mitleid. Obwohl es hier keine Würdigung gibt, ist der gute Wille
gegenwärtig. Andere Umstände fordern die Ausübung der Wertschätzung, aber nicht
der Sympathie. Nichtsdestoweniger wird der gute Wille gegenwärtig sein, obwohl
die Sympathie fehlt. Es gibt andere Zeiten, in denen die Liebe im Einzelnen
weder Würdigung noch Sympathie, sondern Dienst, Freundlichkeit fordert. Darin
gibt es guten Willen. So verhält es sich auch mit den eng verbundenen Gnaden,
z.B. der Sanftheit. Der Vater, der seinen störrischen Sohn züchtigt, ist in der
Regel nicht besonders sanft, wenn er ihm die Züchtigung auferlegt. Doch, wenn er
ein guter Vater ist, hat er einen guten Willen für sein Kind. Hiermit haben wir
eine Veranschaulichung der Liebe, in der es einen guten Willen gibt, doch nur
wenig oder keinen Ausdruck der Sanftheit. Es gibt Zeiten, in denen es notwendig
ist Langmut auszuüben und Zeiten, in denen die Liebe fordert, dass Langmut
zurückgezogen wird. Doch in solchen Fällen wurde guter Wille, selbst wenn
Langmut zurückgezogen ist, ausgeübt.
Wir können noch andere Beispiele anführen. Manchmal könnte Freigebigkeit einer
Person, wenn sie ihr erwiesen wird, schaden und durch unseren guten Willen ihr
gegenüber lehnen wir es deshalb ab, ihr eine Freundlichkeit zu erweisen, die sie
wünschen würde. Die Freundlichkeit wird vorenthalten, denn die Liebe verbietet
es, dass sie geäußert wird. Hier sehen wir, dass der gute Wille gegenwärtig ist,
während die Freigebigkeit abwesend ist. Auch wenn jemand verstockt ist, sollte
Vergebung nicht erwiesen werden, denn sie würde der Person schaden, der sie
angeboten wird. Der gute Wille verbietet deshalb, wegen seiner Verstocktheit,
das Anbieten von Vergebung.
Somit haben wir verschiedene Ausdrücke der Liebe gezeigt, in denen die eine oder
die andere ihrer Formen oder verbundenen Gnaden abwesend sind, doch nie der gute
Wille fehlt. Deshalb ist der gute Wille das Herz der Liebe. Wenn wir Liebe
unseren Nächsten gegenüber haben, müssen wir guten Willen ihnen gegenüber haben.
Der gute Wille ist es, der in jedem Ausdruck der Liebe gegenwärtig ist. Sie ist
die einzige Eigenschaft, die immer in jedem Ausdruck der Liebe gegenwärtig ist.
Deshalb zeigt dies, dass der gute Wille genau das ist, was Liebe ist. Deshalb
definieren wir sie so.
„WER IST MEIN NÄCHSTER“
Das Gebot der Liebe zu unserem Nächsten befindet sich in Mt. 22:39: „Du sollst
deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. Die pflichtgemäße Liebe, die wir zu
unseren Nächsten haben sollten, ist die gleiche, die wir zu uns selbst haben
sollten. Dies erinnert uns an eine alte Frage, die einer der Schriftgelehrten
Jesus stellte: „Wer ist mein Nächster?“. Um die brüderliche Liebe zu verstehen,
müssen wir verstehen, wer unser Nächster ist. Viele Menschen zogen den falschen
Schluss aus der Antwort des Schriftgelehrten auf die nach der Erzählung der
Geschichte vom guten Samariter durch Jesus gestellte Frage: „Wer von diesen
dreien der Nächste dessen gewesen ist, der unter die Räuber gefallen war?“ Aus
der Antwort des Schriftgelehrten meinen viele, dass niemand der Nächste sei
ausgenommen der, welcher uns Gutes getan hat. Diese Schlussfolgerung ist falsch
und ist Folge des Missverstehens der Umstände.
Lasst uns unsere Sinne hinsichtlich der Situation auffrischen (Lk. 10:25-37):
Der Schriftgelehrte, der zu Jesus kam, war ein Jude und als ein Jude glaubte er
nicht, dass die Heiden, die in keinem Sinne Juden waren, oder die Samariter, die
nur Halbjuden waren, seine Nächsten wären. Jesu Gedanke war es, dass jeder unser
Nächster ist, ob er weiß, schwarz, rot, braun oder gelb sei, ob er gebunden oder
frei, männlich oder weiblich, Freund oder Feind, Bekannter oder Fremdling,
Landsmann oder Ausländer sei. Deshalb erzählte Er eine Geschichte, von der Er
wusste, dass sie den Schriftgelehrten zwingen würde, jemanden anzuerkennen sein
Nächster zu sein, von dem Er wusste, den dieser jüdische Schriftgelehrte nicht
als Nächsten bezeichnen würde. Nachdem Jesus erzählte wie der Priester und der
Levit ihren jüdischen Bruder ohne Hilfe zurückließen und wie der Samariter ihm
Hilfe leistete, zwang Er den Schriftgelehrten durch die Frage, die Er stellte -
„Wer von diesen dreien der Nächste dessen gewesen ist, der unter die Räuber
gefallen war?“ – anzuerkennen, dass der Samariter, ein Nichtjude, der Nächste
war für den Juden, der unter die Räuber fiel.
In dieser Weise müssen wir in Übereinstimmung mit dem Zusammenhang dieses
Gleichnis betrachten. Es zeigt uns, dass jeder, auch ein Fremder oder Ausländer,
unser Nächster ist. Somit würden wir als Antwort auf die Frage „Wer ist unser
Nächster?“ soweit es die Menschheit betrifft, antworten, dass jeder Sohn und
jede Tochter Adams unser Nächster ist; und jeder wahre Christ ist unser Nächster
in Christus. Jeder, der durch den Glauben gerechtfertigt ist, ist vom
zugerechneten Standpunkt ein menschlicher Sohn Gottes, unser Nächster. Somit
sehen wir, dass die Bibel lehrt, dass alle unsere Mitmenschen unsere Nächsten
sind. Diese Nächsten sind in drei Klassen eingeteilt: Die Brüder, die Menschen
der Welt und unsere Feinde. Folglich sind alle unsere Brüder, alle Menschen der
Welt und auch alle unsere Feinde unsere Nächsten.
LIEBEN SEINES NÄCHSTEN WIE SICH SELBST
Die brüderliche Liebe verlangt, dass jemand den Nächsten liebt wie sich selbst.
Was bedeutet es, den Nächsten wie sich selbst zu lieben? Dies können wir durch
Antworten auf eine andere Frage beantworten. Welcher Grad an Liebe ist es, der
im lieben seines Nächsten wie sich selbst enthalten ist? Wir werden diese Frage
zuerst negativ beantworten, indem wir zeigen, welcher Grad an Liebe auf diese
Weise nicht gemeint ist. Danach werden wir die Frage positiv beantworten, indem
wir zeigen, welcher Grad an Liebe auf diese Weise gemeint ist.
An erster Stelle möchten wir die Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass
lieben des Nächsten wie sich selbst nicht bedeutet ihn von ganzem Herzen, Seele,
Verstand und Kraft zu lieben, denn wir sollen uns nicht selbst von ganzem
Herzen, Seele, Verstand und Kraft lieben. Wenn irgendjemand sich selbst mit
seinem ganzen Herzen, Seele, Verstand und Kraft liebt, macht er sich zu seiner
selbst Gott. Deshalb bedeutet es, seinen Nächsten wie sich selbst zu lieben
nicht, guten Willen ihm gegenüber mit ganzem Herzen, Seele, Verstand und Kraft
zu haben. Es ist wahr, dass manche Menschen einige ihrer Nächsten mit ihrem
ganzen Herzen, Seele, Verstand und Kraft lieben. Manche Ehemänner und Ehefrauen
tun dies gegenseitig. Manche Eltern und Kinder üben dies zu einander aus und
manche Freunde üben dies zu einander aus. Doch dies ist falsch. Ein solcher Grad
an Liebe sollte keinem Mitmenschen gegeben werden.
Zum anderen bedeutet es nicht, dass wir verpflichtet sind, unsere Nächsten mehr
als uns selbst zu lieben. In der selbstlosen Liebe lieben wir andere mehr als
uns selbst, sogar durch Niederlegen des Lebens für sie. Doch in der brüderlichen
Liebe sind wir nicht gezwungen, sie mehr als uns selbst zu lieben, denn die
brüderliche Liebe ist pflichtgemäße Liebe und es ist nicht unsere Pflicht für
andere zu sterben. Das Wort
philadelphia
, das in 2. Petr. 1:7 mit „brüderlicher Liebe“ übersetzt ist, bedeutet
pflichtgemäße Liebe zum Nächsten. Es bedeutet nicht Liebe ausschließlich für die
Brüder. Es bedeutet Liebe zu unseren Nächsten, welche die Brüder, die Welt und
unsere Feinde sind. Sowohl die pflichtgemäße als auch die selbstlose Liebe
sollte allen dieser drei Klassen gegeben werden. Liebe für die Brüder schließt
deshalb pflichtgemäße Liebe (brüderliche Liebe) und selbstlose Liebe (Liebe)
ein. Von diesem Betrachtungspunkt sehen wir, dass brüderliche Liebe nicht
bedeutet unsere Nächsten mehr als uns selbst zu lieben, denn sie ist keine
selbstlose Liebe. Selbstlose Liebe wird dies, doch pflichtgemäße Liebe wird dies
nicht tun.
An dritter Stelle bedeutet es nicht, dass wir unsere Nächsten weniger als uns
selbst lieben sollen. Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass die große Mehrheit
der Menschen dies tut, so wie eine kleine Minderheit der Menschen ihre Nächsten
mehr als sich selbst liebt und denkt, dass sie pflichtgemäße Liebe geben. Unsere
Nächsten weniger als uns selbst zu lieben, hieße ihnen Unrecht zu tun.
FALSCHE VORSTELLUNGEN HINSICHTLICH DER GOLDENEN REGEL
Was bedeutet sie dann? Wir antworten, dass Jesus uns auf diese Frage in Mt. 7:12
eine Antwort gegeben hat: „Alles nun, was immer ihr wollt, dass euch die
Menschen tun sollen, also tut auch ihr ihnen“. Dies ist es, was durch den
Ausdruck „Liebe deinen Nächsten WIE DICH SELBST“ gemeint ist. Diese auf den
Menschen gerichtete Anwendung der Goldenen Regel ist die Erklärung des im Lieben
seines Nächsten wie sich selbst beinhalteten Grades der Liebe. Mehr oder weniger
Verwirrung herrscht bezüglich dessen vor, was die Goldene Regel bedeutet. Manche
Menschen denken, dass alles was unser Nächster möchte, dass wir es ihm tun, wir
ihn tun sollen, denn, sagen sie, wir möchten, ihm das tun, was wir für uns
möchten. Dies kann nicht die Bedeutung der Goldenen Regel sein, denn der Nächste
könnte etwas Schlechtes möchten und die Goldene Regel als Teil der Gerechtigkeit
gebietet uns nicht, schlecht zu handeln. Mehr noch, diese Auslegung würde den
Willen des Nächsten zu unserem Willen machen, während wir Gottes Willen als
unseren angenommen haben. Diese Ansicht würde deshalb unser Weihegelübde
verletzen. Deshalb ist dies nicht der richtige Gedanke, obwohl er manchmal als
richtige Interpretation der Goldenen Regel gegeben wurde.
Z. B. wurde in einer unserer großen Städte ein Mann zum Bürgermeister gewählt,
der Bürgermeister der Goldenen Regel genannt wurde. Dieser Mann versuchte mit
bester Absicht in seiner Rolle in dieser Stadt das zu manifestieren, was er
dachte, dass es die Goldene Regel ist. Als die Huren und Spieler zu ihm kamen
und mit der Vorstellung, dass die Goldene Regel bedeutet, dass wir anderen das
tun sollen was sie wünschen würden, dass wir es tun, nach dem Vorrecht das Recht
zu verletzen fragten, folgerte er: Dass, wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde
ich mir das Vorrecht wünschen, dass Recht zu verletzen und deshalb werde ich
ihnen das gewähren, wonach sie fragen. Somit nahm er ihren Willen als den seinen
an. Ihr Wille war ein ungerechter Wille und seine Annahme machte ihn zu einem
Ungerechten, d.h. er verletzte seinen Eid, als er dies tat. Aus diesem Grund
erkennen wir, dass die Goldene Regel nicht bedeutet, dass wir unserem Nächsten
das tun, was immer er wünscht, dass wir es tun.
Lasst uns der Angelegenheit wieder vom negativen Standpunkt nähern. Die Goldene
Regel bedeutet nicht, dass jeder unbedingt dem Nächsten alles tun sollte, was er
wünscht, dass ihm getan werden sollte, denn sein Sinn könnte schlecht informiert
sein und ihm deshalb belehren etwas zu tun zu wünschen was falsch ist. Auch
könnte sein Herz unter dem Einfluss der Sünde sein und ihn drängen, für sich
Dinge zu tun, die sündig sind. Wir erkennen somit, dass es in jedem Falle für
ihn falsch sein würde, seine Wünsche zu haben. Somit bedeutet die Goldene Regel
nicht für jeden anderen das zu tun, was sie möchten, dass ihnen getan wird.
Lasst uns ein Beispiel zeigen, wie in dieser Hinsicht der Sinn unter der Leitung
des Irrtums, Grund zu Unrecht sein kann. Es gibt viele Menschen, die den Einwand
vorbringen, dass alle Christen Auslandsmissionare werden sollten, denn sie
selbst wünschten, dass ihre Sünden vergeben werden und deshalb sollen sie
wünschen, dass anderen Menschen die Sünden vergeben werden und deshalb sollten
sie ihnen das Evangelium bringen. Deshalb schlussfolgern sie, ist es unsere
Pflicht, und die Goldene Regel fordert es, Missionare für die Heiden zu werden.
Wir lenken die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass das Ergebnis einer solchen
Theorie alle Christen aus diesem Land führen und es den Heiden überlassen würde.
Es muss einige falsche Schlussfolgerungen in einer Theorie geben, die zu solchen
Ergebnisen führt. Viele Menschen sind in einer solchen Lebenssituation, dass sie
dies nicht tun könnten und andere haben nicht die notwendigen Talente.
Was ist an dieser Ansicht falsch? Folgendes: Die von einer falschen Grundlage
ausgehende Schlussfolgerung, die annimmt, dass Gott jetzt jeden bekehren möchte.
Er wünscht diese Dinge nicht jetzt. Er möchte jetzt nur bestimmte Personen
bekehren und dass wir uns unter ihnen befinden, gibt uns nicht das Vorrecht
anzunehmen, dass wir verpflichtet sind, jeden zur Bekehrung zu bringen. Da wir
deshalb sehen, dass es Gottes Plan ist, nur wenige Erwählte aus der Welt zu
sammeln, sind wir verpflichtet die Übrigen unter dem Fluch zu lassen. Da aber
die Sinne einiger Menschen in dieser Hinsicht im Irrtum sind, schlussfolgern sie
hinsichtlich der Pflicht unter der Goldenen Regel falsch. Deshalb bedeutet die
Goldene Regel nicht unabdingbar, das was wir möchten, dass uns getan wird,
soweit es unsere Wünsche betrifft, wir anderen tun sollten, denn unsere Wünsche
könnten in diesem Punkt sündig sein.
Viele Personen möchten sündige Dinge in ihrem Interesse tun, doch dies verlangt
nicht von uns, etwas Sündiges in ihrem Interesse zu tun. Mit anderen Worten, so
wie wir nicht das tun sollen was unser Nächster sich wünscht, denn dies würde
für uns bedeuten, seinen Willen als den unseren anzunehmen. Ebenso wenig sind
wir unabdingbar verpflichtet, unserem Nächsten das zu tun was wir wünschen, nur
weil wir es möchten, denn dies würde unseren Willen zu unserem eigenen machen
und dies wäre eine Verletzung unser Weihung, denn unser Wille kann sündig und
selbstsüchtig sein. Wir erkennen deshalb, dass einiges falsch ist an einer
solchen Auslegung der Goldenen Regel. Somit schlussfolgern wir, dass die Goldene
Regel nicht bedeuten kann, dass das was wir möchten, dass andere uns tun, wir
ihnen notwendiger Weise tun sollten.
DIE WAHRE BEDEUTUNG DER GOLDENEN REGEL
Was bedeutet dann die Goldene Regel? Wir antworten, dass der richtige
Gesichtspunkt der Bedeutung der Goldenen Regel in unseren Sinnen aufkommt, wenn
wir begreifen, dass Jesus sie denen gab, die Seine Jünger waren. Seine Jünger
waren diejenigen, die sich selbst bereits Gott übergeben haben. Es ist wahr,
dass sie noch nicht geistgezeugt waren, doch sie haben alles verlassen, um Jesus
nachzufolgen. Sie haben ihren Willen abgegeben und den Willen des Herrn als
ihren eigenen angenommen und sie wünschten nur das, was Gott wünschte, dass sie
besitzen sollen. Dies nun gibt uns die richtige Sicht auf die Goldene Regel.
„Alles nun, was immer ihr wollt“ - IHR, deren Willen im Willen Gottes
niedergelegt ist, ihr, die ihr Gottes Willen zu eurem eigenen gemacht habt und
die ihr deshalb nur das möchtet was Gott möchte, das ihr haben sollt - „Alles
nun, was immer IHR wollt [mit euren Wünschen, die Gottes Willem Untertan sind],
dass euch die Menschen tun sollen“ in Gedanken, Beweggrund, Wort und Tat, wenn
ihr an ihrer Stelle wäret, dies tut ihnen in Gedanken, Beweggrund, Wort und
Tat.
Wir glauben, dass dies die richtige Auslegung der Goldenen Regel ist. Sie
verlangt an erster Stelle von uns, dass unsere Wünsche dem Willen Gottes, Seinem
Willen der Gerechtigkeit, untergeordnet sind. Dann, mit unserem dem Willen
Gottes untergeordneten Willen, begeben wir uns selbst an die Stelle unseres
Nächsten und stellen uns selbst die Frage: Wenn ich an seinem Platz wäre, bereit
mit meinem Willen und Wünschen bezüglich der Sache dem Willen Gottes
untergeordnet zu sein, was würde ich meinem Nächsten wünschen, dass er mir in
Gedanken, Beweggrund, Wort und Tat tut? Dann, sobald die Antwort erfolgt ist,
was man unter solchen Umständen wünschen würde, dass der Nächste ihm in
Gedanken, Beweggrund, Wort und Tat tut, sollte er dies seinem Nächsten tun.
Dies ist eine ausführbare Regel. Sie ordnet uns nicht den Launen oder Wünschen
der Welt oder des Fleisches unter, sondern sie ordnet uns dem unter, dem der
christliche Eid untergeordnet sein sollte, dem Willen Gottes. Somit würden wir
nur das wünschen, was Gott uns zu haben wünscht. Jedes Mal würde ein solcher
sich selbst fragen, was würde ich, mit meinem dem Willen Gottes untergeordneten
Willen, meinem Nächsten wünschen, wenn unsere Plätze ausgetauscht wären, dass er
mir im Gedanken, Beweggrund, Wort und Tat tut? Sobald dies erkannt ist, ist es
die Sache, die wir ihm tun sollten. Dies ist, so glauben wir, die richtige
Auslegung der Goldenen Regel.
RICHTIGE WÜNSCHE FÜR SICH SELBST UND ANDERE
Dies ruft eine andere Frage hervor: Welches ist der Wille Gottes bezüglich
dessen, was wir unserem Nächsten tun sollten. Oder, um sie in einer anderen Form
zu stellen, welches ist der Wille Gottes bezüglich dessen, was wir wünschen
sollten, dass uns getan wird, wenn wir an der Stelle unseres Nächsten wären? Was
sollten wir, wenn unser Wille dem Willen Gottes untergeordnet ist, wünschen,
dass uns getan wird, wenn wir an Stelle unseres Nächsten wären? Ohne ins
Einzelne zu gehen, würden wir sagen, dass wir das Recht haben, unserem Nächsten
das im Gedanken, Beweggrund, Wort und Tat uns zu tun zu wünschen, was uns die
Ausübung unserer unveräußerlichen Rechte, vereinbar mit den Rechten von anderen,
gewähren und erhalten würde. Dies ist es was wir vom Herrn begehren könnten, was
unser Nächster uns tun sollte. Diese allgemeine Regel bedarf einer Erklärung.
Welches sind unsere unveräußerlichen Rechte? Zweifellos haben wir vor Gottes
Tribunal der Gerechtigkeit keinerlei unveräußerlichen Rechte! Durch die Sünde
des Vaters Adam gingen alle unsere Rechte vor der göttlichen Gerechtigkeit
verloren. Doch wir haben unveräußerliche Rechte unseren Mitmenschen gegenüber,
denn Gott hat allen bestimmte unveräußerliche Rechte in ihrer Beziehung
untereinander gegeben und wir behalten sie, trotz des Fluchs, in unseren
Beziehungen zu einander, es sei denn wir verlieren sie durch Kriminalität der
zivilen Regierung gegenüber. Alle unsere Rechte sind deshalb durch Adams Sünde
gegenüber der göttlichen Gerechtigkeit verloren gegangen, nicht aber unter
einander. Die unveräußerlichen Rechte, die wir in unserer Beziehung unter
einander haben, können wir in Einklang mit dem Willen Gottes unserem Nächsten
wünschen, um sie vereinbar mit den Rechten anderer, uns gegenüber zu gewähren
und zu erhalten.
Welches sind die unveräußerlichen Rechte, die wir in unserer Beziehung zu
einander besitzen? Wir antworten: Das Recht unsere physischen, geistigen,
künstlerischen, moralischen und religiösen Kräfte und was sie kontrollieren
frei, so wie es uns gefällt, auszuüben und in Einklang mit den Rechten anderer
das gleiche mit ihren zu tun. Was sind sie? Wir antworten: Sie entsprechen
weitgehend unseren Empfindungen des Herzens und Sinnes und das was sie
kontrollieren. Bemerke was diese unveräußerlichen Rechte sind:
Wir haben das unveräußerliche Recht, es zu lieben Gott zu verstehen und zu
vertrauen, es zu lieben auf zukünftiges Gutes zu hoffen, es zu lieben standhaft
zu sein, es zu lieben beharrlich zu sein, es zu lieben das Richtige zu tun
gegenüber Gott, es zu lieben das Richtige zu tun gegenüber der Menschheit und es
zu lieben gute Grundsätze sowohl für Gott, als auch für den Menschen
anzuerkennen. Dies ist unsere religiöse Freiheit und wir haben das
unveräußerliche Recht sie auszuüben, in Einklang mit den Rechten unserer
Mitmenschen.
Wir haben andere Freiheiten. Wir haben das Recht, eine rechte Meinung von uns
selbst zu lieben, die gute Meinung anderer zu lieben, unsere Sicherheit zu
lieben, Erholung, Selbstverteidigung, Aggressivität, Geborgenheit, Besitz,
Essen, unter bestimmten Umständen das andere Geschlecht, Familie, Freunde, Haus,
Heimat, Ordnung, Natur, Kunst, Wissen und unseren Lebenssinn.
Wir haben das unveräußerliche Recht unsere verschiedenen physischen, geistigen,
künstlerischen, moralischen und religiösen Fähigkeiten und die sie
kontrollierenden Dinge, insoweit andere betroffen sind, vereinbar mit ihren
Rechten auszuüben und sie durch unsere physischen Körper auszuüben.
Alle haben diese Rechte. Ist dies der Fall, bedeutet die Goldene Regel, dass
gerade wenn wir anderen die Ausübung unserer unveräußerlichen Rechte, die Dinge,
die wir gerade erwähnt haben, zugestehen und beibehalten möchten, so sollten wir
sie ihnen tun.
Zum Beispiel: Da wir das unveräußerliche Recht haben, die gute Meinung durch
andere zu wünschen und uns daran zu erfreuen, außer wenn wir durch Missetat
dieses Recht verloren haben, sollten wir unserem Nächsten gewähren, dies uns zu
tun und uns zu helfen, die gute Meinung anderer über uns aufrechtzuerhalten. Wir
möchten, dass sie vermeiden, dass irgendetwas diese gute Meinung über uns
untergräbt und sie solche Dinge tun, die mit den eigenen Rechten und denen
anderer vereinbar sind und andere ermutigen würden, eine gute Meinung über uns
zu haben. Infolgedessen sollen wir die gleichen Dinge dem Nächsten tun: Ihm
diese Rechte, die mit ihren und unseren Rechten vereinbar sind, gewähren und
versuchen eine gute Meinung über ihn bei anderen zu gewinnen. Dies sollen wir
mit jedem Recht, das wir besitzen, tun. Der Schöpfer möchte, dass wir sie
anderen gewähren und andere helfen, sie zu erhalten und auszuüben. Dies nicht zu
tun ist ungerecht und ist dem Nächsten nicht das zu tun, was wir mit unserem
Gottes Willen untergeordneten Willen, möchten, dass er uns tut, wenn wir an
seiner Stelle wären.
Wenn wir in diesem Lichte darauf schauen, erkennen wir, dass die Goldene Regel
ein zweckmäßiges Gebot ist. Sie ist auf die Rechte aller Beteiligten gegründet.
Sie erhält und gewährt jedem seine Rechte und ist ein Gesetz der Gerechtigkeit,
des Rechts, das unsere Beziehungen zu unseren Mitmenschen regiert. Darum, wenn
es verletzt wurde, ist Unrecht geschehen und Sünde begangen worden. Wir hoffen,
dass diese Auslegung der Bedeutung des Liebens des Nächsten wie sich selbst, uns
geholfen hat, eine deutlichere Sicht auf die Angelegenheit zu erlangen. Es gibt
so viel Verwirrung in den Sinnen so vieler Menschen was das Lieben des Nächsten
wie sich selbst bedeutet, dass wir bei der Erklärung so ins Detail gingen.
BRÜDERLICHE LIEBE IST VERNÜNFTIG
Nachdem wir erkannt haben, was mit brüderlicher Liebe gemeint ist, z.B. das
Lieben des Nächsten wie sich selbst, sind wir bereit einen anderen Gedankengang
zu betrachten: Ihre Vernünftigkeit. Ist es vernünftig, dass wir unsere Nächsten
wie uns selbst lieben sollen? Ihre Vernünftigkeit bestreiten einige theoretisch,
die meisten praktisch. Leider, gibt es nur wenige, die mit ihren Gottes Willen
untergeordneten Willen ihren Nächsten das tun, was sie ihren Nächsten wünschen
würden, dass sie ihnen in Gedanken, Beweggrund, Wort und Tat tun! Die Person,
die ihre Vernünftigkeit bestreitet, zeigt auf diese Weise sowohl durch Gedanken,
als auch durch Beweggrund, Wort und Tat, dass sie gefallen und in Herz und Sinn
verdorben ist.
Warum ist brüderliche Liebe vernünftig? Wir antworten: Sie ist die einzige
Eigenschaft, die Gerechtigkeit allen Betroffenen sichern kann. Alle Menschen
haben bestimmte gemeinsame unveräußerliche Rechte. Sie sind ständig miteinander
in Verbindung und in ihrer Verbindung untereinander üben sich diese Rechte
selbst aufeinanderprallend aus und wenn jeder seine Rechte haben möchte, wird er
entsprechende Rechte anderen zugestehen und erhalten. Denn wie könnte jemand die
Ausübung seiner unveräußerlichen Rechte, mit den Rechten anderer vereinbar,
verlangen, wenn er nicht die gleichen ihnen gewährt und erhält? Dies könnte
nicht getan werden! Damit jeder seine unveräußerlichen Rechte vereinbar mit den
Rechten anderer ausüben kann, muss er die gleichen den anderen gewähren und
erhalten. Er könnte nicht vernünftigerweise fordern, dass seine Rechte gewährt
und erhalten werden, wenn er nicht in gleicher Weise mit ihren handeln würde.
Die Goldene Regel ist keineswegs ein willkürliches Recht. Es stammt von
moralisch frei Handelnden und ist ihren Notwendigkeiten angepasst. Es
unterliegt, regelt richtig und passt die Beziehungen derjenigen untereinander
an, die die gleichen unveräußerlichen Rechte haben. Sie ist die einzige
Eigenschaft, die allen die Ausübung ihrer Rechte sichern wird, was ihre
Vernünftigkeit demonstriert.
Die Aussage „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen
und aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Verstand und aus deiner ganzen
Kraft“ ist die Goldene Regel bezüglich Gott, während die Aussage: „Du sollst
deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ die Goldene Regel bezüglich der Menschen
ist. Die Goldene Regel bezüglich der Menschen ist der Gipfel der Weisheit zur
Regulierung des menschlichen sozialen Verhaltens. Gäbe es außer der Goldenen
Regel sonst nichts in der Bibel, wäre es Beweis genug, dass die Bibel von Gott
ist, denn es wäre für einen Sinn, der keine Allwissenheit hat, unmöglich eine
Regel ins Leben zu rufen, die gemäß den Grundzügen der Gerechtigkeit, jeden in
all den komplizierten Umständen des Lebens befähigt. Wie erstaunlich ist die
Weisheit Gottes, die eine so kurze und trotzdem so vollständige Verhaltensregel,
insofern der Mensch, um seinen Mitmenschen gerecht zu werden, betroffen ist, für
jede Beziehung des menschlichen Lebens formte! Diese Regel findet auch auf alle
anderen moralisch frei Handelnden der Schöpfung Gottes Anwendung. Dies ruft
gewiss nach unserer Dankbarkeit, Wertschätzung, Verehrung, Anbetung und
Lobpreisung Gottes!
DIE ELEMENTE DER BRÜDERLICHEN LIEBE
Lasst uns einen weiteren Gedankengang, der mit unserem Thema verbunden ist,
studieren: Die Elemente der brüderlichen Liebe. Welches sind die Elemente der
brüderlichen Liebe? Wir antworten, die brüderliche Liebe hat drei Elemente:
Wertschätzung, Sympathie oder Mitleid (je nachdem der Fall es erfordert) und
Dienst. Dies sind auch die Elemente der Liebe. Was ist dann der Unterschied? Der
Unterschied besteht, insoweit Wertschätzung und Sympathie betroffen sind, in den
Beweggründen, der Qualität und Quantität und insoweit der Dienst betroffen ist,
in den Beweggründen, der Qualität, Quantität und dem Ergebnis der gemachten
Dinge. Beachte die Unterschiede:
Zunächst bezüglich der Wertschätzung der brüderlichen Liebe und der Liebe. In
der Wertschätzung der brüderlichen Liebe loben wir einander für das Gute,
welches er hat oder haben wird, denn wir möchten, dass er uns für das Gute lobt,
dass wir haben oder haben werden. Doch in der Wertschätzung der Liebe loben wir
eine Person nicht deshalb, weil wir möchten, dass sie uns lobt, sondern allein
wegen unserer Freude an guten Prinzipien. Deshalb schätzen wir seinen Charakter,
getrennt von jeglichem Guten, das er uns tun könnte, wegen des Guten, das er hat
oder haben wird. Somit erkennen wir, dass der Unterschied im Beweggrund, der
Qualität und Quantität besteht.
In der brüderlichen Liebe gibt es einiges Selbstsüchtiges. In der selbstlosen
Liebe gibt es nichts Selbstsüchtiges. Es gibt nichts sündiges Selbstsüchtiges in
der pflichtgemäßen Liebe, aber es gibt natürliche Selbstsucht. Deshalb hatten,
als menschliche Wesen, Adam vor dem Fall und Jesus immer eine natürliche, doch
nicht sündige, Selbstliebe. Die gleiche Erklärung der Goldenen Regel beweist,
dass sie natürliche Selbstsucht gutheißt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie
dich selbst“. Folglich gibt es etwas Eigennütziges in der pflichtgemäßen Liebe.
Wir lieben Gott in der Liebe der Frömmigkeit mit unserem ganzen Herzen, Seele,
Sinn und Kraft, weil Er uns Gutes getan hat. Wir erkennen, dass hier etwas
Selbstsucht sichtbar wird. Doch in der selbstlosen Liebe gibt es nichts
Selbstsüchtiges. Sie entspringt ausschließlich der Freude an guten Prinzipien.
Sie hat Wertschätzung für diejenigen, die in Einklang mit guten Prinzipien
sind.
Lasst uns auf die Sympathie und das Mitleid der brüderlichen Liebe und der Liebe
schauen und sie gegenüberstellend werden wir erkennen, dass der Unterschied im
Beweggrund, der Qualität und Quantität besteht. Wir sympathisieren mit den
Brüdern wegen ihrer Mängel, Fehler und Unreife weil wir möchten, dass sie mit
uns sympathisieren. Wir haben Mitleid mit der Welt und unseren Feinden wegen
ihrer Mängel, Fehler und Schwächen weil wir möchten, dass sie Mitleid mit
unseren Mängel, Fehlern und Schwächen haben. Hierin gibt es nichts Sündiges,
aber natürlich Selbstsüchtiges. So ist es aber nicht mit der selbstlosen Liebe.
Wegen unserer Freude an guten Prinzipien sympathisieren wir mit den Brüdern was
ihre Mängel, Fehler und Schwächen angeht, denn diese stellen sie in einem
gewissen Maße außerhalb der Einklang mit guten Prinzipien, bewirken, dass sie
ermangeln die höchste Anerkennung von Gott, Christus und denen, die mit Ihnen im
Einklang sind, zu erlangen, dass sie Satans Misshandlungen und vielen Leiden
untergeordnet sind und es ihnen schwierig macht zu überwinden. Ähnlich haben wir
aus Freude an guten Prinzipien Mitleid mit unseren Feinden und der Welt da ihre
Mängel, Fehler und Schwächen sie außerhalb des Einklangs mit guten Prinzipien
stellen, sie der Missbilligung Gottes, Christi und derjenigen, die im Einklang
mit Ihnen sind, dem Todesurteil, Satans Misshandlungen und vielen
Schwierigkeiten unterstellen und es ihnen schwer machen wird zu überwinden, wenn
sie auf die Probe zum Leben gestellt werden. In einer solchen Liebe gibt es
überhaupt nichts Selbstsüchtiges. Deshalb sympathisieren wir mit den Brüdern und
haben Mitleid mit der Welt und unseren Feinden, da sie nicht im Einklang mit
guten Prinzipien sind.
Es gibt einen Unterschied zwischen dem Dienst der brüderlichen Liebe und dem
Dienst der Liebe. In der brüderlichen Liebe, aus unserer Liebe zum Nächsten wie
zu uns selbst, in Wertschätzung und Sympathie oder Mitleid finden wir Freude am
Dienst für sie, denn wir möchten, dass sie uns dienen. Eine solche Liebe wird
uns nicht dazu bewegen unser Leben für sie niederzulegen. Hier kommt natürliche
nicht aber sündige Selbstsucht zum Vorschein. Was wir möchten, dass sie uns tun,
tun wir ihnen. Doch die Liebe offenbart sich im Dienst wie folgt: Aus Freude an
guten Prinzipien, aus Liebe zum Guten, das sie haben und erlangen werden, in
Wertschätzung und Sympathie oder Mitleid freuen wir uns, das Leben als Opfer im
Interesse solch guter Prinzipien zum Segen der Brüder, der Welt und unserer
Feinde niederzulegen. Hier ist der Unterschied ein vierfacher: Im Beweggrund,
Qualität, Quantität und Ergebnis. Aus Freude an guten Prinzipien erweisen wir
ihnen diese Liebe und sie nimmt die Form eines Opfers an, das sich freut, das
Leben niederzulegen. Doch in der pflichtgemäßen Liebe würden wir nie das Leben
für andere niederlegen. In der Liebe oder der selbstlosen Liebe tun wir es. So
ist es in dem einen Fall ein Dienst, der kein Opfer ist und im anderen Fall ein
Dienst, der ein Opfer ist. Beide Formen der Liebe – der Gerechtigkeit und Liebe
– haben diese drei Elemente: Wertschätzung, Sympathie oder Mitleid (je nachdem
der Fall es erfordert) und Dienst. Die ersten beiden unterscheiden sich im
Beweggrund, der Qualität und Quantität. Das letzte unterscheidet sich im
Beweggrund, der Qualität, Quantität und im Ergebnis. Die eine wird sich nicht
doch die andere wird sich selbst bis zum Tod opfern.
DIE FUNKTION DER BRÜDERLICHEN LIEBE
Wir möchten jetzt die Aufmerksamkeit auf die Funktion der brüderlichen Liebe
lenken. Was beabsichtigt die brüderliche Liebe zu tun? Wir erkennen, dass jede
uns von Gott gegebene Gnade beabsichtigt ihre eigene Funktion zu erfüllen. Der
Glaube ist uns gegeben, damit wir eine geistige Wertschätzung von und ein
Vertrauen im Herzen zu Gott und Christus haben können. Diese Dinge zu tun, ist
ihre Funktion. Die Hoffnung hat eine eindeutige Funktion, z.B. um uns
hinsichtlich des Erwartens und Begehrens von zukünftigem Gutem zu ermutigen. So
hat die Liebe eine andere Funktion. Die Demut hat eine noch andere Funktion.
Somit hat jede Gnade ihre eigene besondere Funktion.
Welche ist dann die Funktion der brüderlichen Liebe? Sie soll uns befähigen, was
unserem Nächsten rechtmäßig zusteht zu erweisen. Sie ist es deshalb, die den
Ehemann befähigt der Ehefrau das ihr Zustehende zu leisten. Sie ist es, welche
die Ehefrau befähigt, dem Ehemann das ihm Zustehende zu leisten. Sie ist es, die
Eltern befähigt, den Kindern das ihnen Zustehende zu leisten. Sie ist es, die
Kinder befähigt, den Eltern das ihnen Zustehende zu leisten. Sie ist es, die den
Freund befähigt, seinem Freund das ihm Zustehende zu leisten. Sie ist es, die
den Arbeitgeber befähigt, seinem Arbeitnehmer das ihm Zustehende zu leisten. Sie
ist es, die den Arbeitnehmer befähigt, seinem Arbeitgeber das ihm Zustehende zu
leisten. Sie ist es, die den Herrscher befähigt, seinen Untertanen das ihnen
Zustehende zu leisten. Sie ist es, die Untertanen befähigt, ihrem Herrscher das
ihm Zustehende zu leisten usw. Somit hat die Goldene Regel folgende Funktion:
Uns zu befähigen, jedem seine unveräußerlichen Rechte zu leisten. Sie hat somit
eine wichtige Funktion.
VERSCHIEDENE STUFEN DER BRÜDERLICHEN LIEBE
Als nächstes soll die Veränderlichkeit, insoweit es ihre Stufe und ihren
Ausdruck betrifft, der brüderlichen Liebe diskutiert werden. Um die
Notwendigkeit dafür zu verstehen, lenken wir die Aufmerksamkeit zuerst auf die
Tatsache, dass es Nächste von verschiedener Art gibt. Wir haben einige Nächste,
die uns näher sind als andere Nächste. Wegen der verschiedenen Stufen von Nähe
des Nächsten muss unser Verhalten verschieden sein. Die unmittelbaren Nächsten
sind der Ehemann und die Ehefrau. Die folgenden Eltern und Kinder, die folgenden
Brüder und Schwestern, die folgenden Großeltern und Enkel, die folgenden Tanten
und Onkel einerseits und Nichten und Neffen andererseits, dann Vetter, dann
Freunde, dann Bekanntschaften, dann Fremde aus dem eigenen Land, dann Fremde aus
anderen Ländern. Dies sind die verschiedenen Stufen der Nähe von Nächsten in
Adam.
Auch vom Betrachtungspunkt der Familie Gottes gibt es Nächste mit verschiedenen
Stufen von Nähe. Der unmittelbare dieser Nächsten ist Gott und der
abrahamitische Bund, der in den Dienern der Wahrheit zur Personen wird. Bildlich
gesprochen sind sie Ehemann und Ehefrau (Jes. 54:5). Die folgenden Nächsten sind
die Eltern und Kinder in der göttlichen Familie (Röm. 8:14, 16; Jes. 54:13; Gal.
4:19, 26-31), danach die treuen Brüder in Christus, dann die Große Schar, dann
die nicht vom Geist gezeugten Geweihten, dann die gerechtfertigten und
nominellen Christen, dann die Juden, dann die Mohammedaner und schließlich die
Heiden. Somit gibt es bezüglich der Familie Gottes so wie bezüglich der Familie
Adams verschiedene Stufen der Nähe der Nächsten.
Es gibt einige Menschen, die mit der Begründung etwas gegen die Goldenen Regel
haben, in dem sie sagen, dass sie verlangt, jeden gleich zu lieben. Dies ist ein
völliges Missverständnis. Die Goldene Regel verlangt nicht, dass wir jeden
gleich lieben. Im Gegenteil sie verbietet, dass wir jeden gleich lieben. Je
näher unser Nächster ist, umso mehr sind wir verpflichtet, ihm Gutes zu geben
und zu zeigen. Aus diesem Grunde sollten Ehemann und Ehefrau sich einander mehr
lieben und einander besser behandeln, als sie irgendeine andere Person lieben
und behandeln sollten. Eltern und Kinder sollten sich einander gerade eine Stufe
weniger lieben und sollten einander besser behandeln als irgendjemand anderen
außer Ehemann und Ehefrau. Auf diese Weise sollten wir unsere brüderliche Liebe
gemäß den verschiedenen Stufen der Nähe unserer anderen Nächsten variieren.
Unter der falschen Voraussetzung die Goldene Regel verlangt von uns, dass wir
jeden gleich lieben und behandeln, könnten manche Menschen fordern, dass wir sie
und die ihren so lieben, stützen und für sie so sorgen wie wir unsere Ehemänner,
Ehefrauen und Kinder lieben, stützen und für sie sorgen. Aus verschiedenen
Gründen erkennen wir, dass wir dies nicht tun können. Unsere Charaktere
verbieten uns, jeden gleich zu lieben und zu behandeln. Auch haben wir nicht die
Mittel es zu tun. Es muss deshalb etwas falsch an der Interpretation sein, da es
unmöglich ist, sie zu praktizieren. Lasst uns eine Illustration untersuchen und
aus ihr erkennen, worin der Fehler dieser Behauptung, dass wir jeden gleich
lieben und behandeln, liegt.
Lasst uns annehmen, dass Herr A nur 1,00 € hat, dass er eine Ehefrau und zwei
Kinder hat, die hungrig sind. Sein 1,00 € wird kaum ausreichend Essen
beschaffen, um ihren Hunger für kurze Zeit zu stillen. Lasst uns weiter
annehmen, dass ein Fremder, Herr B, zu Herrn A kommt und ihm sagt: „Herr A,
liebst du mich wie dich selbst?“ Herr A antwortet: „Ja, Herr B, ich liebe Sie
wie mich selbst“: Sagt
Herr B zu Herrn A: „Meine Frau und meine beiden Kinder sind zu Hause hungrig.
Ich habe weder Arbeit noch Geld. Können Sie mir nicht etwas für sie geben? Ich
denke für ungefähr 1,00 € könnte ich ausreichend Essen bekommen, um ihren Hunger
zeitweise zu stillen. Können Sie mir 1,00 € geben?“ Sagt Herr A zu Herrn B: „Ich
habe Sympathie mit ihnen Herr B, aber meine Frau und Kinder sind in genau den
gleichen Umständen wie ihre und alles was ich habe, ist 1,00 €. Ich kann Ihnen
den nicht geben, der für sie gebraucht wird.“ Angenommen Herr B würde dann
sagen: „Ich dachte, Sie sagten, Sie lieben mich wie sich selbst. Wenn Sie das
tun, sollten Sie bereit sein, ihn für meine Familie zu geben, anstatt ihn für
Ihre Familie zu behalten.“ Herr A würde, wenn richtig informiert, antworten:
„Ich liebe Sie wie mich selbst als ein Fremder“. „Was meinen Sie damit?“ fragt
Herr B. Herr A erwidert: „Ich meine folgendes: wenn ich ein Fremder für Sie wäre
und mein Wille dem Willen Gottes untergeordnet ist, würde ich wünschen, dass Sie
mir als einem Fremden das in Gedanken, Beweggrund, Wort und Tat tun was Gott
wünschen würde, dass Sie mir tun sollen. Welches ist der Wille Gottes in dieser
Angelegenheit? Gott hatte mir gesagt, dass ich zuerst für die Meinen sorgen soll
(1. Tim. 5:8). Obwohl ich Sie wie mich selbst liebe, ist es wie einen Fremden
und Ihre Frau und Ihre Kinder sind wie die Frau und Kinder eines Fremden und
nicht wie meine Frau und Kinder. Gott hatte mir gesagt, dass Er möchte, dass ich
zuerst die Meinen versorge und danach, wenn möglich, die anderen. Deshalb muss
mein Wille, der in dieser Sache dem Willen Gottes untergeordnet ist, meine erste
Pflicht erfüllen, d.h. für die Meinen zu sorgen. Deshalb muss ich diesen 1,00 €
gebrauchen, um für meine Frau und meine Kinder zu sorgen, so sehr ich auch meine
nachfolgende Unfähigkeit bedaure, Ihnen und den Ihren zu helfen.“
Lasst uns den Trugschluss der Behauptung von Herrn B bemerken. Herr A müsste
sich selbst fragen: „Wenn ich für Herrn B ein Fremder wäre und seine Frau und
Kinder hungrig wären und er hätte 1,00 €, gerade genug, um sie zu ernähren,
würde ich mit meinen Gott untergeordneten Willen, ihn bitten mir seinen 1,00 €
zu geben? Gott möchte, dass er zuerst für die seinen sorgt. Und ich kann nicht,
wenn ich dem Willen Gottes untergeordnet bin, ihn bitten, etwas mir zu geben,
was Gott möchte, dass er seiner Frau und seinen Kindern gibt. Die brüderliche
Liebe verlangt deshalb nicht von mir, seine Familie so zu lieben und zu
behandeln wie meine eigene.“
Somit erkennen wir, dass die brüderliche Liebe verlangt, dass wir uns an die
Stelle unseres Nächsten stellen und fragen: „Was sollten wir, da unsere Willen
dem Willen Gottes untergeordnet sind, von ihm unter diesen Umständen für uns
selbst wünschen?“ Wir erkennen deshalb, dass sie nicht von uns verlangt, jeden
gleich zu behandeln. Im Gegenteil sie verbietet uns, dies zu tun, denn unser
Wille, der dem Willen Gottes untergeordnet ist, würde ein solches Handeln nicht
gut heißen. Deshalb ist die Goldene Regel veränderlich in ihrer Anwendung. Die
Veränderlichkeit der Goldenen Regel verlangt von uns, andere im Verhältnis ihrer
Nähe zu uns als Nächste zu lieben und zu wirken. Je näher die Nächsten uns sind,
um so mehr müssen wir sie lieben und für sie tun. Je weniger nahe sie uns als
Nächste sind, um so weniger müssen wir sie lieben und für sie tun.
DIE VORTEILE DER BRÜDERLICHEN LIEBE
Als nächstes möchten wir die Vorteile der brüderlichen Liebe erörtern. An diesem Punkt werden wir sehr kurz sein. Wir werden vier Vorteile
hervorheben. Einer ist ein negativer Vorteil: Die
Verletzung der brüderlichen Liebe, die großes Leid
nach sich zieht, ist ein Beweis durch Vergleich für
die Vorteile der brüderlichen Liebe. Als das bemerkenswerteste Beispiel in der gesamten Geschichte
in dieser Hinsicht kann der Weltkrieg mit seinen
beiden Phasen angeführt werden. Wäre die Goldene Regel durch die Nationen in ihren Beziehungen zu einander nicht so verletzt worden, hätte
dieser schreckliche Krieg, in dem viele Millionen
Menschen getötet und zu Krüppel gemacht wurden, nie stattgefunden. Somit erkennen wir, dass
die Verletzung der Goldenen Regel, die zu solchen
Unglücken führt, durch Vergleich die Vorteile der
Goldenen Regel beweist.
Als einen zweiten Vorteil können wird vorbringen, dass die Praxis der Goldenen Regel die
Menschen von vielen Übeln in ihren Beziehungen
zu einander abhält. Die Menschen, welche diese
Regel praktizieren, vermeiden viel Unglück und
Misshandlung und viele Verluste und Unzufriedenheit, die andere erfahren, welche die Goldene
Regel in ihren Beziehungen zu anderen verletzen.
Sie befähigt uns somit, dem Bösen zu entgehen,
welches andere erleiden, welche die Goldene Regel
nicht einhalten.
Als dritter Vorteil kann genannt werden, dass
ein treues Befolgen der brüderlichen Liebe, die
Menschen zur Weihung verhilft. Auf diese Weise
wird man an die Stelle geführt, an der die selbstlose
Liebe den Platz der pflichtgemäßen Liebe einnimmt. Durch das Verschmelzen von Frömmigkeit
und brüderlicher Liebe zur selbstlosen Liebe, durch
die Mitwirkung eines weihenden Glauben, wird
man zur Weihung veranlasst. Auf diese Weise trägt
ihre Mithilfe zur Weihung bei.
Lasst uns auf die zur Vollkommenheit wiederhergestellte Erde und die gesegnete und in alle
Ewigkeit glückliche Menschheit schauen. Wir erkennen darin einen vierten Vorteil der brüderlichen
Liebe. Was wird den Menschen helfen miteinander
glücklich zu sein? Jeder, der seinen Nächsten wie sich selbst liebt, jeder, der die Rechte seines Nächsten anerkennt und bewahrt, gerade so als ob seine
eigenen Rechte durch seinen Nächsten anerkannt
und bewahrt würden, wird sie in ihren Beziehungen zueinander für immer glücklich machen. Dies
ist ein vierter Vorteil der brüderlichen Liebe.
DIE ENTWICKLUNG DER BRÜDERLICHEN LIEBE
Dies führt uns in unserer Betrachtung dieser
Angelegenheit zu einem weiteren Gedankengang:
Der Entwicklung der brüderlichen Liebe. Wie können wir sie entwickeln? Wir antworten: Es gibt insbesondere zwei Wege, die für uns von großem Vorteil bei ihrer Entwicklung sein werden. Erstens eine
besondere und zweitens eine allgemeine Methode
zur Entwicklung des Guten:
Der Unterordnung unserer Herzen und Sinne unter den Einfluss des Wortes
Gottes durch Festhalten ihrer relevanten Teile in ihnen,
in diesem Falle solcher Teile, die zur Goldenen Regel und brüderlichen Liebe gehören. Und so wie
wir an ihnen festhalten, werden sie uns zeigen,
welches der Wille Gottes ist und uns befähigen, uns
selbst ihrem Einfluss unterzuordnen. Sie werden
uns zeigen, wie wir unseren Nächsten gegenüber
in der pflichtgemäßen Liebe denken, fühlen und
handeln sollen. Diese Methode verbunden mit der
siebenten allgemeinen Methode zur Entwicklung
des Guten, welche das
Ausüben in der Entwicklung
des Guten ist, wird uns wahrscheinlich am meisten
helfen, die brüderliche Liebe zu entwickeln.
Lasst uns kurz diesen Methoden widmen. Lasst
uns annehmen, dass ein Ehemann die Goldene Regel bezüglich seiner Ehefrau ausüben möchte und
deshalb brüderliche Liebe ihr entgegen entwickelt.
Wie sollte er vorgehen? Er sollte sich selbst an die
Stelle seiner Ehefrau stellen und sich selbst die
Frage stellen: „Was würde ich mit meinem in dieser
Angelegenheit dem Willen Gottes untergeordneten
Willen von meiner Ehefrau wünschen mir in Gedanken, Beweggrund, Wort und Tat zu tun, wenn
sie mein Ehemann und ich ihre Ehefrau wäre? Welches wäre der Wille Gottes für mich, den ich in dieser Beziehung begehren sollte? Es ist der Wille Gottes, dass der Ehemann, sie liebt, ehrt, umsorgt,
begleitet, ihr vertraut, sie beschützt, stützt und mit
ihr als Haupt der Ehefrau handelt. Diese Dinge sind es, die Gott möchte, dass ich sie als Ehefrau
meinem Ehemann wünschen würde, dass er sie
mir tut.“ Dann sollte der Ehemann sagen: Da ich
mit meinem dem Willen Gottes untergeordneten
Willen möchte, dass meine Ehefrau diese Dinge
mir tut, wenn ich an ihrer Stelle wäre, werde ich sie
ihr tun. Ich werde sie lieben, ehren, umsorgen, begleiten, ihr vertrauen, sie beschützen, stützen und
als ihr Haupt handeln. Ich werde als das Haupt die
Führung der Familie annehmen.“ Dann sollte er
diese Gedanken in seinem Herzen und Sinn festhalten und sich ihren Einfluss unterordnen und
brüderliche Liebe ihr gegenüber ausübend, wird er
sie seiner Ehefrau gegenüber entwickeln.
Andererseits, was sollte die Ehefrau tun, wenn
sie brüderliche Liebe ihrem Ehemann gegenüber
entwickeln möchte? Sie sollte sagen: „Was möchte
ich, mit meinem dem Willen Gottes untergeordneten Willen, dass mein Ehemann mir tut, wenn ich
an seiner Stelle wäre?“ Sie sollte fragen: „Welches
ist
der Wille Gottes, den die Ehefrau ihrem Ehemann
tun sollte? Gottes Wille ist es, dass die Ehefrau ihren Ehemann liebt, respektiert, pflegt, begleitet,
vertraut, schützt und gehorcht.“ Deshalb sollte sie
sagen: „Da ich möchte das meine Ehefrau diese
Dinge mir tut, wenn ich an Stelle meines Ehemanns
wäre, werde ich sie meinem Ehemann tun.“ Mit
diesen passenden Teilen des Wortes Gottes, die ihren Sinn und Herz bewahren und sie selbst ihrem
Einfluss unterordnen, wird sie, durch die in ihr
Herz und in ihren Sinn gelegten Kräfte, brüderliche
Liebe ihrem Ehemann gegenüber entwickeln. Indem sie sich darin selbst übt, wird sie brüderliche
Liebe ihrem Ehemann, der ihr nahester Nächster
ist, gegenüber in zunehmendem Maße entwickeln.
Brüderliche Liebe ist auch zwischen Eltern und
Kinder anwendbar. Wie sollten die Eltern brüderliche Liebe ihren Kindern gegenüber entwickeln?
Der Elternteil sollte sagen: „Was würde ich, mit
meinem dem Willen Gottes untergeordneten Willen, meinen Kindern wünschen, das sie mir tun,
wenn ich an ihrer Stelle und sie an meiner wären?
Ich würde ihnen wünschen, mir das zu tun, welches der Wille Gottes für sie ist, das sie mir tun sollen.“ Welches ist nun der Wille Gottes in dieser Beziehung für sie. Es ist der Wille Gottes, dass die
Eltern, die ihre Kinder zur Welt gebracht haben, sie
auch lieben, Gemeinschaft mit ihnen haben, sie
versorgen, sich um sie kümmern, sie trainieren, sie
vorbereiten und ein Erbe für meine Kinder zurücklassen.“ Die Eltern, die diese Gedanken in ihren Sinnen und Herzen bewahren und sich selbst
ihnen unterordnen, werden so brüderliche Liebe ihren Kindern gegenüber entwickeln. Sich selbst
dann hierin immer mehr übend, werden sie ihre
brüderliche Liebe ihren Kindern gegenüber vergrößern.
Was sollten die Kinder hinsichtlich der Ent-
wicklung der brüderlichen Liebe ihren Eltern gegenüber tun? Das Kind sollte fragen: „Was würde
ich, da mein Wille dem Willen Gottes untergeordnet ist, wenn ich an Stelle meiner Eltern und sie an
meiner wären, meinem Kind wünschen, dass es
mir tut? Ich würde meinem Kind das zu tun wünschen, was Gott möchte, dass es mir tut. Was
möchte Gott, dass die Kinder ihren Eltern tun? Gott
möchte, dass das Kind seinen Eltern gehorsam ist,
ihnen vertraut, sie ehrt, liebt und entschädigt. Deshalb werde ich meinen Eltern gehorsam sein, ihnen
vertrauen, sie ehren, lieben und entschädigen.“
Herz und Sinn dem Einfluss dieser Gedanken unterordnend, indem sie in ihren Herzen und Sinnen
daran festhalten, werden sie brüderliche Liebe ihren Eltern gegenüber entwickeln. Sich selbst dann
hierin immer mehr übend, werden sie in dieser Eigenschaft immer mehr wachsen.
Noch ein Wort zur Beziehung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Der Arbeitgeber, der die
Goldene Regel seinen Arbeitnehmern gegenüber
praktizieren und somit brüderliche Liebe ihnen gegenüber entwickeln möchte, würde sich selbst die
Frage stellen: „Was würde ich, da mein Wille in dieser Angelegenheit dem Willen Gottes untergeordnet ist, meinen Arbeitnehmern wünschen mir zu
tun, wenn ich an ihrer Stelle und sie an meiner
wären? Ich würde meinem Arbeitgeber wünschen,
mir einen Lohn zu geben, der mich befähigen
würde, angemessen für die Meinen zu sorgen, der
mir einen meinen Lebensumständen angepassten
vernünftigen Grad des Wohlergehens gibt und mir
einen ausreichenden Lohn oder Rente gibt, um für
schlechte Zeit vorzusorgen. Ich würde meinem Arbeitgeber wünschen, mir Arbeitsbedingungen zu
bieten, die der Gesundheit, der Sicherheit und dem
Leben förderlich sein würden. Ich würde meinem
Arbeitgeber wünschen, mir Beschäftigungszeiten
zu geben, die es mir ermöglichen würden, etwas
Zeit, gesondert von der notwendigen Ruhezeit, zur
Entwicklung des Herzens und Sinnes zu haben.“
So würde ein Arbeitgeber, dessen Willen Gottes Willen untergeordnet ist, vernünftig denken.
Aus diesem Grunde sollte er sagen: „Ich werde
diese Dinge meinen Arbeitnehmern tun. Ich werde
zusehen, dass sie einen Lohn erhalten, der sie befähigen wird, in einem solchen Grad des Wohlergehens zu leben, der in Einklang mit ihren Lebensumständen ist, dass sie Arbeitsbedingungen
haben, die der Gesundheit, der Sicherheit und dem
Leben förderlich sind und dass sie eine solche Arbeitszeit haben, die ihnen genügend freie Zeit zur
Entwicklung des Herzens und Sinnes wie auch
notwendige Ruhe gibt. Deshalb werde ich diese
Dinge für meine Arbeitnehmer tun.“ Diese Gedanken in seinem Herzen und Sinn festhaltend
und sich ihrem Einfluss selber unterordnend, wird
er hierin brüderliche Liebe entwickeln. So wie er
fortfährt sich selbst darin zu üben, wird er sie immer mehr entwickeln.
Andererseits, wie können Arbeitnehmer brüderliche Liebe ihren Arbeitgebern gegenüber entwickeln? Er sollte folgendermaßen fortfahren, sagend: „Was würde ich, mit meinem in dieser Sache
Gottes Willen untergeordnetem Willen, meinem
Arbeitgeber für mich zu tun wünschen, wenn ich
an seiner Stelle und er an meiner wäre? Ich würde
wünschen, ihn selbst gewinnbringend für mich zu
machen, an seiner Arbeit zu meinem Profit interessiert zu sein. Ich würde wünschen, dass er versucht, mein Geschäft wachsen zu lassen. Ich würde
wünschen, dass er mir den bestmöglichen Einsatz
gibt, der mit seinen unveräußerlichen Rechten vereinbar ist. Ich würde ihm wünschen, dass er ein
Wohlwollen mir gegenüber unter seinen Mitarbeitern verbreitet, sodass alles harmonisch in unserer
gegenseitigen Beziehung wirken kann. Deshalb
werde ich diese Dinge für meinem Arbeitgeber
tun.“ Somit diese Gedanken in seinem Herzen und
Sinn festhaltend und sich selbst ihrem Einfluss unterordnend, wird er erkennen, dass sie nach und
nach die Eigenschaft der brüderlichen Liebe gegenüber seinem Arbeitgeber in seinem Herzen prägen werden. Und so wie er fortfährt, sich selbst darin zu üben, wird er in dieser Eigenschaft wachsen.
So werden diese Prinzipien in jeder Lebenssituation angewendet werden. Die Goldene Regel
wird, wenn sie ausgeübt wird, in der Tat ein Segen für das Volk Gottes und die gesamte Menschheit sein.
DIE ERPROBUNG DER BRÜDERLICHEN LIEBE
Noch ein Wort zur Erprobung der brüderlichen Liebe. Sie muss eine Erprobung durchmachen. Sie wird durch alle Mittel geprüft werden, die
der Vater zur Prüfung Seines Volkes gebraucht. Sie
wird durch Verluste, Verzögerungen, Einschränkungen, Beiseiteschieben, Enttäuschungen, Fehler
von uns und anderen, Missverständnisse, Versäumnisse, Not, Notwendigkeiten, Schwierigkeiten, Opposition und Leiden geprüft. Wir werden
alle diese Erprobungen in unserem Kontakten mit
unseren Nächsten erfahren. Satan wird Eingebungen zulassen, die Wege zur Entbindung von diesen
Schwierigkeiten durch Verletzen der Goldenen Regel suggerieren: „Tu dem Nächsten was du nicht
möchtest, dass er dir tut, oder versage ihm das,
was du nicht möchtest, dass er dir versagt.“ Wenn
wir uns diesen Beeinflussungen unterwerfen, werden wir die Goldene Regel verletzen.
Der Herr wird Drangsale durch diese verschiedenen Erfahrungen zulassen, die uns schwer
bedrücken und uns eine Gelegenheit geben, um zu
beweisen, ob wir lieber diese Dinge erdulden würden als die brüderliche Liebe zu verletzen, um Befreiung von ihnen zu erlangen. Ungeachtet dessen wie viel es uns kostet, lasst uns das Rechte
unserem Nächsten tun. Obwohl diese Dinge starkes Leid bewirken, von dem wir durch Verletzen
der Goldenen Regel Abhilfe erlangen könnten, sollen wir es selbst bis zum Tod ertragen, als die Gerechtigkeit zu verletzen. Nur wenn wir in mitten
schweren Erprobungen loyal sind, werden wir uns
würdig erweisen. So müssen wir beweisen, dass wir
treu sind.
Was für eine wunderbare Eigenschaft ist die
brüderliche Liebe tatsächlich! Die meisten Menschen erkennen nicht, was in der Goldenen Regel
enthalten ist. Zweifellos hat uns Gott in ihr ein
wunderbares Gebot zu unserer Erleuchtung und
Praxis gegeben. Lasst uns aber liebe Geschwister
nicht denken, dass, wenn wir die Goldene Regel
praktiziert haben, alles zur Überwindung Gehörige getan haben. Wir dringen nicht weiter als bis
zur Gerechtigkeit vor, wenn wir sie praktizieren.
Wenn wir Überwinder werden möchten, müssen
wir zur Liebe voranschreiten und sie bis zum Niederlegen des Lebens aus Freude an guten Prinzipien entwickeln. Erst wenn wir dies tun und mit
Liebe, Glaube, Hoffnung, Selbstbeherrschung, Geduld, Frömmigkeit und brüderlicher Liebe alle unsere anderen Eigenschaften des Herzens und Sinnes kontrollieren, werden wir uns eines Teiles in
Gottes herrlichem Königreich würdig erweisen.
Lasst uns deshalb nicht in der Entwicklung unserer
Christusähnlichkeit bei der Entwicklung der brüderlichen Liebe anhalten, sondern lasst uns bis zur
Liebe fortfahren. Mögen dann diese so entwickelten sieben höheren erstrangigen Gnaden wirken
und reichlich vorhanden sein, bis wir beweisen,
Überwinder zu sein.